Simulation mit Blick auf Dänemark 08.07.2022, 07:00 Uhr

Die Lösung für die Energiewende: Solarthermie

Warum wird Sonnenenergie in Deutschland eigentlich so wenig zum Heizen genutzt? Forschende aus Flensburg haben die dänischen Solarthermie-Systeme unter die Lupe genommen. Ihre Erkenntnis: Die Bundesregierung sollte die Form der Heizenergie-Erzeugung stärker in den Blick nehmen. Denn ihr Potenzial wird unterschätzt.

Wärme durch Solarmodule: Das könnte Erdgas zum Teil ersetzen. Foto: PantherMedia / AYDO8

Wärme durch Solarmodule: Das könnte Erdgas zum Teil ersetzen.

Foto: PantherMedia / AYDO8

Die angestrebte Energiewende ist kein neues Thema. Für Expertinnen und Experten ist auch schon lange klar, dass sie nur gelingen kann, wenn die dazugehörige Wärmewende erfolgreich umgesetzt wird. In Wohngebäuden beispielsweise liegt der Energieverbrauch fürs Heizen im Durchschnitt bei einem Anteil von über 70% des gesamten Energieverbrauchs. Erneuerbare Energien werden in diesem Bereich also dringend benötigt. Durch den Krieg in der Ukraine und den damit verbundenen Diskussionen um Gas-Lieferungen aus Russland hat das Thema neue Brisanz erfahren. Die Gas-Preise steigen, viele Bürgerinnen und Bürger befürchten, dass die Versorgung in Zukunft nicht mehr gesichert sein könnte. Das könnte die Wärmewende erheblich beschleunigen. Ingenieurinnen und Ingenieure raten dazu, mögliche Alternativen Technologie-offen zu betrachten, also beispielsweise nicht allein auf Wärmepumpen zu setzen.

Solarspeicher und Wärmepumpe: Energieexpertin zeigt Problem auf

Denn dass es auch anders geht, zeigt das Nachbarland Dänemark. Solarthermie nimmt dort einen wichtigen Stellenwert für die Wärmeversorgung ein, in Kombination mit Nah- und Fernwärmenetzen. Forschende der Hochschule Flensburg haben analysiert, ob solche Modelle auch für Deutschland denkbar wären.

Solarthermie in Kombination mit Fernwärme

Ilja Tuschy hat mit seinem Team am Zentrum für nachhaltige Energiesysteme (ZNES) an der Hochschule Flensburg in einem Forschungsprojekt die Möglichkeiten des Einsatzes der Solarthermie untersucht. Für ihn besteht kein Zweifel: Das hohe technische Potenzial wird derzeit noch nicht genutzt, und das hänge vor allem mit den politischen Rahmenbedingungen zusammen.

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In dem Projekt „Solare Wärmewende Schleswig-Holstein“ ging es Tuschy und seinem Team vor allem darum, zu untersuchen, „unter welchen Voraussetzungen die Solarenergie bereits bestehende Wärmeerzeugungsnetze in Deutschland kurz- und mittelfristig unterstützen kann“, sagt der Wissenschaftler. Unterstützt wurde das Projekt von der Gesellschaft für Energie und Klimaschutz Schleswig-Holstein GmbH (EKSH) und den Stadtwerken Flensburg.

Konkurrenzfähig durch hohe Erdgaspreise

Die Forschenden führten verschiedenen Simulationen durch und identifizierten das Problem: Es ist nicht die Technologie, sondern die Preispolitik beziehungsweise Wirtschaftlichkeit. Zum Beispiel das Heizen mit Blockheizkraftwerken rechne sich über den Stromerlös. Eine weitere Schwierigkeit waren bislang die günstigen Erdgaspreise. Vor allem die Kraft-Wärme-Kopplung (KWK), also die gleichzeitige Erzeugung von elektrischer Energie und Heizwärme, war finanziell attraktiver und im Vergleich zu alten Kraftwerken auch deutlich umweltfreundlicher, weswegen viele Heizkraftwerke auf Erdgasbasis entstanden sind. Doch mit dem günstigen Erdgaspreisen ist es vorbei, und es ist nicht absehbar, dass sich dieser Trend umkehrt.

Renaissance für das Heizen mit Strom

Für Tuschy ist das ein Kipppunkt. Denn gerade in Kombination mit Wärmepumpen könne die Solarthermie punkten und sei wegen der hohen Erdgaspreise auch wirtschaftlich konkurrenzfähig. Die bisherigen Simulationen, bei denen bereits ein Anteil von 80% an erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2030 vorgesehen ist, müssten daher angepasst werden – die Bedeutung der Solarthermie wächst. „Ein hoher solarer Anteil bei der Wärmeerzeugung könnte die aktuell angespannte Situation entlasten“, sagt Tuschy. „Technisch ist der Wandel auf jeden Fall möglich.“

Positivbeispiel für Solarthermie: Dänemark

Dass es sich bei den Simulationen nicht um bloße Rechenspielereien handelt, zeigt das Beispiel des Nachbarstaates Dänemark. Dort werden in einem hohen Maße Nah- und Fernwärmenetze umgesetzt – etwa zwei Drittel der dänischen Haushalte sind aktuell an Fernwärmenetze angeschlossen. In Kopenhagen sind es sogar über 98%. Viel wichtiger ist wohl noch eine andere Zahl: Ungefähr 40% der dänischen Heizenergie stammt schon jetzt aus erneuerbaren Quellen. Dass überschüssiger Strom aus Windkraftanlagen zur Wärmeerzeugung genutzt wird, ist nur ein verhältnismäßig kleiner Aspekt. Entscheidend ist die Solarthermie.

Weg vom Gas – welche Möglichkeiten Solarthermie hier bietet

Dänemark integriert Solarthermie in Fernwärmenetze und gilt mit diesem Prinzip international als Vorreiter. Schon vor dem Anstieg der Erdgaspreise konnte sie dank groß dimensionierter zumindest in sonnenreichen Monaten mit Erdgas konkurrieren. Von der Energiesteuer hat der Staat sie befreit. Möglich ist das unter anderem durch große Speicher, die ein Fassungsvermögen von bis zu 120.000 Kubikmetern aufweisen.

Klar ist aber auch: Der Umstieg auf Fernwärme gelingt nicht über Nacht. Dänemark hat mit dem Ausbau schon in den 1980er-Jahren begonnen. Denn das Verlegen der Rohre kostet viel Zeit und Geld. Mittelfristig könnte es nach Ansicht der Expertinnen und Experten aber ein wichtiger Beitrag zur Wärmewende sein.

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Ein Beitrag von:

  • Nicole Lücke

    Nicole Lücke macht Wissenschaftsjournalismus für Forschungszentren und Hochschulen, berichtet von medizinischen Fachkongressen und betreut Kundenmagazine für Energieversorger. Sie ist Gesellschafterin von Content Qualitäten. Ihre Themen: Energie, Technik, Nachhaltigkeit, Medizin/Medizintechnik.

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