Die Lösung für alte Windräder heißt Power-to-Gas
Wie können alte Windräder wirtschaftlich betrieben werden, wenn die gesetzlich garantierte Stromvergütung ausgelaufen ist? Ein Team aus Forschenden hat gezeigt, wie es geht. Laut ihren Berechnungen steckt großes Potenzial in Power-to-Gas.
Die festgelegte Einspeisevergütung für den Strom aus Windkraft war ein wichtiger Faktor, um den Ausbau vor vielen Jahren anzuschieben. Sie hat erheblich dazu beigetragen, dass die Anlagen wirtschaftlich betrieben werden konnten. Für die ersten Windräder ist das jetzt vorbei. Ihre Förderung ist ausgelaufen, und die Leistung moderner Windkraftanlagen erreichen sie natürlich nicht. Repowering ist ein Lösungsansatz, um die Gelände weiterhin für erneuerbare Energien nutzen zu können. Die Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg (BTU) und die Hochschule Flensburg haben einen anderen Weg in einer Machbarkeitsstudie getestet: Für zwei Windräder am Standort Nordhackstedt in Schleswig-Holstein haben sie untersucht, ob diese mit einem Power-to-Gas-Konzept wirtschaftlich weiterbetrieben werden können. Gefunden haben sie großes Potenzial.
Der massive Ausbau von Solar- und Windenergie allein bringt gar nichts
Power-to-Gas als Lösung für die Energiespeicherung
Erneuerbare Energien sind die wichtigste Säule der Energiewende, doch sie sind mit einem großen Problem behaftet: Die Energieproduktion lässt sich schwer steuern, da Wind- und Sonnenertrag natürlich von der Jahreszeit und vom Wetter abhängen. Stromproduktion und -bedarf klaffen daher sehr oft auseinander. Eine Kopplung der Sektoren könnte nach Ansicht vieler Expertinnen und Experten dieses Dilemma lösen.
Die Voraussetzungen in Nordhackstedt: In der kleinen Gemeinde betreibt ein Landwirtschaftsbetrieb eine Biogasanlage mit 900 Kilowatt (kW), zwei Satelliten-Blockheizkraftwerke (BHKW) mit je 400 kW, ein Nahwärmenetz sowie zwei Windkraftanlagen mit 600 beziehungsweise 1,5 Megawatt elektrisch (MWel) Nennleistung. Die festgelegte Vergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) läuft nun aus. Dementsprechend erhalten die Betreiber für den Strom nur noch Börsenpreise, was sich nicht rechnet. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler entwickelten dafür ein Konzept im Rahmen von Power-to-Gas (PtG).
Elektrolyseur und Biogasanlage als wichtige Komponenten
Das Prinzip von Power-to-Gas ist schnell erklärt: Wenn die erneuerbaren Energiequellen – in diesem Fall die zwei Windräder – mehr Strom produzieren, als benötigt wird, erfolgt eine Umwandlung des Überschusses in einen gasförmigen Energieträger. Er dient als Zwischenspeicher. Sobald der Windertrag gering ausfällt, kommt das Gas zum Einsatz und wird beispielsweise verstromt. Alternativ kann es als Kraftstoff oder als chemischer Grundstoff dienen.
Für Norderhackstedt heißt das: Mit dem Strom aus den beiden Windrädern wird ein Elektrolyseur angetrieben, der also Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff (H2) zerlegt. Parallel läuft die Biogasanlage und liefert Rohbiogas. Das hat einen CO2-Anteil, der in einem Reaktor mit dem Wasserstoff zu Methan reagiert. Konkret handelt es sich um eine biologische Methanisierung in einem speziellen Rieselbettreaktor, in dem bestimmte Mikroorganismen (Archaeen) unter anaeroben Bedingungen Methan erzeugen und dabei auch Wärme freisetzen.
Gegenüber der katalytischen Methanisierung hat diese Methode einige Vorteile: Für das Verfahren werden keine aufwendigen Geräte benötigt und es läuft sehr stabil ab. Es benötigt weder Überdruck noch hohe Temperaturen. Außerdem wird wenig Energie benötigt und das Gas hat eine hohe Reinheit.
Individuell ausgelegte Anlagenkombination für Teststandort
Dank der Kopplung mit der Biogasanlage kann das Rohbiogas bei Power-to-Gas als Input dienen. Zudem kann die Nährstoffversorgung der Mikroorganismen im Rieselbett über die flüssigen Gärreste der Biogasanlage erfolgen. Die Reaktionswärme kann in diesem Fall für die Fermenterheizung verwendet werden. In ihrer Machbarkeitsstudie haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine entsprechende Anlagenkombination für den Standort Nordhackstedt technisch ausgelegt und verschiedene Szenarien simuliert. Dabei stand immer die Frage im Mittelpunkt, welche Kosten bei der Methanproduktion anfallen würden.
Eine wichtige Rolle spielten dabei Testreihen in einem Rieselbett-Versuchsreaktor an der BTU. In einem kontinuierlichen Langzeitbetrieb stellte sich heraus, dass Rohbiogas als CO2-Quelle für die biologische Methanisierung geeignet ist.
Power-to-Gas kurz vor der praktischen Umsetzung
Unterm Strich kamen die Forschenden zu dem Schluss, dass ein wirtschaftlicher Betrieb von Power-to-Gas möglich wäre – unter entsprechenden gesetzlichen Rahmenbedingungen. In Nordhackstedt soll im nächsten Schritt ein Praxistest starten. Elektrolyseur und Rieselbettreaktor werden errichtet. Ziel ist eine Pilotanlage, die auch praktisch die Machbarkeit unter Beweis stellt und als Vorlage für weitere Systeme dienen könnte.
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