Ein Würfel als Lösung: Innovative Fassaden für mehr Solarenergie
Forschende stellen spezielle Solarfassaden vor, die einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten könnten. Denn sie tragen nicht nur zur Stromproduktion bei, sondern sehen dabei auch noch gut aus. Als spielerisch integrierbare Designelemente eröffnen sie zum Teil ganz neue Möglichkeiten.
Wer beim Thema Solarenergie nur an Dachmodule denkt, ist nicht auf aktuellem Stand. Zwar sind die blauen und mittlerweile schwarzen Solarmodule immer noch die gängigste Lösung für Photovoltaik an Gebäuden, aber bei Weitem nicht mehr die einzige. Das ist auch gut so, denn kreative Vorschläge sind gefragt. „Um die Energiewende zu schaffen, müssen wir Architektinnen und Architekten mitnehmen. Allein flächig mit schwarzen Solarpanels behängte Wände wären keine Lösung für einen vielfältigen öffentlichen Raum“, sagt Frank Hülsmeier, Professor am Architektur-Institut Leipzig (ai:L) an der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig (HTWK Leipzig).
Aus seiner Sicht müsse es möglich sein, mit Fassaden und anderen Bauelementen die Sonnenenergie einzufangen und zu nutzen und die Gebäude gleichzeitig abwechslungsreich zu gestalten. Mit zwei Forschungsprojekten legt sein Team den Nachweis vor.
Solardachziegel – eine echte Alternative zu Photovoltaik-Modulen?
Gebäude als Potenzialflächen für Solarenergie
Wie groß das Potenzial gebäudeintegrierter Photovoltaik für die Energiewende ist, zeigen die Zahlen: 6.000 Quadratkilometer Gebäudedächer und doppelt so viel Fassadenfläche ließen sich nach Schätzungen der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Leipzig theoretisch nutzen, um Sonnenenergie zu gewinnen – allein in Deutschland. Dieser Theorie stehen aber verschiedene Faktoren gegenüber. Einer ist die Statik. Denn natürlich sind Bestandsgebäude nicht dafür ausgelegt, zusätzliche Solarmodule zu tragen, was in vielen Fällen eine Installation verhindert. Dünnschicht-Photovoltaik bietet hier zum Teil hilfreiche Ansätze, auch wenn sie weniger effizient sind.
Die Kosten und das Design sind weitere wichtige Punkte. Beide halten eine Aufrüstung von Bestandsgebäuden ohne Frage auf, und es ist nicht abzusehen, wann sich das in einem wesentlichen Maße ändert. Umso wichtiger ist es, Neubauten mit Solaranlagen auszustatten. Die Solarpflicht auf neuen Dächern ist nach wie vor in der Diskussion. Architektinnen und Architekten brauchen daher schnell Lösungen, die trotzdem ein attraktives Design ermöglichen. Die Leipziger Forschenden entwickeln sie kurzerhand selbst.
Solarenergie gewinnen über Sichtbetonfassaden
Mit Solar.con haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einen Weg gefunden, Photovoltaik in Sichtbetonfassaden zu integrieren. Ihnen ist dabei klar: Die Kosten, also die Wirtschaftlichkeit, müssen sie bei ihren Ideen im Blick behalten. Das heißt, das Konzept muss sich in einer Serienproduktion umsetzen lassen. Ihre Grundidee: Die Photovoltaikmodule sollen sich flexibel zur Sonne ausrichten, um die Energie optimal einzufangen. Dabei verwandelt sich die glatte Betonwand in eine dreidimensionale Struktur.
Wirkungsgrad-Rekord: Höchster je gemessener Wert
Praktisch handelt es sich um ein sechseckiges Beton-Modul, in dessen Zentrum das Solarmodul eingelassen ist. Der Vorteil einer solchen gleichseitigen Wabenform besteht darin, dass mit einem Standardelement neben Süd- auch Ost- und Westfassaden umgesetzt werden können: Indem die Solar-Beton-Elemente 60 Grad nach links oder rechts gedreht werden, verändert sich die Orientierung des Solarmoduls. Die Leistung des Moduls erhöht sich dadurch erheblich. Defekte Solarmodule können übrigens problemlos ausgetauscht werden.
Dimension der Solarmodule per Software für Fassaden berechnen
Solar.shell folgt einem anderen Konzept. Hier sind die Solarmodule in die vorgehängte Fassade aus Aluminium-Verbundelementen integriert. Dafür ist mehr gefragt als Handwerk: Ein speziell programmierter Algorithmus berechnet, wie die Solar.shell-Fassade im Detail aussehen muss. Er verarbeitet alle relevanten Informationen, etwa die Gesamtfläche der Fassade, ihren Standort, die Ausrichtung und die Eigenschaften der verwendeten Materialien. Sogar der erwünschte Strombetrag kann eingespeist werden.
Die Software berechnet daraus, wie groß die Einzelelemente sein müssen, um den Platz optimal auszunutzen. Diesen Vorschlag können Architektinnen und Architekten mit ihren Gestaltungsideen erweitern. Nach Angaben der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler liegt der Ertrag solch einer Fassade im Durchschnitt um 33% höher. Im städtischen Umfeld mit höherer Verschattung könne der Vertrag sogar um 55% höher liegen als bei einer herkömmlichen Photovoltaik-Lösung. Die Forschung wird durch das Bundeswirtschaftsministerium gefördert.
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