Wärme aus dem Eis 10.01.2023, 13:54 Uhr

Eisspeicher: Energie, die aus der Kälte kommt

Eisspeicher sind eine Möglichkeit, Wärme zu speichern und sie bei Bedarf mit Hilfe eines Wärmetauschers nutzbar zu machen. Wie genau funktioniert das? Lohnt sich die Anschaffung einer Eisheizung? Hier erfahren Sie es.

Eisspeicher

Blick in das Innere eines Eisspeichers.

Foto: Viessmann

Die Funktionsweise des Eisspeichers ist bereits seit vielen Jahren bekannt, aber erst jetzt kommt sie vermehrt ins Bewusstsein einer breiteren Zielgruppe. Gründe sind sicherlich die explodierenden Energiepreise und ein gewachsenes Bewusstsein für die Nutzung erneuerbarer Energien. Insbesondere in Kombination mit Wärmepumpen und Solarthermie entfalten Eisheizungen ihr volles Potenzial. Dank Latentwärmeprinzip können sie den Wärmebedarf des Winters mit einem relativ kleinen Eisspeichervolumen decken. Wie das funktioniert, wie groß die Speicher sein sollten und für wen sich Eisspeicher besonders eignen, erfahren Sie in diesem Ratgeber.

Was ist eine Eisheizung?

Der namensgebende Teil einer Eisheizung ist ein unterirdischer Eisspeicher, in dem Wasser kontinuierlich gefroren und wieder aufgetaut wird.  Die Speicher werden rund ein bis vier Meter tief in der Erde vergraben, so können sie am besten von den Temperaturunterschieden der Jahreszeiten profitieren. Sie nutzen den Phasenübergang von flüssigem Wasser zu festem Eis und umgekehrt, die sogenannte latente Wärme. Sie zählen daher zu den Latentwärmespeichern.

Die Zisterne, also der Eisspeicher, ist meist aus Beton und nicht isoliert. Von Viessmann gibt es neuerdings jedoch auch Eis-Energiespeicher aus Kunststoff. Im Speicher befinden sich große Spiralen aus Leitungen, in denen eine frostsichere Flüssigkeit zirkuliert. Zu unterscheiden sind hierbei Entzugswärmetauscher und Regenerationswärmetauscher. Die Zisterne selbst ist mit Wasser gefüllt, welches die benötigte Energie liefert.

Diese lässt sich mit Hilfe eines Wärmetauschers in Wärme umwandeln. Die zum Auftauen des Eises benötigte Wärme kommt bestenfalls von einer Solaranlage auf dem Dach. In diesem Fall lässt sich besonders umweltfreundlich Warmwasser, Heizungswärme und sogar Strom erzeugen. Im Sommer kann der Eisspeicher sogar zum Kühlen des Hauses genutzt werden und wird somit zu einer kostenlosen Klimaanlage.

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Wie funktionieren Eisspeicherheizungen?

Während des Betriebs der Eisspeicherheizung entzieht der erste Wärmetauscher dem noch flüssigen Wasser seine Energie und leitet sie an die Wärmepumpe weiter. In dem nun folgenden Verdichtungsprozess verdampft zunächst eine Kältemittel und wird anschließend komprimiert. Die dabei entstehende Wärme kann zum Heizen oder zur Warmwasserbereitung genutzt werden. Im Vergleich zu anderen Energiespeichern ist die Kristallationsenergie beliebig oft nutzbar ohne weitere Verluste.

Der Entzugswärmetauscher entzieht dem Wasser immer mehr von seiner Wärme, bis dieses schließlich gefriert. Nun kommt der Regenerationswärmetauscher ins Spiel. Dieser führt der Zisterne zum Beispiel Wärme aus einem Solar-Luftabsorber oder einer anderen Wärmequelle zu. Das kann auch durch das umgebende Erdreich oder durch Sonneneinstrahlung geschehen, so dass das Eiswasser sich noch schneller erwärmt.

Solar-Luftabsorber sind spezielle Solarkollektoren, durch die Luft zirkuliert, anders als zum Beispiel  Flachkollektoren, durch die eine Wärmeträgerflüssigkeit fließt. Die Solar-Luftabsorber nutzen die Energie aus der Umgebungsluft und die der Sonneneinstrahlung und leiten sie an die Wärmepumpe weiter. Alternativ können sie die Wärme an den Eisspeicher liefern und dort den Regenerationsprozess beschleunigen. Sie können auf dem Dach montiert sein oder auch als Energiezäune auf dem Grundstück installiert werden.

Funktionsweise Eisspeicherheizung

Funktionsweise einer Eisspeicherheizung

Foto: Viessmann

Wieviel latente Energie kann in Eis gespeichert werden?

Wie bereits geschrieben, nutzen Eisspeicherheizungen die latente Wärme beim Übergang des Wassers von flüssig zu fest und umgekehrt. Latent wird es deshalb genannt, weil die Aufnahme oder Abgabe dieser Wärme nicht zu einer Temperaturveränderung führt. Beispiele hierfür sind Verdampfungs-, Schmelz- oder Kristallisationswärme.

Beim Übergang von flüssigem Wasser zu festem Eis bei 0 Grad Celsius wird ungefähr so viel Wärme benötigt wie für die Erwärmung des Schmelzwassers von 0 Grad Celsius auf 80 Grad Celsius. Das liegt daran, dass Wasser eine hohe sogenannte Schmelzenthalpie besitzt. Diese liegt bei 333 kJ/kg. Dividiert man diese durch den spezifische Wärmekapazität von 4,19 kJ/(kg K), kommt man auf 79,5 K.

Das führt dazu, dass pro Kubikmeter Speichervolumen (das entspricht etwa 900 kg) eine Wärmemenge von 300 MJ gespeichert werden kann. In Kilowattstunden umgerechnet sind das 83 kWh. Zum Vergleich: Der typische Heizenergiebedarf eines modernen Gebäudes ab 2000 liegt bei 25 bis 90 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr. Häuser aus den Baujahren 1970 bis 1980 benötigen im unsanierten Zustand hingegen 200 bis 300 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr.

Wie groß muss ein Eisspeicher sein?

Mit den Zahlen aus vorherigem Kapitel lässt sich grob sagen, dass ein etwa 200 Quadratmeter großes Einfamilienhaus mit guter Dämmung an einem kalten Wintertag rund 1,5 Kubikmeter Speichervolumen benötigt, um diesen ohne solare Wärmegewinne zu überbrücken. Scheint die Sonne an einem kalten Tag, sinkt der Bedarf auf rund einen Kubikmeter Eis, da ein Teil der Energie aus den Sonnenkollektoren gewonnen wird. Doch wie groß muss nun ein Eisspeicher sein, um damit einen ganzen Winter überbrücken zu können?

In der Regel sind die Eisspeicher für ein Einfamilienhaus zehn Kubikmeter groß, so der Heizungshersteller Viessmann. Es geht aber auch größer, zum Beispiel 50 oder 100 Kubikmeter. Ein 100 Kubikmeter großer Speicher kann eine Wärmemenge von 100 x 83 KWh speichern, das sind 8.300 Kilowattstunden. Für das erwähnte Haus aus dem Beispiel wäre das in etwa die Hälfte des jährlichen Gesamtwärmeverbrauchs. Es geht aber auch um ein vielfaches größer. Das Freizeitzentrum in Lindlar besitzt eine Eispeicherheizung mit einem Speichervolumen von 1.700 Kubikmeter. Der zylindrische Eisspeicher ist sieben Meter hoch und hat einen Durchmesser von 19 Metern. Im Jahr 2019 war er der größte Eis-Energiespeicher Deutschlands.

In der Regel wird die Kälte des Eisspeichers im Sommer zum Kühlen des Gebäudes genutzt. Dies ist ebenfalls mit zu berücksichtigen, wobei die Heizperiode mit 2.000 Stunden in der Regel doppelt so groß wie die Kühlperiode im Sommer ist. Die beträgt etwa 600 bis 1000 Stunden. Es braucht daher Speicher, die mehr Eis bilden, als im Sommer zum Kühlen benötigt wird. Die fehlende Wärmemenge kann durch Flachdachabsorber, Abwärmenutzung, Regenwasser oder Erdwärme ergänzt werden. Kann der Eisspeicher am Ende des Sommers keine Kälte mehr liefern, stellt insbesondere eine solare Wärmepumpe in Kombination mit Erdwärme eine sinnvolle Ergänzung dar.

Wann lohnt sich ein Eisspeicher?

Vorteilhaft ist es, wenn nicht mit allzu großen Vorlauftemperaturen gearbeitet wird, wie sie zum Beispiel bei Flächenheizungen wie Fußbodenheizungen üblich sind. Hier kann der größte Teil des Wärmebedarfs mit einem Temperaturniveau von 30 Grad Celsius abgedeckt werden. Die Jahresarbeitszahl der Wärmepumpe kann dann bei etwa fünf liegen. Das bedeutet, dass ein jährlicher Wärmeverbrauch von zum Beispiel 15.000 kWh mit 3.000 kWh Strom gedeckt werden könnte. Haben Sie keine Fußbodenheizung, können Sie eventuell bestehende Heizkörper durch größere Modelle ersetzen. Je größer die Heizfläche, desto kleiner kann die Vorlauftemperatur sein.

Sinnvoll ist es auf jeden Fall, einen Teil des für den Betrieb der Wärmepumpe benötigten Stroms mit einer Photovoltaikanlage selbst zu produzieren. Gerade vor dem Hintergrund, dass Strom immer teurer wird und nach wie vor etwas die Hälfte des Stroms aus fossilen Brennstoffen erzeugt wird. Das treibt die Investitionskosten und den Montageaufwand zwar weiter nach oben, doch am Ende steht bei einer Eisspeicherheizung ein umweltfreundliches, im Betrieb kostengünstiges und komfortables Heizsystem.

Generell lohnt sich eine Eisheizung insbesondere für Hausbesitzer, die genügend Grundfläche für den Einbau des Eisspeichers im Garten zur Verfügung haben. In eng bebauten Gebieten ist für den Betonspeicher häufig nicht genügend Platz für dieses zentrale Bauteil. Alle anderen Komponenten lassen sich leicht nachrüsten. Gleichwohl sollte das Haus ein gewisses Dämmniveau besitzen, damit der Betrieb sich lohnt. Außerdem ist eine Eisheizung eine echte Investition – rechnen Sie mit einem fünfstelligen Betrag für die verschiedenen Komponenten und deren Einbau.

Vor- und Nachteile einer Eisheizung auf einen Blick

Sie wissen nun alles über die Funktionsweise von Eisheizungen und wie Eisspeicher dabei helfen, unsere Häuser im Winter zu erwärmen und im Sommer zu kühlen. Abschließend wollen wir Ihnen noch einmal die Vor- und Nachteile der Eispeicherheizung kurz und kompakt darlegen:

Vorteile
  • Nutzung erneuerbarer Energien wie Umgebungs-, Sonnen- und Erdwärme
  • Laufender Betrieb sehr günstig
  • Umweltfreundliches und klimaschonendes Heizsystem
  • Es braucht keine Bau- oder Bohrgenehmigung, Eisspeicher wird nur vier Meter tief versenkt
  • Benötigt lediglich Strom für die Wärmepumpe, ansonsten keine externen Energielieferanten notwendig
  • Kann im Sommer als kostenlose Klimaanlage genutzt werden
  • Das Wärmespeichermedium Wasser ist umweltneutral und trotzdem sehr effektiv. Dadurch stellt auch die Entsorgung des Wärmespeichermediums kein Problem dar.
  • Es braucht keine Wärmedämmung für den Speicher, anders als bei anderen Wärmespeichern.
  • Eisspeicher speziell sind zwar nicht förderfähig, dafür jedoch die auf jeden Fall für eine Eisheizung benötigte Wärmepumpe. Für diese gibt es einen Zuschuss von bis zu 35 Prozent
Nachteile
  • Relativ hohe Anschaffungskosten im fünfstelligen Eurobereich
  • Ausreichend Platz für den Eisspeicher auf dem Grundstück notwendig
  • Für den Betrieb der Wärmepumpe muss in der Regel Strom zugekauft werden
  • Risiko von technischen Problemen, infolge des Aufwands sowie der Komplexität des Gesamtsystems

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Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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