Drax-Kraftwerk zeigt: Umstellung von Kohle auf Biomasse teuer und schwierig
Immer mehr Kohlekraftwerke in Europa verbrennen auch Biomasse. Doch das britische Beispiel Drax zeigt: die Umstellung ist teuer und zugleich ein schwieriger Prozess.
Vom Standort Selby in North Yorkshire aus deckte Englands größtes Kohlekraftwerk Drax rund sieben Prozent des gesamten britischen Strombedarfs. Doch dann drohten die europäischen CO²-Emissionsregeln den Kohleverstromer ernsthaft in Gefahr zu bringen. Mit der Umstellung von drei von insgesamt sechs Kohle-Kraftwerksblöcken auf die Verbrennung von Holzpellets sieht Drax-Vorstandschefin Dorothy Thomson jetzt aber die Zukunft des Unternehmens dauerhaft gesichert – als grösster grüner Stromerzeuger im Lande.
Die 700 Millionen Pfund oder umgerechnet rund 840 Millionen Euro teure Umstellung enthält auch Kosten für den Aufbau einer Versorgungskette: allein 225 Millionen Pfund haben zwei grosse Pelletierwerke im Süden der USA und Hafeneinrichtungen zur Verladung der Pellets in Baton Rouge in Louisiana gekostet. Nach der Atlantik-Überquerung und der Entladung im Hafen von Immingham am Humber-Fluss kommen die Pellets in 200 geschlossene, eigens von Drax dafür angeschaffte Eisenbahnwaggons und landen dann vor Ort in vier riesigen Silos.
Sehr hohe Brandgefahr der Holz-Pellets in den Silos
Jedes Silo fasst 70.000 Tonnen Pellets. Das reicht als Brennstoffvorrat für 16 Tage. Einfach lagern lassen sich die Pellets allerdings nicht, die Brandgefahr ist viel zu hoch. Dagegen sei Kohle, vor allem Anthrazitkohle, fast ein Feuer-Verhinderungsmittel, erklärte ein Drax-Mitarbeiter im Gespräch mit ingenieur.de. Die ständige Begasung mit Stickstoff und CO² soll bei Drax aber jede Explosion verhindern, zudem überwachen Sensoren die Wärmeentwicklung in den Silos.
Kritik an Drax
Der Gesamtaufwand ist Kritikern von Biomasse als Brennstoff zu hoch. So argumentiert der Direktor der amerikanischen Umweltschutz-Gruppe Dogwood Alliance Scot Quaranda, wegen der Kosten und Emissionen könnte in den USA und Kanada angebaute, geernete, und tausende von Meilen transportierte Biomasse kein grüner Brennstoff sein.
Drax-Chefin Johnson räumt ein, auf den ersten Blick erscheine es zwar unsinnig, Biomasse zu importieren. Auf der anderen Seite bleibe Biomasse aber die preisgünstigste erneuerbare Energie. Anders als beispielsweise bei Windenergie kämen keine versteckten Kosten dazu. Denn ein Biomasse-Kraftwerk braucht keinen Backup, keine Bereithaltung von Reservekapazität.
Teuer genug ist der Strom mit acht Pfund pro Gigajoule aber immer noch. Er kostet knapp dreimal so viel wie Strom aus Kohle. Für Drax rechnet sich das laut Johnson aber allemal. Denn über die so genannten Renewable Obligation Certificates (ROC) bekommt Drax zusätzlich zum Marktpreis für den Strom noch eine Subvention von 43 Pfund je Megawattstunde (MWh).
Ab 2017, kalkuliert Roland Vetter, Chefanalyst bei CF Partners, einer auf Energie-Investments spezialisierten Gesellschaft, dürfte sich das noch deutlich erhöhen. Denn statt der ROC will die britische Regierung dann die so genannten „Contracts for Difference“ einführen. Die dafür qualifizierten Kraftwerke, zu denen seit jüngstem auch Drax zählt, bekommen danach dann einen garantierten Strompreis von 105 Pfund pro MWh, gut das Doppelte des heutigen Grosshandelspreises.
Selbst wenn der Druck auf die Regierung wächst, künftig Subventionen zu kürzen, hat Dorothy Thomson mit der Umrüstung auf Bio die Zukunft für Drax erfolgreich gesichert. In den Niederlanden, Belgien, Dänemark, Polen und selbst in den USA gibt es zudem inzwischen Drax-Nachfolge-Projekte. Wenn in North Yorkshire weiter alles erfolgreich läuft, kann Drax künftig ausser Strom auch Know-how verkaufen.
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