Die Strompreisbremse vor dem Bundesverfassungsgericht
Ökostromanbieter klagen gegen die Abschöpfung ihrer Gewinne zur Finanzierung der Strompreisbremse. Das Bundesverfassungsgericht verhandelt. Urteil in einigen Monaten erwartet.
Ende 2022 führte die Bundesregierung die sogenannte Strompreisbremse ein. Grund dafür waren die stark steigenden Strompreise infolge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine. Die Maßnahme sollte sowohl private Haushalte als auch Unternehmen vor explodierenden Kosten schützen. Doch nicht alle Akteure auf dem Energiemarkt waren mit dieser Regelung einverstanden.
Das gilt insbesondere für Betreiber von Ökostromanlagen. Insgesamt 22 dieser Betreiber haben Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz eingereicht. Ihre Gewinne wurden teilweise abgeschöpft, um die Strompreisbremse zu finanzieren. Nun liegt der Fall vor dem Bundesverfassungsgericht. Am 24. September wurde verhandelt.
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Um was ging es in der Verhandlung genau?
Das Bundesverfassungsgericht prüft aktuell, ob die temporäre Abschöpfung von Zufallsgewinnen bei Stromerzeugern im Rahmen der Strompreisbremse verfassungskonform war. Gerichtspräsident Stephan Harbarth erklärte zu Beginn der mündlichen Verhandlung, dass der Erste Senat zunächst ein tieferes Verständnis über die Funktionsweise des Strommarktes und den Preisbildungsmechanismus entwickeln möchte. Ein Urteil wird in einigen Monaten erwartet (Az. 1 BvR 460/23; 1 BvR 611/23).
Die Strompreisbremse, die mittlerweile ausgelaufen ist, hatte das Ziel, Verbraucher in der Energiekrise vor übermäßig hohen Strompreisen zu schützen. Um dies zu finanzieren, wurden teilweise sogenannte Überschusserlöse oder Zufallsgewinne von Stromerzeugern abgeschöpft. 22 Betreiber von Ökostromanlagen legten Verfassungsbeschwerde dagegen ein. Rechtsanwalt Christian von Hammerstein, der die Kläger vertritt, argumentierte, dass die Bewältigung der Energiekrise Aufgabe des Staates sei und daher durch Steuermittel finanziert werden müsse.
Ein weiterer Diskussionspunkt vor Gericht war der Merit-Order-Mechanismus, bei dem die teuersten Kraftwerke den Strompreis bestimmen. Durch die gestiegenen Gaspreise infolge des russischen Angriffskriegs in der Ukraine erhöhten sich 2022 auch die Preise anderer Erzeugungsarten, obwohl deren Kosten weitgehend konstant blieben.
Die entstandenen Überschusserlöse mussten laut Strompreisbremsegesetz teilweise an die Netzbetreiber abgeführt werden, um den Markt zu stabilisieren, so Philipp Steinberg, Ministerialdirektor im Wirtschaftsministerium. Die Bundesregierung habe durch zeitliche Begrenzungen darauf geachtet, den Eingriff möglichst gering zu halten. Die Abschöpfung erstreckte sich auf den Zeitraum vom 1. Dezember 2022 bis zum 30. Juni 2023.
Was genau war die Strompreisbremse?
Die Strompreisbremse war eine kurzfristige Maßnahme der Bundesregierung, um die steigenden Stromkosten zu begrenzen. Dabei erhielten Haushalte und kleinere Unternehmen 80 % ihres durchschnittlichen Stromverbrauchs zu einem festgelegten Preis von 40 Cent pro Kilowattstunde. Für Industriekunden lag die Grenze bei 13 Cent pro Kilowattstunde, allerdings nur für 70 % des Verbrauchs.
Die Finanzierung der Preisbremse erfolgte durch die sogenannten Überschusserlöse. Diese Gewinne resultierten aus den stark gestiegenen Strompreisen, die insbesondere Ökostrom-Produzenten hohe Einnahmen bescherten.
Was sind Überschusserlöse?
Überschusserlöse, auch Zufallsgewinne genannt, entstanden durch den sprunghaften Anstieg der Strompreise. Grund für diesen Preisanstieg war vor allem der Anstieg der Gaspreise. Da Gaskraftwerke oft die höchsten Kosten im Stromhandel verursachen, setzten sie den Preis für alle Stromerzeuger. Ökostromanlagen und andere Energieträger profitierten davon, da ihre Produktionskosten im Gegensatz zu den Preisen relativ konstant blieben.
Diese Erlöse wurden von Dezember 2022 bis Juni 2023 abgeschöpft, um die Strompreisbremse zu finanzieren. Die betroffenen Betreiber von Ökostromanlagen halten diese Praxis jedoch für verfassungswidrig.
Warum klagen die Ökostromanlagen-Betreiber?
Die Unternehmen, die nun vor dem Bundesverfassungsgericht klagen, sehen die Abschöpfung ihrer Gewinne als ungerecht an. Aus ihrer Sicht sollte die Entlastung der Verbraucherinnen und Verbraucher nicht durch die Einnahmen der Stromproduzenten finanziert werden, sondern durch Steuergelder. Zudem kritisieren sie, dass Gaskraftwerke von dieser Regelung ausgenommen waren, obwohl die Gaspreise die eigentliche Ursache für den Anstieg der Strompreise waren.
Was bedeutet die Verfassungsbeschwerde?
Eine Verfassungsbeschwerde ermöglicht es Unternehmen, Einzelpersonen und anderen Organisationen, das Bundesverfassungsgericht anzurufen, wenn sie der Ansicht sind, dass ihre Grundrechte verletzt wurden. In diesem Fall geht es um die Frage, ob die Abschöpfung der Überschusserlöse gegen das Grundgesetz verstößt. Es ist allerdings zu beachten, dass nur wenige Verfassungsbeschwerden tatsächlich Erfolg haben – die Erfolgsquote liegt bei etwa 1,66 %. (mit dpa)
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