Energiemanagement: Brauen nach dem Energiespargebot
Es wird für Unternehmen immer wichtiger,den Energie- und Ressourcenverbrauch in Produktionsanlagen zu senken. Denn nur wer die aktuelle EU-Richtlinie zum Energiemanagement von Anlagen erfüllt, kann künftig noch Energie steuerbegünstigt einkaufen. Dies gilt insbesondere für die Getränkeindustrie, wo die Reduzierung des Energiebedarfs mit 20 % beziffert wird.
Noch bis zum 31.12.2012 können Unternehmen des produzierenden Gewerbes ermäßigte Steuersätze für Strom und Heizstoffe erhalten. Nur so lange sind sie beihilferechtlich durch die EU-Kommission genehmigt. Spätestens ab 2013 muss aber jedes Unternehmen ein Energiemanagementsystem gemäß DIN EN:2009–08 16001 einführen, wenn es auch weiterhin von den signifikanten Steuerreduzierungen auf Strom und Brennstoffe profitieren möchte.
Basis für ein Energiemanagementsystem ist, nach übereinstimmender Meinung vieler Experten, ein Prozessleitsystem, mit dem parallel zur Prozesssteuerung auch alle Energiedaten erfasst werden. Dies bringt Transparenz in den Energiebedarf der einzelnen Gewerke, analysiert die Produktionsfahrweise für unterschiedliche Produkte und zeigt Verbesserungspotenzial auf.
Energiemanagement: Gerade Druckluft bietet Ansatz für mehr Energieeffizienz
„Ansatzpunkte für eine effiziente Energienutzung in einer Brauerei liegen in der Verbesserung des Wirkungsgrades der Dampferzeuger, in der Substitution der Brennstoffe durch nachwachsende Rohstoffe und in einer Optimierung der Druckluft- und Kälteerzeugung“, erklärte dazu Michael Sembenotti, Entwicklungsleiter MES für die Prozessindustrie bei ProLeit, Herzogenaurach. Gerade Druckluft gilt als teuerste Energieart, da durchschnittlich nur 5 % bis 10 % der eingesetzten Energie in Arbeit umgesetzt werden. Leckagen in den Druckluftsystemen führen zu unnötigen, periodischen Anläufen der Kompressoren auch in produktionsfreien Zeiten und somit zu weiteren Kosten.
„Wer bereits heute ein Energiemanagementsystem im Einsatz hat, kann damit seine Maßnahmen besonders gut überprüfen”, erklärte Sembenotti weiter. So stecke z. B. im warmen Abwasser einer Brauerei mit einer Bierproduktion von 500 000 hl/a das Potenzial von 270 000 l Heizöl. Dieses Potenzial gelte es zu identifizieren und zu heben. Energieverbrauchsschädlich seien auch kurze Kesselstarts, um den notwendigen Betriebsdruck zu halten oder ungeschicktes Staffeln der Startzeiten in der Produktionsvorbereitung bei Rezepturen mit unterschiedlich hohem Energiebedarf.
Zeitversetzter Schichtbeginn kann Energieverbrauch entzerren
Auch ein zeitversetzter Schichtbeginn kann den Energieverbrauch erheblich entzerren. So ist es z. B. nicht zwingend nötig, dass am Montagmorgen große Verbraucher gleichzeitig eingeschaltet werden. Außerdem sorgen parametrierbare Abschaltbedingungen für die Einhaltung der Gesamtstromaufnahme und für Mindestlaufzeiten und Mindeststandzeiten der Systeme. Auf diese Weise können z. B. Würzekühlung und Tankreinigung gegenüber „unwichtigeren“ Verbrauchern wie Klimaanlagen oder Gärtank-Kühlzonen priorisiert werden.
Kombiniert man die energetischen Analysen mit den Planungsdaten aus den Produktionsplänen, so lassen sich Tageseinsatzpläne mit Laufzeiten, An- und Abfahrzeitpunkten für versorgungstechnische Anlagen und Hilfsbetriebe erstellen. Man erkennt energiekritische Aggregate oder Prozessstufen und kann langfristig die Fahrweise von Prozessen energetisch optimierten.
Auf diese Weise ist es der Tucher-Brauerei in Nürnberg-Fürth gelungen, sowohl den bisher üblichen Verbrauch von 7 l bis 8 l Wasser pro l gebrautes Bier nahezu zu halbieren als auch die Kochzeit der Würze deutlich zu reduzieren. „Insgesamt sanken die Strom- und Gasverbräuche um die Hälfte“, verdeutlichte Gerd Wiegand, Beauftragter für Nachhaltigkeit und Umwelt in der Radeberger Gruppe, zu der auch die Tucher Brauerei gehört.
Durch Langzeitaufzeichnungen von Verbrauchern und Ressourcen sowie durch eine einheitliche Bilanzierung aller Verbraucher im Takt der Energieversorgungsunternehmen lässt sich der Lastgang verstetigen. Die Energieauswertungen von Strom-, Wasser-, Gas- und Wärmeverbrauch werden allen Mitarbeitern zur Verfügung gestellt. So verdeutlicht z. B. die elektrische Energiebilanz der Krostitzer-Brauerei den prozentualen Stromverbrauch der einzelnen Abteilungen und macht sie vergleichbar. Dies fördert den Wettbewerb der Abteilungen untereinander und die Innovationsbereitschaft der Belegschaft.
Operatives Energiemanagement dient auch dazu, das Potenzial in den Köpfen der Mitarbeiter zu erschließen
„Wenn die Daten sichtbar sind, ist es für ein Unternehmen leicht, auch das Potenzial in den Köpfen der Mitarbeiter zu erschließen und die Prozesse so effizient wie möglich zu machen. Auch dies ist ein Teil des operativen Energiemanagements nach DIN 16001, welches das Monitoring der aktuellen Verbräuche, die Auswertung geeigneter Kennzahlen und die Durchführung von Benchmarks vorschreibt“, so Wiegand. Im Vergleich zum Jahr 2004 verbraucht heute die Krostitzer-Brauerei 30 % weniger Strom und Wärme je hl Bier und 15 % weniger Wasser. Gleichzeitig fällt ein Drittel weniger Abwasser an. „Doch das System ist kein Antibiotikum, das von alleine wirkt“, verdeutlichte Wiegand. „Der Manager sitzt immer noch davor und muss handeln.“
Aber auch technisch tut sich einiges. Beispielsweise realisierte die Bergquell-Brauerei Löbau gemeinsam mit Krones, Werk Steinecker, eine Lösung, die die thermische Energie für den Maischbottich komplett von der Wärme aus dem Würzkühler zurückgewinnt. „Durch die installierte Energieschaukel EquiTherm wurde eine Verbrauchsreduzierung von über 30 % ermöglicht“, schilderte Ulrich Walk von Krones. Ausgehend von zehn Suden pro Tag und einer Menge von 150 hl sinke der Energiebedarf beim Dampf um 32 %, bei der elektrischen Energie durch weniger benötigtes Eiswasser um 23 % und bei der Wärmeenergie um 32 %, heißt es dazu vom Unternehmen.
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