Kernfusion: Deutsche Einrichtungen „unverzichtbar“
Das europäische Forschungskonsortium EUROfusion ließ über 100 Fusionseinrichtungen in seinen Mitgliedsstaaten unabhängig prüfen. Die Anlagen des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik (IPP) schnitten dabei hervorragend ab und wurden als „unverzichtbar“ eingestuft.
Das europäische Forschungskonsortium EUROfusion ließ über 100 Fusionseinrichtungen in seinen Mitgliedsstaaten unabhängig prüfen. Die Anlagen des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik (IPP) schnitten dabei hervorragend ab und wurden als „unverzichtbar“ eingestuft.
Wie bedeutend sind die europäischen Kernfusions-Forschungseinrichtungen für den Weg zu einem Fusionskraftwerk? Ein unabhängiges Expertengremium untersuchte diese Frage im Auftrag des europäischen Konsortiums EUROfusion. Zwischen Herbst 2023 und Frühling 2024 evaluierte das Gremium über 100 Anlagen. Es bestand aus fünf EU-Gutachtern, die nicht aus der Fusionsforschung stammen, sowie sechs Fusionsexperten von Einrichtungen außerhalb der EU.
In ihrem Bericht „EUROfusion Facilities Review 2023“ bestätigen die Gutachter der europäischen Fusionsforschung eine führende Rolle in mehreren Bereichen. Die Forschungsanlagen wurden nach ihrer Bedeutung in die Kategorien „Unverzichtbar“, „Sehr wichtig“ und „Wichtig“ eingeteilt. Die vier untersuchten Einrichtungen des IPP erhielten durchweg die Einstufung „Unverzichtbar“.
ASDEX Upgrade – die Flaggschiff-Einrichtung
Die Gutachter bezeichnen die IPP-Anlage als „Flaggschiff-Einrichtung“ des EUROfusion Tokamak-Programms. Mit dem Tokamak ASDEX Upgrade werden wichtige Grundlagen für ein zukünftiges Fusionskraftwerk erarbeitet. Die Großanlage nahm 1991 in Garching den Betrieb auf.
ASDEX Upgrade, das „Axialsymmetrische Divertor-Experiment“, untersucht zentrale Fragen der Fusionsforschung unter kraftwerksähnlichen Bedingungen. Es erarbeitet die physikalischen Grundlagen für ITER und DEMO. Wesentliche Plasmaeigenschaften wie Plasmadichte, Plasmadruck und die Belastung der Wände werden dabei den Verhältnissen in einem zukünftigen Fusionskraftwerk angepasst.
Wendelstein 7-X –größter und leistungsfähigster Stellarator der Welt
Wendelstein 7-X ist die größte Fusionsanlage der Welt vom Typ Stellarator. Sie untersucht die Eignung dieses Bautyps für Kraftwerke. Dafür testet sie ein optimiertes Magnetfeld, das den Plasmas einschließt. Dieses Magnetfeld wird von 50 speziell geformten, supraleitenden Magnetspulen erzeugt, dem technischen Kernstück der Anlage.
Man erwartet, dass das Plasmagleichgewicht und der Plasmaeinschluss vergleichbar mit einem Tokamak gleicher Größe sind. Dabei vermeidet Wendelstein 7-X die Nachteile des im Tokamak-Plasma fließenden Stroms. Mit bis zu 30 Minuten langen Plasmaentladungen soll die Anlage die wesentliche Eigenschaft eines Stellarators zeigen: den Dauerbetrieb. Die Hauptmontage von Wendelstein 7-X wurde 2014 abgeschlossen. Das erste Plasma wurde am 10. Dezember 2015 erzeugt.
GLADIS – Testanlage für hohe Wärmeströme
Der Wärmeflussteststand GLADIS (Garching Large Divertor Sample Test Facility) untersucht das Verhalten von thermisch extrem belasteten Bauteilen. Zwei Wasserstoff-Ionenquellen mit je 1 MW Leistung sind Teil der Anlage. In der Vakuumkammer werden die Bauteile mit Leistungsdichten von 5 bis 45 MW/m² belastet. Proben von einigen Zentimetern bis zu 1 bis 2 Metern Länge können untersucht und charakterisiert werden.
Voraussichtlich wird Wolfram in Fusionskraftwerken als Schutzmaterial für plasanahen Bauteile verwendet. Besonders die Bauteile des Divertors sind starkem Plasmateilchenaufprall und hoher thermischer Belastung ausgesetzt. Wasserstoff und Helium, das Fusionsprodukt, treffen auf diese Bauteile. GLADIS ermöglicht eine detaillierte Untersuchung der Teilchen- und Wärmebelastung der Divertorbauteile.
BATMAN Upgrade und ELISE – Testanlage für Neutralteilcheninjektoren
Aufgrund der von ITER geforderten höheren Teilchenenergien müssen die Neutralinjektoren an ITER Quellen verwenden, die negativ geladene Wasserstoffionen erzeugen. Der Entwurf basiert auf Prototypquellen, die am IPP entwickelt wurden. Die Arbeitsgruppe betreibt derzeit zwei Teststände:
BATMAN hat eine kleine Ionenquelle mit einem einzelnen Hochfrequenztreiber, die etwa einem Achtel der ITER-Ionenquelle entspricht. Der Teststand bietet große experimentelle Flexibilität und ist mit umfangreicher Diagnostik ausgestattet.
ELISE besitzt eine Ionenquelle der halben ITER-Größe mit vier Hochfrequenztreibern. An diesem Teststand werden das Verhalten in langen Pulsen und Fragen der Größenskalierung untersucht. ELISE ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu Bau und Betrieb der Prototypen der ITER NBI-Injektoren.
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