Solarzellen 12.08.2011, 12:08 Uhr

Energiebilanz von Photovoltaik wird immer besser

Zusammen mit anderen erneuerbaren Energien ist die Stromerzeugung aus Solarzellen angetreten, die globale Energiewende einzuleiten. Das verpflichtet nicht nur aus politischen Gründen zu einer einwandfreien Energiebilanz. Diese hat sich in den letzten Jahren deutlich verbessert.

Die reine Öko-Weste hat sich längst auch zu einem Marketinginstrument entwickelt. Karsten Wambach leitet die Sunicon AG, in der die Mutter Solarworld ihre Siliziumaktivitäten bündelt, darunter auch das Recycling von Solarmodulen. Er ist überzeugt: „Zu einem modernen Unternehmen gehört die Darstellung des ökologischen Profils. Wenn die Photovoltaik im internationalen Wettbewerb mit anderen Energietechnologien vergleichbar sein soll, brauchen wir zuverlässige Life-Cycle-Assessments.“

Die liegen mittlerweile vor und die Solarindustrie muss sich keinesfalls verstecken: Im günstigsten Fall amortisiert sich ein Photovoltaiksystem mit Dünnschichtmodulen des amerikanischen Herstellers First Solar energetisch bereits in einem halben Jahr. Auch bei der kristallinen Standardtechnologie hat sich der Kumulierte Energieaufwand (KEA) für die Produktion der Solargeneratoren seit 2000 halbiert.

Die kurz LCA genannte Bilanzierung erfolgt über den ganzen Lebensweg einer Solaranlage einschließlich der vor- und nachgelagerten Prozessstufen, um die ökologischen Auswirkungen beurteilen und vergleichen zu können.

Photovoltaik braucht zuverlässige Life-Cycle-Assessments (LCA)

Claus Beneking ist langjähriger Vorstandsvorsitzender eines deutschen Solarzellenherstellers und jetzt Berater am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE). „Eine LCA hinsichtlich Photovoltaik ist Stand der Wissenschaft und Technik, die in mehreren weltweit verteilten Institutionen seit vielen Jahren erarbeitet und gepflegt wird. Dies ist in Publikationen gut dokumentiert“, tritt er immer wieder geäußerten Vermutungen entgegen, die Solarindustrie sei nicht an aussagefähigen LCA interessiert.

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Er verweist besonders auf die Arbeiten, die dazu beim Energy Research Center of the Netherlands (ECN) im Rahmen des Crystal-Clear-Projektes geleistet wurden. Demnach beträgt die Energierücklaufzeit (Energy Payback Time – EPBT) einer auf dem Dach montierten Photovoltaikanlage unter südeuropäischer Sonne zwischen 1,2 und 1,8 Jahren, in Mitteleuropa liegt sie wenige Monate höher. Der Europäische Photovoltaikindustrieverband EPIA nennt sogar 1,5 Jahre als Maximum.

Abhängig ist das von dem eingesetzten Material der photoaktiven Schichten, der Art der Aufständerung und des Standortes. Neueste Untersuchungen durch Mariska de Wild-Scholten, die sich nach Jahren der Forschung im ECN als LCA-Beraterin selbstständig gemacht hat, zeigen, dass sich die EPBT in Saudi-Arabien noch einmal verkürzt – auf unter ein Jahr für kristalline Standardmodule.

Der Grund dafür ist die solare Einstrahlung. Sie fällt in der Wüstenregion mit jährlich 2000 kWh/m2 rund 20 % höher aus als in Südeuropa und ist doppelt so hoch wie in Deutschland. Und je höher die Einstrahlung, desto kürzer die Energierücklaufzeit.

Die Standortfaktoren auf eine Ökobilanz lassen sich natürlich nicht beeinflussen, wohl aber die Wirkung einzelner Prozessschritte. Schlüsselt man die Gesamtbetrachtung nach einzelnen Komponenten auf, erweist sich zum Beispiel das Material des Absorbers als Spielverderber: Allein ein Jahr beträgt die Energierücklaufzeit des eingesetzten Siliziumwafers – mehr als alle nachfolgenden Produktionsstufen zusammen.

Photovoltaik: Herstellung von Siliziumwafern ist sehr energieintensiv

Die Herstellung der Siliziumwafer ist nämlich sehr energieintensiv. Das Solarsilizium wird in hoher Reinheit in einem langwierigen Verfahren aus Siliziumdioxid – Hauptbestandteil von Sand – gewonnen. Anschließend schmelzen die Hersteller das Silizium in großen Tiegeln oder lassen lange Einkristalle wachsen. Mehrstündiges Sägen der Blöcke und Kristalle zu 5 Zoll großen, quadratischen Wafern schließt den Prozess ab. In diesen Fertigungsschritten seien laut ISE-Berater Beneking auch jetzt noch die größten Einsparpotenziale zu heben.

In welchem Maße diese spezielle Wafertechnologie die Ökobilanz verschlimmert, zeigt sich im Vergleich mit der sogenannten Dünnschichttechnik. Hier wird die Absorberschicht direkt auf ein Glassubstrat aufgebracht. Wafer gibt es nicht und die Zahl der Prozessschritte in der Herstellung der Dünnschichtmodule ist wesentlich geringer. Dementsprechend liegt die EPBT für die marktführenden CdTe-Dünnschichtmo-dule bei rund einem halben  Jahr, für sonnenreiche Standorte sogar noch darunter. Auch andere Dünnschichttechnologien liegen unter einem Jahr EPBT.

Wie sehr sich im Laufe von nicht einmal sechs Jahren die Ökobilanz der Photovoltaik verbessert hat, zeigt ein Blick zurück in das Jahr 2005. Basierend auf einer Studie aus dem Vorjahr verglich damals das Institut für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung (IER) der Uni Stuttgart verschiedene Stromerzeugungstechniken.

Damals lag die energetische Amortisationszeit von den marktfähigen Photovoltaiktechnologien zwischen 26 und 38 Monaten, wobei die mono- und multikristallinen Standardmodule am besten abschnitten. „Allerdings haben wir noch nicht das Recycling der Module einbezogen“, erklärt Mitautor Steffen Wissel vom IER. „Es steckte damals in den Anfängen und es fehlten belastbare Daten.“

Neben der Waferfertigung sieht Wissel vor allem Verbesserungspotenzial im Materialverbrauch, insbesondere auch in der BOS. Hinter der Abkürzung steckt die „Balance-of-System“ – also alle Komponenten der Peripherie, die für das Funktionieren einer Photovoltaikanlage nötig sind. „In der Materialbilanz steht die Photovoltaik, abhängig vom Material, bis zu 40-mal schlechter da als etwa die Windenergie“, fasst Wissel seine Untersuchungsresultate zusammen. Selbst im Vergleich zu fossil betriebenen Großkraftwerken sieht die Photovoltaik in der Materialbilanz schlecht aus.

Der spezifische Eisenverbrauch ist doppelt so hoch, der spezifische Kupferverbrauch gar 35-mal so hoch wie bei einem Braunkohlekraftwerk. „Das liegt an der geringen Energiedichte der solaren Strahlung und die vergleichsweise großen Energiesammlungsflächen der Photovoltaik“, erklärt Wissel. „Das führt zu einem relativ hohen Materialeinsatz an Kupfer, Eisen und Bauxit.“

Im Gegensatz zum Silizium der Solarzelle, dessen Verbrauch seit 2005 um rund ein Drittel gesunken ist, hat sich bei den BOS-Materialien nur wenig getan. Erst allmählich ersetzen Hersteller wie Solarworld das energieintensive Aluminium der Aufständerung durch Kunststoffe.

CO2-Footprint von Photovoltaik hat sich in den letzten sechs Jahren halbiert

EPBT und Materialbilanz sind wichtige Teilaspekte der LCA, aber nicht die einzigen, die Aufschluss über die Umweltverträglichkeit einer Technologie geben. Die Verbesserungen der Ökobilanz der Photovoltaik lassen sich auch am CO2-Footprint ablesen: Er hat sich in den letzten sechs Jahren glatt halbiert.

Nach wie vor bestehen aber Probleme, die am Ökoimage der Solargeneratoren kratzen. Da ist erstens der ökologisch bedenkliche Flächenverbrauch durch photovoltaische Großanlagen. Diese hemmen erheblich die Akzeptanz der Technologie und werden deshalb in Deutschland nicht mehr gefördert.

Zweitens Schwermetalle: Ausgerechnet Cadmium-Tellurid-Generatoren sind die kostengünstigsten und erfolgreichsten Dünnschichtmodule am Markt. Weltmarktführer First Solar beteuert, dass weder bei der Herstellung noch beim Recyceln Cadmium freigesetzt wird, und erklärt auf Anfrage: „Unsere Module unterliegen in keinem Land, dass wir überprüft haben, einem Verkaufs-oder Nutzungsverbot.“

Um den Reigen der Ökoprobleme voll zu machen – es fehlt immer noch an einem großtechnisch und wirtschaftlich machbaren sowie ökologisch sinnvollen Recyclingkonzept für kristalline Module.

Nicht zuletzt hängt die Glaubwürdigkeit einer LCA von der Zuverlässigkeit und Aktualität der eingesetzten Daten ab. Da es an den zuverlässigen Daten in der Photovoltaik haperte, bildete sich 2010 eine Arbeitsgruppe aus Experten der Sunicon, des Produktionsausrüsters Centrotherm und der Uni Stuttgart.

„Wir stellten fest, dass die verwendeten Daten für die Life-Cycle-Assessments teilweise veraltet sind“, sagt Wambach. Erste Erfolge kann die Gruppe vorzeigen: Mittlerweile gibt es Selbstverpflichtungen großer Solarunternehmen, die einschlägigen Datenbanken mit echten Produktionsdaten zu füttern.

Ein Beitrag von:

  • Jörn Iken

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