Effizienz der Solarzellen erhöht sich rasant
Damit sich die deutsche Solarindustrie erholen kann, muss sie günstigere Technologien hervorbringen, die den weltweiten Verfall der Modulpreise kompensieren. Firmen und Institute forcieren daher ihre Arbeit an Solarzellen mit höheren Wirkungsgraden. Auf der Branchenmesse Intersolar Europe in München (19. bis 21. Juni 2013) zeigen sie eine Reihe vielversprechender Weiterentwicklungen.
Kostensenkende Innovationen sind eine unabdingbare Voraussetzung für die deutschen Solarhersteller, um im hart umkämpften Photovoltaikmarkt zu bestehen. Ein neuartiges Modul aus multikristallinem Silizium, das jetzt erstmals auf der Solarmesse Intersolar in München vorgestellt werden wird, gilt als vielversprechender Ansatz: Bei nahezu gleichbleibenden Produktionskosten erreicht es 15,9 % Wirkungsgrad und 265 W Nennleistung – rund 20 % mehr als bisherige multikristalline Solarpaneele.
Herzstück der neuen Technik sind sogenannte Perc-Zellen (Passivated Emitter and Rear Contact). Bei dieser Technik reduziert eine spezielle Beschichtung Stromverluste zwischen dem Halbleiter und den Kontakten an der Zellrückseite. Dadurch wandeln die Zellen Licht mit einer Effizienz von 19,5 % in Strom um und ermöglichen so den Leistungsanstieg bei den Modulen.
Perc-Technik stammt aus den Hamburger Labors von Q-Cells
Entwickelt hat die Perc-Technik der ehemalige Hamburger Solarzellenhersteller Q-Cells, der nach seiner Insolvenz 2012 von der südkoreanischen Hanwha-Gruppe übernommen wurde. Die jetzt unter Hanwha Q Cells firmierende neue Konzerntochter führt die Technik unter dem Namen „Quantum“ derzeit in den Markt ein.
„Damit können wir uns abheben“, sagt Firmensprecher Jochen Endle. Nach wie vor belasten drastische Überkapazitäten die Solarhersteller. Um ihre Fabriken am Laufen zu halten, sind sie zu massiven Preisrabatten gezwungen. Dadurch wiederum rutschen immer mehr Firmen in die roten Zahlen.
Technische Neuerungen könnten ihre Lage mildern. In Standardzellen wird einstrahlendes Licht nie vollständig in Energie umgewandelt, da zum Beispiel ein Teil den Halbleiter ungenutzt passiert. Bei der Perc-Technik wird dieses Licht in die Zelle zurückgespiegelt und steht erneut zur Stromgewinnung zur Verfügung.
Perc-Zellen sorgen für einen Innovationsschub
Perc-Zellen könnten der Anfang einer neuen Innovationswelle in der Photovoltaik sein. Die Bundesregierung pumpt derzeit weitere 50 Mio. € in die Innovationsallianz Photovoltaik, einen Zusammenschluss deutscher Solarhersteller und Anlagenbauer. Auf diese Weise soll die Markteinführung neuer Technologien beschleunigt werden. Seit 2010 sind bereits 100 Mio. € in 26 Forschungsprojekte der Allianz geflossen.
Die Forscher kommen gut voran. Dem Institut für Solarenergieforschung Hameln (ISFH) ist es gelungen, Rückkontaktzellen mit rund 23 % Wirkungsgrad ohne komplizierte Strukturierungsverfahren herzustellen. Bei der Technik werden sämtliche Stromanschlüsse auf die Rückseite verlegt, damit ihre Front nicht verschattet wird. Dafür müssen bei der Rückseitenkontaktierung die elektrischen Anschlüsse beider Pole ineinander verschachtelt werden, um Kurzschlüsse zu vermeiden.
Bisher beherrscht lediglich die US-Firma Sunpower die Technik. Das ISFH habe nun ebenfalls einen Weg gefunden, Rückseitensammler mit vertretbarem Aufwand herzustellen, sagt ISFH-Forscher Jan Schmidt. „Um die Metallisierung zu definieren, wird bei bisherigen Labor-Hochleistungszellen aufwendige Photolithographie verwendet, die für eine industrielle Produktion nicht geeignet ist. Wir setzen stattdessen Laser, also eine industriell gut umsetzbare Methode ein.“
Fortschritte auch bei Dünnschichttechnologie
Auch bei der Dünnschichttechnologie gibt es Fortschritte. Der Reutlinger Anlagenbauer Manz und das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) haben im Rahmen der Innovationsallianz Photovoltaik eine Linie für Module aus Kupfer, Indium, Gallium und Selen (CIGS) mit 14,6 % Wirkungsgrad entwickelt.
Zum Vergleich: Als Manz 2012 die CIGS-Technik von Würth Solar übernahm, startete es mit rund 11 % Effizienz. Gleichzeitig senkten Manz und das ZSW im Projekt CIGSfab die Produktionskosten. Lagen sie 2012 noch bei knapp 1 €/W, können die Paneele laut Manz-Sprecher Axel Bartmann dank besser aufeinander abgestimmter und automatisierter Prozesse heute für 0,5 €/W hergestellt werden – günstiger als kristalline Standardzellen.
Am obersten Ende der Effizienzskala sorgt wiederum das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) in Freiburg für Schlagzeilen. Es erreichte mit einer Stapelzelle 43,6 % Wirkungsgrad und übertraf damit die bisherige Weltrekordzelle der Heilbronner Firma Azur Space Solar Power um 0,3 Prozentpunkte.
Materialtechnische Meisterleistung des ISE
Die Rekordzellen des ISE mittels sogenanntem Wafer Bonding herzustellen, ist eine materialtechnische Meisterleistung. Die Hälften der späteren Zelle werden auf zwei Wafern aufgebaut. Dazu beschichten die Forscher die Unterlage mit verschiedenen halbleitenden Elementen wie Gallium, Arsen, Indium und Phosphor, deren Kombination unter Lichteinfluss Strom fließen lässt. Danach werden die beschichteten Seiten der Wafer wie ein Sandwich aufeinandergepresst, so dass sie sich miteinander verbinden.
Das Wafer Bonding ist eine Spezialität der französischen Firma Soitec, für den Aufbau der Schichten war bei der neuen Weltrekordzelle das ISE zuständig.
Eingesetzt werden die nur fingernagelgroßen Stapelzellen in Konzentratorsystemen. Integrierte Optiken – meist Linsen – sammeln das Sonnenlicht und lenken es, bis zu 1000-fach verstärkt, auf die winzigen Generatoren. Die Kombination von Optik und hocheffizientem Halbleiter nutzt das Licht optimal aus, funktioniert allerdings nur bei klarem Wetter. Geeignete Standorte sind etwa die Sahara und andere Wüstenregionen.
Der große Effizienzsprung könnte bei sämtlichen Zellenkonzepten aber erst noch bevorstehen. Nach fünfjähriger Vorbereitungszeit wird ab diesem Sommer das neue, 19 Mio. € teure Röntgenstrahlrohr Emil (Energy Materials In-situ Laboratory) an den Elektronenbeschleuniger Bessy II in Berlin angeschlossen, das zum Helmholtz-Zentrum Berlin gehört. Mit dem neuen Röntgenstrahlrohr wird es möglich sein, Schichten präzise zu analysieren und Prozesse an deren Oberfläche zu beobachten. „Mit den Erkenntnissen lassen sich Grenzschichten maßschneidern und somit Wirkungsgrade erheblich steigern“, erklärt Helmholtz-Forscher Klaus Lips.
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