Diese Brennstoffzelle läuft und läuft und …
Ist die Brennstoffzelle reif für den breiten Serieneinsatz? Die Anzeichen mehren sich. 70.000 Stunden hat jetzt die Hochtemperatur-Brennstoffzelle des Forschungszentrums Jülich geschafft. Seit dem 6. August 2007 läuft sie nonstop. Damit ist die Praxisreife zum Greifen nah.
Toyota glaubt schon jetzt, dass die Brennstoffzelle den Schritt aus den Labors in die Serie verdient hat. Vergangene Woche hatte der japanische Pionier das erste Serienauto mit Brennstoffzelle vorgestellt, den Toyota Mirai. Die ersten Exemplare werden bis zum Jahresende auch in Deutschland ausgeliefert. Ob der Toyota Mirai wirklich reif für den Langzeiteinsatz ist, wird die Praxis zeigen.
Am Forschungszentrum Jülich sind die Ingenieure jedenfalls überzeugt, dass die Brennstoffzelle kurz vor dem Durchbruch steht. Die dort installierte Hochtemperatur-Brennstoffzelle liefert seit dem 6. August 2007 und damit seit über 70.000 Betriebsstunden unermüdlich Strom. Das sind inzwischen mehr als 70.000 Stunden lang ohne Pause. Nahezu 3000 Tage. Mehr als acht Jahre. Nie zuvor lief eine Brennstoffzelle mit keramischen Zellen länger.
Elektrischer Wirkungsgrad von bis zu 60 %
Die Jülicher Rekord-Brennstoffzelle ist ein aus zwei Zellen bestehender Stapel, die mit Wasserstoff als Brenngas betrieben wird. Seit dem Start des Langzeitexperiments am 6. August 2007 lieferte die Zelle 3400 kWh Strom. Das reicht aus, um einen Haushalt ein Jahr lang mit Strom zu versorgen. Solche Hochtemperatur-Brennstoffzellen liefern elektrische Wirkungsgrade von bis zu 60 %, die Abwärme lässt sich zusätzlich nutzen.
„Die Betriebstemperatur von 700 Grad stellt enorme Anforderungen an die verwendeten Materialien“, sagte Harald Bolt, Vorstandsmitglied des Forschungszentrums Jülich. „Mit dem Rekord können wir nun erstmals nachweisen, dass die von uns entwickelten Werkstoffe auch in Kombination anwendungsreif und über solch einen langen Zeitraum funktionstüchtig sind, was anfangs kaum jemand für möglich gehalten hat.“
Brennstoffzellen verarbeiten Wasserstoff oder Gas
Keramische Hochtemperaturzellen können mit Wasserstoff oder Erdgas betrieben werden. Endprodukt ist Wasser, beim Erdgasbetrieb kommt allerdings Kohlendioxid dazu.
Die Zelle nach Jülicher Bauart erfüllt mit dem Weltrekord eine Kernforderung der Autoindustrie. Eine Zelle soll fünf bis zehn Jahre lang halten und in dieser Zeit 40.000 bis 80.000 Stunden lang Strom erzeugen. Sonst lohnt sich der Einsatz der teuren Zellen nicht. Ob die Zelle die gleiche Ausdauer hat, wenn sie den zusätzlichen Belastungen im Fahrbetrieb ausgesetzt ist, muss sich allerdings noch zeigen.
Alterung der Zellen kostet Leistung
Aber der Langzeittest in Jülich belegt nicht nur die Leistungsfähigkeit der Brennstoffzelle, sondern auch die Alterung durch den Betrieb. Je 1000 Betriebsstunden alterte der Zellenstapel um 0,6 %, was sich in einer Absenkung der Spannung und einem Leistungsverlust bemerkbar macht. Rechnet man diese Alterung rein linear auf die 70.000 Betriebsstunden hoch, so ist die Leistung der Zelle in den vergangenen acht Jahren um 42 % gesunken.
Doch in diesen Zahlen ist noch viel Musik enthalten. So alterte eine Weiterentwicklung des Rekordzellenstapels aus dem Jahre 2010 währen 34.500 Stunden Dauerbetriebs nur halb so schnell.
Bisheriger Rekordhalter was Siemens Westinghouse
Die FZJ-Forscher lösten Siemens Westinghouse Power Corporation (SWPC) als Weltrekordler ab. Das Unternehmen hatte eine Solid Oxide Fuel Cell (SOFC – Festoxid-Brennstoffzelle) 69.000 Stunden lang Strom produzieren lassen. Die Jülicher Zelle hat allerdings ein anderes Design als die von Siemens Westinghouse. Die Keramik, die dafür sorgt, dass nur Ionen passieren können, sodass es eine Ladungstrennung gibt, ist flach. SWPC setzte auf eine röhrenförmige Keramik.
Seit 20 Jahren arbeiten die Jülicher Forscher an der „Solid Oxide Fuel Cell“, was übersetzt Festoxid-Brennstoffzelle heißt. Der Stapel mit den Weltrekord-Brennstoffzellen besteht überwiegend aus selbstentwickelten Komponenten. Dazu zählen die keramischen Zellen, die Kontaktschichten und eine spezielle Glaskeramik zur Abdichtung. Die österreichische Firma Plansee SE mit Sitz in Reutte hat das Material für die Zwischenplatten geliefert, mit denen die Zellen zum Stapel zusammengesetzt werden.
DLR experimentiert mit Brennstoffzellen in Flugzeugen
Auch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR setzt auf die Brennstoffzelle. Das DLR experimentiert mit Brennstoffzellen, die in Elektroflugzeugen den Strom liefern und damit die Reichweite gegenüber Elektroflugzeugen mit Batteriebetrieb erhöhen.
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