Dieses rote Gewächshaus produziert Solarstrom – und lässt Gemüse wachsen
Ein Gewächshaus mit Solarzellen auf dem Dach: Ist das für Pflanzen nicht zu dunkel? Nein, vorausgesetzt es kommt Technik aus Kalifornien zum Einsatz. Magentafarbene Dachpaneele verwandeln Sonnenlicht in Rotlicht, das Stromproduktion und Photosynthese zugleich effektiver macht. Kleiner Nebeneffekt: Tomaten brauchen weniger Wasser.
Gewächshäuser und Solarmodule brauchen Sonnenstrahlen, wetteifern quasi um Energie. Dass sie gemeinsame Sache machen, klingt abwegig. Schließlich würden Sonnenkollektoren das Innere des Gewächshauses verdunkeln, den Pflanzen die Grundlage des Wachstums entziehen. Jetzt kommt eine überraschende Technologie, die Ingenieure der Universität von Kalifornien entwickelt haben: Sie haben Solarelemente entwickelt, die nur Teile des Lichtes für die Stromproduktion benötigen und genug Licht für die Pflanzen übrigen lassen. Dabei handelt es sich um so genannte wellenlängenselektive Photovoltaikanlagen – im Englischen Wavelength-Selective Photovoltaic Systems (WSPV).
Paneele verwandeln Sonnenlicht in Rotlicht
Herzstück der Technologie sind Glaspaneele, an deren Rückseite sich eine dünne Schicht lumineszierenden Materials befindet. Das Material ist magentafarben und verwandelt einen Teil des einfallenden grünen Sonnenlichts in rotes Licht, leitet es anschließend an Silizium-Solarzellen weiter, die das Paneel als schmale Streifen durchziehen. Warum die Umwandlung des Lichtspektrums? Die Solarzellen sind bei der Energieproduktion dadurch effektiver.
Doch nicht nur die Solarzellen freuen sich über das rote Licht. Es kommt auch den Pflanzen zugute. „Ich dachte, die Pflanzen würden langsamer wachsen, weil es unter diesen rosafarbenen Tafeln dunkler ist“, sagt Michael Loik, Professor für Umweltstudien an der Universität von Kalifornien. Das ist aber nicht der Fall, wie Tests beweisen. Die Pflanzen können unter dem Rotlicht hervorragend Photosynthese betreiben.
20 % der Pflanzen wachsen sogar schneller
An zwei Standorten in Kalifornien hat Loik rote Gewächshäuser gebaut. Auf dem Campus in Oakland und in Watsonville. Darin wachsen 20 verschiedene Pflanzenarten, zum Beispiel Tomaten, Gurken, Zitronen, Limonen, Paprika, Erdbeeren und Basilikum. Den meisten dieser pflanzlichen Versuchskaninchen machten die dunklen Lichtverhältnisse nichts aus.
Loik: „Achtzig Prozent der Pflanzen waren nicht betroffen, während 20 Prozent unter den magentafarbenen Fenstern tatsächlich schneller wuchsen.“ Tomaten scheinen im Vergleich zu klassischen Gewächshäusern zudem fünf Prozent weniger Wasser zu benötigen.
Loik: „Wir steuern auf sich selbst versorgende Gewächshäuser zu“
„Wir haben gezeigt, dass intelligente Gewächshäuser Solarenergie für Strom gewinnen können, ohne das Pflanzenwachstum zu reduzieren, was ziemlich aufregend ist“, schwärmt Loik, der 2012 das Unternehmen Soliculture gegründet hat, um die WSPV-Technik auf den Markt zu bringen. Sein Ziel: Gewächshäuser, die den Strom für Ventilatoren und Beleuchtung selbst produzieren und somit zur Reduktion der CO2-Emission beitragen. „Wir steuern auf sich selbst versorgende Gewächshäuser zu.“
Die Technik soll sich auch schnell amortisieren. Denn die Kosten der WSPV liegen bei etwa 65 Cent pro Watt und damit nach Angaben der Wissenschaftler 40 Prozent unter denen herkömmlicher Sonnenkollektoren.
An solchen besonders umweltfreundlichen Anlagen arbeiten auch andere Forscher. Ein junges Designerteam aus Serbien hat ein Gewächshaus entwickelt, das schwimmt und sich selbst mit Energie versorgt.
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