Die Wartung von Windenergieanlagen bringt viel Geld
Der Service und die Wartung von Windenergieanlagen – onshore wie offshore – werden sich in absehbarer Zeit zu einem boomenden Markt mit üppigen Margen entwickeln. Der Wettbewerb um weltweite und europäische Marktanteile hat bereits begonnen.
Wer das Kräftemessen um Dienstleistungen und den Service an Windenergieanlagen am Ende gewinnt, ist noch offen. Neben den etablierten Herstellern, die durch fünfjährige Garantieleistungen per se einen Vorsprung haben, gibt es immer mehr unabhängige Unternehmen, die Service und Wartung anbieten und hoffen, mit flexibleren und günstigeren Angeboten punkten zu können.
„Momentan herrscht unter Betreibern eine Unzufriedenheit über das, was Hersteller oder unabhängige Dienstleiter anbieten“, machte Henning Thormählen, Partner der Unternehmensberatung Oliver Wyman Consulting, unlängst auf einer Veranstaltung des VDI Wissensforums in Bremen deutlich. Zudem hätten große Kunden wie Energieversorger oder Investmentgesellschaften zunehmend mehr Hersteller in ihrem Windparkportfolio. „Der Markt für Servicedienstleistungen wird sich daher in den nächsten zehn Jahren radikal verändern. Wer dabei den Anschluss verliert, wird es schwer haben, sich zu behaupten“, meinte Thormählen.
Oliver Wyman erstellte eine neue Studie, die das Thema genauer unter die Lupe nahm und deren Ergebnisse Thormählen in Bremen vorstellte. Fazit: Die Margen werden im Neugeschäft auf Service und Wartung verlagert werden.
Ausgehend von einer weltweit installierten Kapazität von 192 GW im Jahr 2010 geht Wyman davon aus, dass bis 2020 onshore 825 GW weltweit installiert sein werden. Die Kernmärkte werden in Europa, den USA und in Asien gesehen.
Der Umsatzanteil für die Wartung von Windenergieanlagen wird auf 75 % steigen
Während das Geschäft mit neuen Anlagen 2010 noch 86 % der Umsätze ausmachte, wird der Studie zufolge dieser Anteil bis 2020 auf 40 % abschmelzen. In Europa werde der Anteil im gleichen Zeitraum von 74 % auf 25 % zurückgehen. 75 % des Umsatzes werden dann mit Service und Wartung verdient, bei Margen zwischen 15 % und 20 % – heute sind es 7 %.
Oliver Wyman nennt für Europa im Jahr 2020 ein Volumen für die Windanlagen-Dienstleistungen von 1,9 Mrd. € und weltweit von 27 Mrd. €. Ein dicker Kuchen, den es zu verteilen gilt. „Der Vorsprung, den die Hersteller haben, ist deren Trumpfkarte“, so Thormählen.
Allerdings lässt sich der Rahm nicht so einfach abschöpfen. Bislang ist die Zahl von Unternehmen, die auf dem nationalen und internationalen Parkett Service und Wartung mit unterschiedlichen Vertragsstrukturen anbieten, begrenzt.
Gleichzeitig gibt es auf der Kundenseite einen hohen Bedarf an langjährigen Vollwartungsverträgen und Garantien, wenig Alternativen zu den Dienstleistungen von Herstellern und Frust über hohe Kosten, lange Stillstandszeiten und geringe Verfügbarkeiten. Inzwischen haben die Hersteller die Zeichen der Zeit sowie die Margen erkannt und strecken sich ordentlich, um ihre Kunden zufriedenzustellen.
GE schafft Kehrtwende und bietet Vollwartungsverträge für Windenergieanlagen an
Zu den engagierten Herstellern gehört zum Beispiel GE. Während der Konzern 2008 in der Serviceumfrage des Bundesverbandes Windenergie noch auf Platz acht landete, konnte sich das Unternehmen 2010 auf den dritten Platz vorkämpfen. „Da wollen wir auch bleiben und würden ohne unabhängige Dienstleister und mehr Konkurrenz nicht dort stehen. GE hat sich in puncto Service an Windkraftanlagen in den vergangenen Jahren schwergetan“, zeigt sich Martin Rüther, Leiter des Service für Zentraleuropa, selbstkritisch.
Dabei hätte GE mit über 17 000 installierten Anlagen weltweit eigentlich genug zu tun, habe aber erst vor drei Jahren die Kehrtwende geschafft und gehe mit Kunden und ihren Bedürfnissen seither offen um.
In Salzbergen richtet GE ein Dienstleistungszentrum ein, in dem Techniker rund um die Uhr für Kunden und eigene Servicekräfte erreichbar sind. In Deutschland sei jede Anlage innerhalb von einer Stunde erreichbar, die Lieferung von Ersatzteilen aus dem Hauptlager in Salzbergen in maximal 24 h möglich. Ein Getriebetausch lasse sich binnen fünf Tagen bewerkstelligen.
Nachdem in einem ersten Schritt die Servicequalität verbessert wurde, bietet GE seinen Kunden auch Vollwartungsverträge mit Laufzeiten von bis zu 15 Jahren an. Die Verfügbarkeiten von 97 % werden dabei nicht zeitlich über ein Jahr gestreckt, sondern basieren auf der Energieproduktion und damit auf Vergütungen: „Der Kunde will einen hohen Ertrag“, so Rüther.
In Salzbergen hat GE europaweit 2600 Maschinen in der Fernüberwachung. Deren Daten werden täglich, wöchentlich und monatlich ausgewertet, um die Häufung von Fehlern und deren Ursachen zu analysieren. Das hob die Verfügbarkeit von 95,5 % im Jahr 2006 auf 97,5 % in 2011 an. „Wir wollen ein langfristiges und profitables Geschäft betreiben“, erklärt Rüther.
Das will auch Ulrich Schomakers, CEO des Dienstleisters Availon, der in Deutschland, Italien, Spanien und den USA 1000 MW betreut. Spezialisiert ist das Unternehmen auf Anlagen von Vestas und GE und hat dafür entsprechendes Know-how und zwei eigene Ingenieurabteilungen aufgebaut: „Unabhängige können nicht alle Typen bedienen. Das funktioniert schon aufgrund der Lagerhaltung für Ersatzteile nicht. Wir gehen in dieser Hinsicht nur in Vorleistung, wenn wir den Service und die Wartung für eine weitere Maschine anbieten wollen. Ohne Lagerbestand gibt es eben keinen Vertrag mit einem Kunden.“
Der Wunsch nach Rundum-sorglos-Paketen für Windenergieanlagen steigt
Punkten will Availon mit schnellen Reaktionszeiten, hohen Verfügbarkeiten, Transparenz, Innovationen und geringeren Fixkosten, als sie bei Herstellern anfallen. Schomakers: „Wir müssen mehr bieten als die Hersteller und können es uns nicht erlauben, dass die Kundenzufriedenheit sinkt. Wenn wir die Betriebskosten im Griff haben, hat der Betreiber auch Luft, um einen guten Service zu bezahlen.“
Der Markt bewegt sich und bei immer größeren Windparks steigt der Wunsch nach Vollwartungsverträgen und Rundum-sorglos-Paketen, sieht auch Schomakers. Hersteller schützen sich durch bessere und kniffligere Technologien vor der unabhängigen Konkurrenz, die sich das Wissen erst mühsam aufbauen muss. Etwa wenn es um die Anlagensteuerung geht.
Außerdem mache sich Preisdumping bemerkbar. „Der Preisunterschied zwischen Herstellern und Unabhängigen schmilzt. In einigen Regionen mit bestimmten Kunden werden zudem strategische Preise platziert. Wenn wir nichts mehr verdienen, hat aber auch der Hersteller nichts mehr übrig“, macht Schomakers deutlich.
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