Biogas-Wäsche mit ionischen Flüssigkeiten: Spart Energie und Kosten
Die Aufbereitung von Rohbiogas ist technisch aufwendig. Karlsruher Ingenieure haben zusammen mit Projektpartnern ein Verfahren entwickelt, das Rohbiogas mittels ionischer Flüssigkeiten energie- und kostensparend aufbereitet.
Rund 200 Anlagen bereiten hierzulande Biomethan zu Biogas auf, um es in das Erdgasnetz einspeisen zu können. Karsruher Ingenieure haben nun gemeinsam mit Praxispartnern des Projekts „BGA-IL – Biogasaufbereitung mit ionischen Flüssigkeiten“ im Rahmen des Förderprogramms „Energetische Biomassenutzung“ ein kosten- und energiesparendes Aufbereitungskonzept entwickelt. Es nutzt die Vorteile ionischer Flüssigkeiten. Die derzeit verbreitete Rohbiogas-Aufbereitung ist ein mehrstufiger Prozess, der technisch sehr aufwendig ist. Störender Schwefel und Kohlendioxid (CO2) müssen zuerst abgetrennt werden, bevor das aufbereitete Biogas mit der nötigen Qualität in das Erdgasnetz eingespeist werden kann. Sobald das Biomethan im Erdgasnetz gespeichert ist, kann es zeit- und ortsunabhängig verschiedenste Anwendungen mit Energie versorgen.
Gaswäsche: Verbreitete Verfahren verbrauchen viel Energie
Das derzeit übliche Verfahren für die Aufbereitung von Rohbiogas ist die sogenannte Gaswäsche: Es arbeitet mit Wasser-Amin-Lösungen. Sie binden Kohlendioxid durch eine chemische Reaktion in der Lösung. Der Nachteil: Es braucht vergleichsweise hohe Temperaturen – zwischen 140 und 160 Grad Celsius – für die Rückgewinnung der Waschlösungen. Ein Team von Wissenschaftlern vom Engler-Bunte-Institut (EBI) in Karlsruhe, der Ionic Liquids Technologies GmbH aus Heilbronn sowie der Powerfarm Bioenergie GmbH haben nun eine Alternative entwickelt. Sie konnten zeigen, dass sich ionische Flüssigkeiten zur „Wäsche“ von Rohbiogas eignen.
Ionische Flüssigkeiten sind Salzlösungen, die aus geladenen organischen Molekülen bestehen. Diese geladenen Kationen (+) und/oder Anionen (-) verflüchtigen sich nicht, wenn die Lösung verdampft. Ein weiterer Vorteil: Die Forscher können die physikalischen Eigenschaften ionischer Flüssigkeiten durch die geschickte Kombination von Kationen und Anionen individuell und je nach „Waschbedarf“ einstellen. Deswegen kann der neu entwickelte Waschprozess CO2 bei fast der gleichen Temperatur aufnehmen, die später zur Rückgewinnung (Regeneration) der Waschflüssigkeit nötig ist. Dieser Temperaturbereich liegt zwischen 60 und 80 Grad Celsius. Die Regeneration braucht also keine Extra-Portion Energie in Form von Wärme. Daher ist das neue Verfahren kosten- und energiesparend im Vergleich zu derzeit verbreiteten Gaswäsche-Verfahren.
Ionische Flüssigkeiten erfüllen „Reinheitsgebot“
In zahlreichen Tests untersuchten die Forscher im Labor unterschiedliche ionische Flüssigkeiten. Jeder „Kandidat“ wurde dabei genau charakterisiert. Die Wissenschaftler testeten auch geeignete Herstellungverfahren für ionische Flüssigkeiten. Und sie prüften, ob und falls ja wie stark ionische Flüssigkeiten zum Verschleiß der Anlagen beitrugen. Die Ziele waren hier maximale Wirkung, optimale Materialverträglichkeit und minimaler Verschleiß von Anlagenteilen und Dichtungen. Im Labormaßstab hat sich das neue Gaswäsche-Konzept bereits erfolgreich bewährt: So hat es die vorgegebenen Gasparameter des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches e. V. erfüllt. Zudem konnten die Forscher die Laborergebnisse in der Biogasanlage in Tuningen im Praxistest bestätigen. Weiteren Tests in größerem Maßstab, nach einem sogenannten Scale-Up des Verfahrens, stehe deswegen nichts mehr im Wege.
„Ein hohes Einsparpotenzial bei den Kosten des untersuchten Verfahrenskonzepts sehen wir durch die Verwendung von kostengünstigeren Materialien, die sich durch die geringeren Betriebstemperaturen erst einsetzen lassen“ erläutert Felix Ortloff vom EBI die Potentiale des neuen Verfahrens. „Die Praxisergebnisse zeigen, dass auch in der Biogasaufbereitung, in der die Aufbereitungstechnologien als etabliert gelten, durch den Einsatz neuer Mittel und neuer Prozesse noch vieles verbessert werden kann.“
Auch für andere Industrieprozesse geeignet
Das Verfahren eigne sich zudem nicht nur für die Biogaswäsche. Vielmehr könne sie auch in anderen Industrieprozessen eingesetzt werden. Aktuell planen die Wissenschaftler ein umfangreiches Demonstrationsprojekt, das durch EU-Fördermittel finanziert werden soll. Hier soll das CO2-Abgas aus einem Zementwerk mit ionischen Flüssigkeiten abgetrennt werden, um CO2-Emissionen zu reduzieren.
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