Energieverbrauch von Werkzeugmaschinen gesenkt
Um den Energieverbrauch von Werkzeugmaschinen zu senken, bieten sich verschiedene Parameter zur Optimierung an. Wissenschaft und Industrie arbeiten derzeit in unterschiedlichen Forschungsprojekten daran, diese ohne negative Wechselwirkungen zu erreichen. Die vorläufigen Ergebnisse sind vielversprechend.
Während es bei Produkten wie Kühlschränken recht einfach ist, die europäische EUP-Richtlinie (Energy-using-Products) zur Erschließung von Effizienzpotenzialen beim Rohstoff- und Energieverbrauch umzusetzen, ist dies bei der Vielfalt der Werkzeugmaschinen deutlich schwerer. Bei den Maschinen gilt es die geeigneten Stellschrauben zu finden, mit denen ihr Betrieb wirtschaftlicher und wirkungsvoller wird. Prof. Christian Brecher, Institutsleiter am Werkzeugmaschinenlabor (WZL) der RWTH Aachen, formulierte seine Ansätze gegenüber den VDI nachrichten so: „Stellhebel für eine Erhöhung der Energieeffizienz von Werkzeugmaschinen sind Steigerung der Produktivität, Einsatz energieeffizienter Maschinenkomponenten und ein organisatorisch energiebewusster Maschineneinsatz.“
Brecher verwies auf die erheblichen Verbesserungsmöglichkeiten hinsichtlich der Transparenz des Energieverbrauchs von Werkzeugmaschinen und ihrer Komponenten, ihrer Dimensionierung sowie auf den effizienteren Betrieb der Nebenaggregate. „Für eine fundierte Beurteilung der verschiedenen Ansätze und eine anschließende Optimierung des Energieverbrauchs jedoch müssen die Energieflüsse innerhalb der Werkzeugmaschine gemessen und bilanziert werden“, betonte er.
RWTH Aachen forscht zur Effizienzsteigerung von Werkzeugmaschinen
Diese wichtige Teilaufgabe verfolgen die Wissenschaftler des WZL gemeinsam mit verschiedenen Maschinen- und Komponentenherstellern im Rahmen des staatlich geförderten Projekts „EWOTeK – Effizienzsteigerung von Werkzeugmaschinen durch Optimierung der Technologien zum Komponentenbetrieb“. Dazu wurden am Institut in Aachen zwei Demonstratoren aufgebaut – eine Drehmaschine V160 C der Index-Werke und das Bearbeitungszentrum H2000 der Heller Maschinenfabrik.
In der ermittelten Energieverbrauchsaufteilung bestätigten sich die Nebenaggregate für die Kühlschmierstoffversorgung (KSS), Kühlung und Hydraulik als die größten Energieverbraucher. Zusammen zeichnen KSS, Hydraulik, Kühlsystem und Hauptspindel für mehr als zwei Drittel des Energieverbrauchs der betrachteten Werkzeugmaschinen verantwortlich. Auch Potenziale zur Verbrauchsreduzierung wurden dort identifiziert. „Im Bereich der KSS-Versorgung werden z. B. die Anlagen heute auf das bei maximal auftretenden Anforderungen benötigte KSS-Volumen ausgelegt. Während der überwiegenden Zeit mittlerer Anforderungen aber strömt teilweise mehr als die Hälfte des geförderten Kühlschmierstoffs über den Bypass zurück in den Tank“, erläuterte Brecher. Zudem seien die Aggregate für die meisten Anwendungsfälle überdimensioniert.
Im Rahmen des Ewotek-Projekts wurde die konventionelle Lösung mit Bypass-Regelung und Konstantpumpe durch eine drehzahlvariable Hochdruckpumpe ersetzt. Alleine dadurch habe sich laut den Forschern die Leistungsaufnahme der KSS-Hochdruckpumpe um bis zu 45 % reduziert.
Eine weitere Optimierung betraf den hydraulischen Werkstückwechsel, bei dem bislang eine 200-bar-Konstantpumpe zum Einsatz kam. Diese Pumpe fiel beim Demonstrator komplett weg. Stattdessen griffen die Projektentwickler auf eine – für das Werkzeugspannsystem und den Palettenwechsler ohnehin im System vorhandene 60-bar-Pumpe zurück, deren Druck sie bei Bedarf über einen Druckübersetzer (Booster) auf die notwendigen 200 bar verstärken. Dadurch reduzierte sich die Leistungsaufnahme des Hydraulikaggregats um 60 % im Maschinenzustand „fertigungsbereit“. Gleichzeitig verringerte sich der Leck- und Steuerölvolumenstrom um 80 %. „Diese und weitere im Rahmen des Projekts entwickelte Optimierungen können dazu betragen, dass sich die Betriebskosten einer Werkzeugmaschine in Zukunft reduzieren. Der konkrete Wert ist allerdings stark abhängig davon, wo und wie diese Maschine eingesetzt wird“, betonte Brecher.
Vorhandene Komponenten von Werkzeugmaschinen effizienter einsetzen
Hinzu kommt, wie Thomas Dorn – Leiter des Projekts Ewotek – betonte, dass einige Randbedingungen in einer Werkzeugmaschine nicht so einfach veränderbar sind. „Hierzu gehört, dass Komponenten in vielen Fällen größer dimensioniert werden, um allen Anforderungen unserer Kunden Genüge zu leisten, ohne die Varianz in den Maschinenkomponenten ins Unermessliche zu steigern“ erläuterte der Leiter Entwicklung Arbeitseinheiten & Vorschubantriebssysteme bei der Heller Maschinenfabrik, Nürtingen. In Zukunft müsse es aber gelingen, die vorhandenen Komponenten effizienter einzusetzen.
Dafür sei im Rahmen des Ewotek-Projekts im ersten Schritt ermittelt worden, welche Komponenten einer Werkzeugmaschine die Hauptverbraucher in den unproduktiven Betriebszuständen der Maschine sind. „Zudem ist es unser Ziel, an Asynchron-Hauptspindelmotoren den feldbildenden Strom durch geregelte Flussabsenkung an die Erfordernisse der aktuellen Bearbeitungssituation anzupassen. Damit wird erreicht, dass die Hauptspindel weniger Energie verbraucht und damit auch weniger warm wird“, erklärte der Entwicklungsleiter.
Obschon bei den europäischen Werkzeugmaschinen nach Ansicht von Detlev Hagemann die größten energetischen Einspareffekte bereits ausgeschöpft wurden, sieht der Experte vom Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken (VDW), Frankfurt am Main, doch noch weiteres Potenzial zur Steigerung der Energieeffizienz. „Für verbindliche Aussagen müssen wir allerdings die Technologie, die Maschinengröße und den Anwendungsfall detailliert betrachten und bewerten. Alle drei Parameter müssen für den Einzelfall individuell abgeglichen werden“, sagte der Branchenvertreter. Anhand von Umbauten habe man dies im noch bis Mitte 2012 laufenden Ewotek-Projekt exemplarisch ermittelt.
Werkzeugmaschinen haben in puncto Energieeffizienz noch viel Potenzial
Zahlreiche gute Lösungen für energieeffiziente Werkzeugmaschinen sind auch nach Ansicht von Christian Eisele bereits in den vergangenen Jahren entwickelt und umgesetzt worden. Der wissenschaftlichen Mitarbeiter am Institut für Produktionsmanagement, Technologie und Werkzeugmaschinen (PTW) an der TU Darmstadt verdeutlichte: „Am PTW haben wir gezeigt, dass an einer für den Automobilbereich typischen Werkzeugmaschine mehr als 50 % Einsparung möglich ist. Diese Potenziale haben wir durch die gezielte Optimierung einzelner Komponenten der Maschine – wie etwa Antriebskomponenten oder Pumpen – gehoben. Beeindruckend dabei ist, dass sich alle durchgeführten Maßnahmen nach spätestens zwei Jahren amortisieren“, sagte er.
Die Erschließung weiterer Potenziale sei rein technisch gesehen ohne Weiteres möglich. Die Frage sei aber, ob die Investitionen hierfür auch wirtschaftlich vertretbar seien. Fest stehe z. B., dass sich durch die Betriebsweise der Maschine sehr viel Energie einsparen lasse. Dazu zähle auch das Abschalten einzelner Komponenten bei Nichtgebrauch. Allerdings räumte er ein, dass daraus resultierende Temperaturveränderungen in der Maschine bei der Präzisionsbearbeitung zu Ungenauigkeiten führen könnten.
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