Nicht Erde, nicht Wasser nicht Luft: Fassade als Quelle für eine Wärmepumpe
Was tun, wenn der Platz für die Außeneinheit einer Wärmepumpe nicht reicht? Fraunhofer-Forschende stellen eine Lösung vor: Solarthermische Fassadenelemente, die Wärme aus der Luft ziehen und auf diese Weise als Niedertemperatur-Wärmequellen umweltfreundliches Heizen ermöglichen.
Wärmepumpen gelten als eines der klimafreundlichsten Heizsysteme überhaupt – vorausgesetzt, die Pumpe wird mit Ökostrom angetrieben. Die benötigte Wärmeenergie bezieht die Anlage, je nach System, aus dem Erdreich, der Luft oder dem Grundwasser. Das setzt allerdings voraus, dass auf dem Grundstück eine entsprechende Außeneinheit installiert werden kann. Fehlender Platz kann ein Problem sein, bei Luftwärmepumpen muss beispielsweise wegen der Geräusche des Geräts ein Mindestabstand zum Nachbarn eingehalten werden. Ein Team vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE hat eine Alternative entwickelt: solarthermische Fassadenelemente als Wärmequelle.
Wärmepumpen: Welche Rolle spielt das menschliche Geräuschempfinden?
Fassadenelemente unterstützen Wärmepumpe über ein Fluid
Die Idee ist schon recht weit gediehen: Aktuell testen die Forschenden die Elemente gemeinsam mit Industriepartnern im Projekt TABSOLAR III. Unter dem Namen TABSOLAR® sollen die Elemente später auch vertrieben werden
Es handelt sich dabei um solarthermische Komponenten aus Ultrahochleistungsbeton (UHPC). Hergestellt werden sie mithilfe eines neuartigen Membran-Vakuumtiefziehverfahrens, das gerade weiterentwickelt wird. Entscheidend sind die dünnen Kanäle, die in die Fassadenelemente eingearbeitet sind. Sie sind in speziellen Strukturen angelegt, bei denen es sich ebenfalls um eine Fraunhofer-Entwicklung handelt. Das Design erinnert an den Verlauf von Blätter-Adern.
Durch sie fließt ein Fluid, das die Wärme aus der Umgebung aufnimmt. Wird die Fassade von der Sonne bestrahlt, heizt sich das Fluid noch schneller auf. Das Design der Kanäle bewirkt eine gleichmäßige Durchströmung mit dem Fluid, ohne dass dafür viel Energie aufgewendet werden müsste.
Die Wärme, die über die Fassadenelemente eingesammelt wird, gelangt dann über einen Wärmetauscher in den Wärmepumpenkreislauf.
Eine Luftwärmepumpe ist laut, die Fassade ist leise
„Unseren Simulationen zufolge können die verfügbaren Fassadenflächen bei Neubauten oder sanierten Bestandsgebäuden für diesen Zweck ausreichen“, sagt Michael Hermann, Koordinator des Verbundforschungsprojekts TABSOLAR III und Projektleiter am Fraunhofer ISE. Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen gehen davon aus, dass die solarthermischen Fassadenelemente als Wärmequelle ausreichend sind. Dabei haben sie zwei große Vorteile: Sie verursachen, anders als eine herkömmliche Außeneinheit einer Luft-Wärmepumpe, keine Geräusche. Zudem können sie optisch ansprechend gestaltet werden.
Leiser Wärmepumpenventilator verbessert Effizienz und Leistung
Es gibt eine verglaste sowie eine unverglaste Variante, die jeweils andere Funktionen erfüllen. Die unverglasten Fassadenelemente können beispielsweise die Fassaden von Schwimmbädern verkleiden, um dort das Wasser zu erwärmen. Es wäre auch denkbar, mit ihnen Trinkwasser vorzuwärmen. Für Architekten und Architektinnen interessant: Struktur und Farbe können individuell gestaltet werden, wie bei herkömmlichen Fassadenelementen.
Die verglasten Fassadenelemente schaffen eine größere Leistung, also höhere Temperaturen, da sie mit spektralselektiven Schichten versehen sind. Sie wären die richtige Variante, um ein Heizsystem zu unterstützen, also als Wärmequelle für eine Wärmepumpe zu dienen. Alternativ könnten sie Wasser erwärmen, also die Aufgabe von Solarthermie-Kollektoren übernehmen.
Zusätzliche Tools für die Planung der Fassade
Die Fassadenelemente werden vorgefertigt. Die aktuellen Modelle sind für vorgehängte hinterlüftete Fassaden (VHF) gedacht. Geplant sind weitere Modelle, die in Wärmedämmverbundystemen oder Sandwichwandaufbauten funktionieren. Parallel können Elemente der Produktfamilie TABSOLAR® Heat & Cool als thermoaktive Bauteilsysteme (TABS) eingesetzt werden, etwa in Ergänzung mit einer klassischen Betonkernaktivierung, für die Heizung oder Kühlung.
„Das ganze Projekt wurde von Beginn an interdisziplinär gedacht, wir haben die integrierte Solartechnik und die Baubranche zusammengebracht, um gemeinsam eine innovative, architektonisch attraktive Baulösung für die Energiewende zu entwickeln“, erklärt Hermann. Dementsprechend haben die Forschenden zusammen mit ihren Industriepartnern direkt die Tools mitentwickelt, die für die praktische Anwendung wichtig sind: eine Augmented-Reality-App zur Vor-Ort-Visualisierung der Fassaden sowie ein Webkonfigurator für deren weitere Auslegung. Auch die Einbindung in BIM-Projekte (Building Information Modeling) ist geplant.
Als nächsten Schritt wollen die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen die Fassadenelemente in einem Demonstrationsprojekt verwenden und sämtliche Tools einem Praxistest unterziehen. Dabei soll natürlich auch die Wärmeleistung der Fassadenelemente exakt gemessen werden.
Beiträge über die Wärmepumpen-Technologie:
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