Dienstleister versorgen Städte mit Know-how
Über 1400 kommunale Unternehmen liefern in Deutschland Gas, Wärme, Wasser und Strom. Momentan investieren sie verstärkt in Energieanlagen: Kapazitäten von 4597 MW für 8,2 Mrd. € sind laut Verband kommunaler Unternehmen im Bau. Doch die Stadtwerke treiben die Projekte oft nur über Beteiligungen voran. Personalbedarf entsteht vor allem bei Dienstleistern, die Anlagen für sie planen, bauen und betreiben.
Ab 2020 haben Privatkunden der Stadtwerke Hannover keine Wahl mehr. Durch ihre Anschlüsse wird dann nur noch grüner Strom fließen. Rund 1 Mrd. € will der lokale Versorger bis dahin in erneuerbare Energien investieren. Ein ähnliches Bild in München. Bis 2025 streben die Stadtwerke dort grüne Vollversorgung an.
Die beiden Stadtwerke sind Vorreiter einer Bewegung, die mit dem Trend zur Re-Kommunalisierung einhergeht. Fast 30 Stadtwerke wurden in den letzten vier Jahren gegründet. Noch einmal so viele stehen in den Startlöchern.
Aktuell zählt der Verband kommunaler Unternehmen (VkU) 609 Stromversorger zu seinen Mitgliedern. Sie liefern hierzulande jede zweite Kilowattstunde Strom. Doch müssen sie das Gros davon bei Dritten beschaffen. Ihre eigenen Anlagen tragen nur zu 9,2 % Strom in Deutschland bei.
Das wollen die Stadtwerke nun mit Milliardeninvestitionen ändern. Laut VkU sind bundesweit Kapazitäten von 4597 MW für 8,2 Mrd. € im Bau. Damit steigen die Kraftwerkskapazitäten der Stadtwerke um ein Drittel.
Experten halten diesen Ausbau für unabdingbar. Nur so könnten sich die lokalen Anbieter unabhängiger von Lieferanten und Stromimporten machen. Und das wiederum funktioniere am besten mit erneuerbaren Energien zumal Kunden und Politik nach klimaschonender Energieversorgung verlangen.
Alles deutet auf einen Jobboom hin. Doch Stellenofferten sind bei Stadtwerken dünn gesät. Selbst wo grüne Vollversorgung angepeilt ist, bleibt der Bedarf gering. Die Stadtwerke München setzen vor allem auf Offshore-Windparks. „Diese Parks entwickeln, bauen und betreiben unsere Partner. Bei uns gibt es keinen zusätzlichen Bedarf an Ingenieuren”, so Pressesprecherin Bettina Hess.
Man habe für das Beteiligungsmanagement ein etwa 20-köpfiges interdisziplinäres Team aus Kaufleuten, Ingenieuren und Naturwissenschaftlern zusammengestellt. Es prüfe Beteiligungsoptionen, begleite konkrete Projekte und werte später die Resultate aus. Ansonsten herrsche trotz der bis 2025 geplanten 9 Mrd. € Investitionen auch aus Personalsicht Normalbetrieb.
Carlo Kallen, Pressesprecher der Stadtwerke Hannover AG, zeichnet ein ähnliches Bild. „Direkt bei uns ist kein zusätzlicher Bedarf erkennbar”, erklärt er nach Rücksprache mit Personalverantwortlichen. Das Gros der Regenerativ-Projekte werde man mit Dienstleistern abwickeln. Allerdings sei das bei mancher Beteiligung anders. Hintergrund: Die Hannoveraner sind über ihre Dachmarke enercity an bundesweit 30 Unternehmen beteiligt – darunter die enercity contracting und die Potsdamer DanPower-Gruppe.
Letztere betreibt mit 33 Mitarbeitern knapp 100 Anlagen zur Strom-, Wärme- und Kälteerzeugung aus Holz und Biogas. Abnehmer sind Wohnungsgesellschaften, öffentliche Einrichtungen und Gewerbekunden, die in Contracting-Projekten auf regenerative Energie umstellen. „Dieses Geschäft entwickelt sich sehr dynamisch. Hier suchen wir kurz- und mittelfristig qualifizierte Energieingenieure”, berichtet Kallen.
Die Stadtwerke Aachen mischen ebenfalls bei Offshore-Windparks mit. Sie haben aber auch eine Tochter, die mit 15 Mitarbeitern regionale Wind-, Solar- und Biomasseprojekte realisiert. Zur Hälfte besteht das frisch zusammengestellte Team aus Elektrotechnik-, Maschinenbau- und Wirtschaftsingenieuren. „Damit ist unser Personalaufbau vorerst abgeschlossen. Wie es weitergeht, hängt auch von der Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes ab”, heißt es dort. Allerdings lohne sich für Ingenieure der Blick zur Trianel Gruppe, die man bereits im Jahre 1999 mit ins Leben gerufen habe.
Trianel hat sich seit der Gründung zu einer übergeordneten Struktur entwickelt, die heute für 80 kommunale Versorger in Deutschland, den Niederlanden, Luxemburg, Österreich und in der Schweiz Energieprojekte entwickelt, managt, sich um Finanzierungsfragen kümmert und gemeinsame Rohstoffeinkäufe abwickelt.
Neben fossilen Kraftwerksprojekten rückten zuletzt erneuerbare Energien immer stärker in den Fokus. So fiel Mitte Dezember nach dreijähriger Planung der Baubeschluss für den bisher größten Windpark in der deutschen Nordsee. In zwei Bauabschnitten sollen ab Sommer 80 Anlagen à 5 MW ins 30 m tiefe Wasser gepflanzt werden.
„Wir sind Projektentwickler, die Technik kaufen wir ein”, erklärt Personalreferentin Kerstin Mania. Dennoch sei Trianel immer auf der Suche nach Ingenieuren und Ingenieurinnen mit Durchblick, die die oft sehr komplexen Projekte entwickeln und betreuen. Dabei setze man auf interdisziplinäre Teams, damit so viele Blickwinkel wie möglich einfließen. „Wie im Projektgeschäft üblich, tut sich bei uns oft kurzfristig Bedarf auf”, sagt sie. Initiativbewerbungen seien willkommen, um in solchen Fällen auf Bewerber zugehen zu können.
Hat Trianel als konzern-ähnliches Gebilde auch den Charme eines kommunalen Stadtwerks? „Wir sind 260 Mitarbeiter, duzen uns alle und pflegen flache Hierarchien”, antwortet Mania. Sie empfinde das Betriebsklima als familiär. Mit Eigeninitiative sei viel zu bewegen.
Gerade im Bereich der Zukunftsfelder Elektromobilität, Smart Grids oder erneuerbare Energien hätten Ingenieure Raum zur Entfaltung. „Allerdings müssen Ideen mit Businessplänen hinterlegt sein.” Denn wirtschaftlich müssen die Konzepte auch in Zukunft bleiben, damit die lokalen Anbieter weiterhin eine gewichtige Rolle im Energiemarkt übernehmen können. PETER TRECHOW
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