Ein Internet-Server im Keller beheizt ein ganzes Haus
Das Internet ist ein weltumspannendes Zusammenspiel von Servern. In gigantischen Hallen sind riesige Serverparks untergebracht, die so viel Wärme erzeugen, dass sie gekühlt werden müssen. Da ist die Idee nicht mehr weit, Server dezentral in Häusern aufzustellen, um sie als Heizung zu nutzen.
Server sind der Motor und das Herz des Internets: Denn jede Webseite mit all ihren Verästelungen und Querverweisen liegt irgendwo in der Welt auf den Festplatten eines Servercomputers. Und jede Suchanfrage beispielsweise beim Marktführer Google verbraucht Strom und verursacht dabei die Emission von Kohlendioxid.
Die Angaben darüber, wie viel Gramm Kohlendioxid die durchschnittliche Google-Suche verursacht, schwanken zwischen 0,2 und 7 Gramm. Dabei stammt die kleinere Zahl von Google und die größere Zahl vom US-amerikanischen Physiker Alex Wissner-Gross von der Harvard University.
Zwitter aus Heizung und Server
Fakt ist: Wie jeder Motor verbrauchen die Serverparks viel Energie und erzeugen jede Menge Abwärme. Die Server müssen aufwendig gekühlt werden, damit die Festplatten nicht heiß laufen. Das Dresdner CleanTech-Unternehmen Cloud & Head Technologies kehrt dieses Prinzip nun um und bietet privaten Hausbesitzern an, ihre Serverschränke als Heizanlage zu verwenden. Und die nutzbare Energie aus solchen Serverschränken ist enorm.
CPU produziert mehr Wärme als eine Herdplatte
So produziert eine CPU der aktuellen Generation mehr Wärme als eine Herdplatte, rechnen die Ingenieure des Dresdner Unternehmens vor. Intels neueste Server-Prozessorgeneration Xeon E5-2600 v4 hat bis zu 7,2 Milliarden Transistoren und 22 Prozessorkerne. Die Thermal Design Power (TDP) dieses in Rechenzentren verbreiteten Prozessortypen gibt Intel mit 145 W an. Die Wärmeleistung beträgt somit 31 W/cm².
„Eine moderne Induktionskochherdplatte hat bei einem Durchmesser von 18 cm und einer Leistung von 2 kW eine Leistungsdichte von 8 W/cm². Beim Vergleich dieser Werte lässt sich festhalten, dass die Leistungsdichte der CPU fast 4-mal so hoch ist wie die der Herdplatte“, so Coud & Head.
Voraussetzung ist Breitbandanbindung
Gemeinsam mit der TU Dresden hat das Unternehmen deshalb Server mit einer Heißwasserkühlung enetwickelt, die die entstehende Abwärme nutzbar macht. Die Serverschränke von Cloud & Heat sind ein Zwitter aus Heizung und Server. Damit die Heizung funktioniert, muss das Gebäude eine Isolierung nach KfW-60-Standard aufweisen. Ein so gedämmtes Haus muss mit einem Primärenergiebedarf von weniger als 60 kWh pro Quadratmeter Gebäudenutzfläche im Jahr auskommen. Damit lassen sich dann ordentliche Brauchwassertemperaturen von 70 Grad Celsius halten.
Eine weitere wichtige Voraussetzung ist eine schnelle Breitbandanbindung ans Netz von mindestens 50 Mbit/s. Damit scheiden viele ländliche Gegenden der Bundesrepublik Deutschland für diese neue Internet-Heizung aus, denn dort ruckelt das Internet oft im Schneckentempo über den Monitor.
Wärme lässt sich nur schwer transportieren
Es war eine simple physikalische Erkenntnis, die als Geburtshelfer der Idee einer Server-Heizung diente: Wärme lässt sich aufgrund der enormen Leitungsverluste nur schwer transportieren, Daten hingegen können sehr gut und ohne jegliche Leitungsverluste über große Entfernungen transportiert werden. Dezentrale Rechenzentren, die Wärme am Standort erzeugen und nutzen, sind die Antwort auf diese simple physikalische Erkenntnis.
100 Server-Heizungen bis Jahresende
„Gegenüber einem klassischen Rechenzentrum können wir beim Bau die Kosten auf etwa 10 Prozent reduzieren. Die Betriebskosten halbieren wir auf unter 50 Prozent“, sagt der kaufmännische Geschäftsführer René Marcel Schretzmann. Damit machen die Dresdner in Fachkreisen schon Furore. Zum zweiten Mal in Folge erhielten sie den Deutschen Rechenzentrumspreis. Jetzt wollen die Pioniere bis zum Jahresende fast 100 Server-Heizungen in privaten Haushalten installieren. Im Frühjahr 2017 sollen bereits 500 Häuser in Deutschland mit einer Server-Heizung ausgestattet sein.
Allerdings bekommen Hausbesitzer die Heizung nicht kostenlos. Fällig sind einmalig 12.000 Euro Anschaffungskosten für den Serverschrank. Die Kosten für den laufenden Betrieb der Server, also die Strom- und die Wartungskosten, übernimmt Cloud & Heat für 15 Jahre. Die Wärme bekommt der Nutzer in dieser Zeit frei Haus aus dem Serverschrank.
Keine schlechte Idee ist übrigens auch der eigene Cloud-Server fürs Wohnzimmer. Der soll besonders sicher sein – und das bisschen Abwärme lässt sich gleich im Zimmer nutzen. Und der neueste Schrei zur Kühlung von Servern? Microsoft versenkt die Server einfach im Meer.
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