Die Lösung für den Güterverkehr: Lkw lädt sich selbst auf
Über Deutschlands Straßen rollt jetzt ein ganz besonderer Lkw im Testbetrieb. An Bord hat er eine Photovoltaikanlage, mit der er seinen eigenen Strom produziert. Der Straßengüterverkehr könnte durch diese neue Technologie ein ganzes Stück umweltfreundlicher werden.
Der Güterverkehr auf den Straßen ist ein riesiges Problem fürs Klima. 113 Gramm Treibhausgase stoßen Lkw nach Schätzungen des Umweltbundesamtes aus – pro Tonne und Kilometer. Technologien, die dazu beitragen, diese Emissionen zu verringern, werden daher dringend gebraucht. Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE hat gemeinsam mit Industriepartnern und dem Fraunhofer- Institut für Verkehrs- und Infrastruktursysteme IVI ein Projekt entwickelt. Es heißt „Lade-PV“. Dahinter verbergen sich Solarmodule und eine dazugehörige Leistungselektronik, die in Nutzfahrzeuge integriert werden kann. Ein 18-Tonnen-Lkw rollt gerade im Testbetrieb über Deutschlands Straßen.
Fraunhofer-Forschende testen: Wie sicher ist das Stromnetz der Zukunft?
Photovoltaik-Module wurden speziell für den Güterverkehr entwickelt
Dass der Lkw es in sich hat, ist bei einem Blick aufs Dach sofort zu erkennen. Dort glänzen nämlich Solarmodule in der Sonne. Es handelt sich um eine Photovoltaikanlage mit einer Leistung von 3,5 Kilowatt Peak. Zum System gehört außerdem eine 800-Volt-Traktionsbatterie. Anders gesagt: Der Lkw ist in der Lage, während der Fahrt Strom zu produzieren und selbst für den Antrieb zu nutzen. Derzeit deckt die Photovoltaikanlage zwar nur 5 bis 10% Prozent des Lkw-Energiebedarfs, aber das senkte die Emissionen bereits in einem relevanten Maße.
„Durch die erfolgreiche Inbetriebnahme unseres Hochvolt-Photovoltaik-Systems haben wir unser Ziel erreicht, die Machbarkeit von Fahrzeugintegrierter Photovoltaik für schwere E-Nutzfahrzeuge zu demonstrieren. Die in den Lkw integrierten Komponenten funktionieren wie erwartet“, sagt Christoph Kutter, Projektverantwortlicher am Fraunhofer ISE. Möglich war das nur durch die enge Zusammenarbeit der beteiligten Partner: Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vom Fraunhofer ISE entwickelten die Prototypen der Photovoltaik-Module. Nach Aussage der Forschenden sind die Module besonders leicht und robust. Eingebaut wurden sie von der Sunset Energietechnik GmbH. Die TBV Kühlfahrzeuge GmbH integrierte die Module dann in den Kofferaufbau eines Framo-Elektro-Lkw. Er ist das erste Fahrzeug, das zu Demonstrationszwecken für den Straßenverkehr zugelassen wurde.
Photovoltaik-Module sind kein Sicherheitsrisiko für den Lkw
Die Herausforderungen, die mit einer rollenden Photovoltaik-Anlage verbunden sind, konnte das Team leicht bewältigen. Die Solarmodule auf dem Dach wurden beispielsweise in Serie verschaltet. Das war nötig, um einen möglichst hohen Stromertrag zu erreichen, gleichzeitig aber den Materialbedarf sowie den Aufwand für die Verkabelung gering zu halten. Das heißt jedoch auch, dass Spannungen von bis zu 400 Volt entstehen können – ein potenzielles Sicherheitsrisiko bei einem Unfall. Die Fraunhofer-Forschenden haben daher kurzerhand eine Trennungsvorrichtung entwickelt. Sie sitzt in der Anschlussdose jedes Photovoltaik-Moduls und kann die Stromverbindung im Falle eines Unfalls trennen. Das passiert dezentral innerhalb von Millisekunden, ohne dass dafür ein zusätzlicher Kommunikationskanal benötigt würde. Ist die Trennung vollzogen, liegen im gesamten System nur noch ungefährliche Kleinschutzspannungen vor.
Auch die Leistungselektronik des Lkw musste an die neuen Anforderungen angepasst werden. Diese Aufgabe übernahm der Projektpartner M&P motion control and power electronics GmbH. Die Mitarbeitenden entwickelten einen Gleichstromsteller, der via CAN-Bus mit der Fahrzeugsteuerung kommuniziert und ins Sicherheitskonzept des Fahrzeugs eingebunden ist. So ist es möglich, den Solarstrom, der auf dem Dach des Lkw produziert wird, direkt in das Bordnetz einzuspeisen.
Wie viel Emissionen lassen sich im Güterverkehr durch Solarmodule sparen?
Jetzt muss die rollende Photovoltaik-Anlagen unter realen Bedingungen beweisen, dass sie funktioniert. Der Lkw ist für ein Speditionsunternehmen ein Jahr lang im Freiburger Umland im Einsatz. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler werden natürlich regelmäßig überprüfen, wie hoch der Stromertrag ausfällt und ob alle Komponenten gut funktionieren.
Mit dem Energieprognosemodell „IVImon“des Fraunhofer-Institut für Verkehrs- und Infrastruktursysteme IVI soll zudem vorhergesagt werden, wie sich Reichweite, Ladezeiten und Stromerzeugung entwickeln – abhängig vom Energieverbrauch im Fahrzeug und der Sonneneinstrahlung für verschiedene Routen. Von diesen Zahlen wird es abhängen, wie groß die CO2-Einsparungen durch das System tatsächlich ausfallen können.
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