Meteorologisches Messnetzwerk 21.11.2019, 07:01 Uhr

DLR will Wolkenkameras nutzen, um die Solarleistung vorherzusagen

Mit dem Eye2Sky-Messnetz wollen Wissenschaftler zur Netzstabilität beitragen. In der Weser-Ems-Region installieren sie eine Technik, die es möglich machen soll, im Minutentakt die Sonneneinstrahlung abzuschätzen – und damit den Solarstrom.

Kamera auf Dach

Jede Messstation ist mit einer Wolkenkamera ausgestattet, die einen 360-Grad-Blick ermöglicht.

Foto: DLR (CC-BY 3.0)

Strom aus erneuerbaren Energien stellt die Netzbetreiber vor große Herausforderungen. Denn das bisherige System über verhältnismäßig wenige zentrale Produktionsanlagen wird zunehmend abgelöst durch eine dezentrale Versorgung. Die findet jedoch nicht immer gleichmäßig statt, da bei Wind- und Sonnenenergie der Ertrag vom Wetter abhängt. Auf Solaranlagen hat schon der Durchzug weniger Wolkenfelder zum Teil großen Einfluss. Forscher am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) wollen daher die Vorhersage für Sonnenstrom verbessern. In dem Pilotprojekt „Eye2Sky“ installieren sie dafür 34 Wolkenkameras. Bereits ab dem kommenden Jahr will das DLR mit dieser Technik eine detaillierte Vorhersage bieten: im Minutentakt für jeden Straßenzug der Region.

Wolkenkameras liefern bessere Auflösung als Satellitenaufnahmen

Nötig wird ein neues Vorhersagemodell aus Sicht der Forscher durch die wachsende Zahl an Solaranlagen. „Die bislang verwendeten Prognosetools, die auf Satellitenbildern oder den klassischen Wettermodellen basieren, werden hier perspektivisch nicht mehr ausreichen“, erklärt der Projektleiter Thomas Schmidt vom Oldenburger Institut für Vernetzte Energiesysteme, das zum DLR gehört. Tatsächlich sei gerade die Wolkenbildung so komplex, dass bislang erfahrene Wissenschaftler benötigt wurden, um den Himmel zu beobachten und kurzfristige Entwicklungen richtig einzuschätzen. Diese Aufgabe soll nun die Technik übernehmen. „Im Vergleich zu Satellitenaufnahmen sehen wir mit den Kameras die Wolken zeitlich wie räumlich in einer viel höheren Auflösung. Allerdings ist nicht deren Position, sondern ihr Schattenwurf für unsere Anwendungen entscheidend“, erklärt Schmidt.

Im ersten Schritt installieren die Forscher 34 Stationen mit Wolkenkameras zwischen Oldenburg, der Nordseeküste und der niederländischen Grenze. Sie scannen den Himmel über ihrem Standort jeweils in einem Radius von durchschnittlich vier Kilometern. Verwendet wird dafür ein sogenanntes Fischaugenobjektiv, das einen 360-Grad-Blick ermöglicht. Dabei senden die Kameras die erfassten Daten alle 30 Sekunden an einen Großrechner. Genau genommen wird jeweils ein Foto hochgeladen, da die Wolkenformationen sich nicht so schnell verändern, dass Videos ausgewertet werden müssten. Die Analyse übernimmt ein Großrechner. Er erstellt eine Vorhersage über den Wechsel von Licht und Schatten am Boden, die sich im Maßstab von Metern und Sekunden auf jede einzelne Solaranlage in der Region projizieren lässt. Zusätzlich werden einige Standorte mit weiteren meteorologischen Instrumenten ausgestattet. Unter anderem messen sie die direkte und diffuse Sonneneinstrahlung sowie die Lufttemperatur.

Neue Methode ermöglicht Höhen-Bestimmung der Wolken

Wichtig für eine möglichst exakte Vorhersage der Sonneneinstrahlung ist die genaue Position der jeweiligen Kameras. Denn die Verschattung hängt natürlich auch davon ab, in welcher Höhe die Wolken vorbeiziehen. Die lässt sich allerdings nur schwer bestimmen. Das Eye2Sky-Projektteam hat dafür mit dem DLR-Institut für Solarforschung eine neue Methode entwickelt. „Wir haben das Messnetz im Oldenburger Stadtgebiet deutlich engmaschiger geplant, um eine Überlappung der Kamerabilder zu erreichen“, erklärt Schmidt. „Dadurch erfassen wir die Bewölkung zum gleichen Zeitpunkt aus unterschiedlichen Perspektiven und können die Wolkenhöhen somit geometrisch bestimmen. Dabei gilt: Je präziser die Messung der Wolkenposition, desto besser können wir die Genauigkeit des Wolkenschattens am Boden ermitteln. Das ist entscheidend für eine gute örtliche und zeitliche Vorhersage der Verschattung sowie der Verteilung der eingespeisten Solarenergie im Stromnetz.“

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Die ermittelten Informationen sollen Netzbetreibern dabei helfen, das Management für die Stromeinspeisung und -speicherung zu verbessern. Die Forscher sind außerdem davon überzeugt, dass Eye2Sky für die Betreiber großer Solaranlagen interessant sein könnte. „Hier erlauben die Wolkenkameras hochaufgelöste Simulationen, um so die Produktion zum Beispiel mittels Fehlerdiagnose oder Verschattungsanalyse zu optimieren“, sagt Schmidt. Im Prinzip könnten auch Privatleute mit Solarmodulen auf dem Dach die Daten nutzen – und zum Beispiel ihre Waschmaschine anstellen, wenn die Forscher intensive Sonneneinstrahlung vorhersagen.

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Ein Beitrag von:

  • Nicole Lücke

    Nicole Lücke macht Wissenschaftsjournalismus für Forschungszentren und Hochschulen, berichtet von medizinischen Fachkongressen und betreut Kundenmagazine für Energieversorger. Sie ist Gesellschafterin von Content Qualitäten. Ihre Themen: Energie, Technik, Nachhaltigkeit, Medizin/Medizintechnik.

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