Energiewende: Deutsche Erdgasspeicher für Wasserstoff?
Grüner Strom und der daraus hergestellte Wasserstoff sind für ein klimaneutrales Energiesystem von morgen enorm wichtig. Doch eine grundlegende Frage lautet auch: wo kann man den Wasserstoff speichern?
Wasserstoff wird zweifellos eine Schlüsselrolle in der klimaneutralen Zukunft spielen. Deshalb ist die funktionierende Infrastruktur eine wichtige Voraussetzung dafür. Und ein Teil davon sind Zwischenspeicher.
Eignen sich dafür die bisherigen Erdgasspeicher? So wie die Gasleitungen? Wir haben bereits berichtet, dass die meisten deutschen Gasleitungen dafür geeignet sind. Wie sieht es aber mit den vorhandenen Gasspeichern aus?
Kavernenspeicher besonders gut geeignet
Eine Studie von Verbänden der Energiewirtschaft liefert Antwort: Ja, sie eignen sich, allerdings nicht alle. Der Bundesverband Erdgas, Erdöl und Geoenergie e.V. (BVEG), der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches e.V. (DVGW) und die Initiative Energien Speichern e.V. (INES) haben im vergangenen Sommer in einer Zusammenarbeit diese Studie zur techno-ökonomischen Bewertung der Wasserstoffspeicherung in Gasspeichern in Deutschland durchgeführt. Die Ergebnisse der Studie zeigten auf, dass neben der vollständigen Nutzung der vorhandenen Gasspeicherpotenziale voraussichtlich auch der Ausbau von Wasserstoffspeichern notwendig sein wird, um die Energiewende erfolgreich umzusetzen. Doch was versteht man genau unter den vorhandenen Gasspeicherpotenzialen?
Wie Ingo Forstner, Leiter der Abteilung für Speicher & Geothermie beim Bundesverband Erdgas, Erdöl und Geoenergie (BVEG), erklärte, sind Kavernenspeicher aufgrund ihrer großen Hohlräume „besonders gut geeignet“. Unter Kavernen versteht man unterirdische Hohlräume oder Höhlen, die oft in Gesteinsschichten oder Salzformationen vorkommen. Sie können natürlichen Ursprungs sein oder durch den Menschen geschaffen werden. Dabei werden sie häufig zur Speicherung von Gasen verwendet und bieten hiermit eine sichere und effiziente Möglichkeit, große Mengen an Gasen über längere Zeiträume zu lagern.
Bei Porenspeichern hingegen müsste man laut der Studie noch einzeln prüfen, ob sie sich für die Lagerung geeignet sind. Gemäß der Studie können nur vier von sechzehn Porenspeichern für die Wasserstoffspeicherung genutzt werden.
23 Pilotprojekte in einem frühen Projektstadium
Wie die dpa berichtet, ist die Frage der Wasserstoffspeicherung bei den Betreibern der Erdgasspeicher auch ein großes Thema. So seien dem Branchenverband Ines bereits 23 Pilotprojekte bekannt: „Sie befinden sich meist in einem frühen Projektstadium ohne finale Investitionsentscheidung und fassen deutlich kleinere Volumen als für kommerzielle Gasspeicher üblich“, kommentierte der Geschäftsführer der Initiative Energien Speichern (Ines), Sebastian Bleschke.
Ein Pilotprojekt entsteht im brandenburgischen Rüdersdorf bei Berlin unter dem Namen HyCAVmobil und wird von dem Energiekonzern EWE betrieben. Es dauerte drei Monate, um den unterirdischen Hohlraum mit einem Volumen von etwa 500 Kubikmetern zu schaffen. Vorher wurden umfangreiche Dichtheitstests an der Leitung zur Kaverne bis zu einer Tiefe von 1.000 Metern durchgeführt, bei denen das Unternehmen die Dichtheit der Verbindung zwischen dem eingebauten Rohr-in-Rohr-System und dem Gestein erfolgreich nachgewiesen hat.
Der hausgroße Hohlraum befindet sich in einem unterirdischen Salzstock. Diese Steinsalzschicht unter dem Speichergelände in Rüdersdorf, wo EWE bereits zwei große Kavernenspeicher errichtet hat, beginnt in einer Tiefe von etwa 600 Metern und erstreckt sich bis zu einer Tiefe von 3.200 Metern unter der Erdoberfläche.
Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Qualität des Wassergases nach dem Ausstoßen: EWE betont, dass eine nahezu 100-prozentige Reinheit insbesondere für Anwendungen im Bereich Mobilität wichtig ist. Die Erkenntnisse aus dem Betrieb der kleinen Kaverne sollen auf große Kavernen mit dem 1000-fachen Volumen übertragen werden.
Große Kavernen kommerziell nutzen
Bei dem größten Speicherbetreiber Uniper wird an einer Pilotanlage im niedersächsischen Krummhörn gearbeitet. Sie soll 1000 Kubikmeter groß werden. Laut Uniper laufe dort noch das Genehmigungsverfahren. „Die Errichtung dieser Kaverne ist im Laufe dieses Jahres vorgesehen. Wir wollen Ende des Jahres/Anfang nächsten Jahres mit der ersten Befüllung mit Wasserstoff beginnen“, zitiert die dpa Worte von Matthias Schnadwinkel, Projektmanager bei Uniper Energy Storage. Seine Erfahrungen wird Uniper genauso später auf große Speicher übertragen.
Am Speicherstandort Bierwang im bayerischen Unterreit wird zudem untersucht, wie es mit der Eignung von Porenspeichern aussieht.
Im Rahmen des Forschungsprojekts HyStorage wird geplant, ab Juni in drei Phasen verschiedene Gemische aus Methan und Wasserstoff in eine ehemalige Erdgaslagerstätte einzuspeichern und später wieder auszuspeichern.
Der Energiekonzern RWE plant, von Anfang an große Kavernen kommerziell zu nutzen. Dazu sollen bis Ende 2026 ein bestehender Erdgas-Kavernenspeicher und eine bereits ausgespülte Kaverne in Gronau-Epe, Nordrhein-Westfalen, für die Verwendung von Wasserstoff vorbereitet werden. Das Speichervolumen, das von Kunden genutzt werden kann, soll bei 28 Millionen Kubikmetern Wasserstoff liegen. Laut RWE-Sprecher Olaf Winter wird der kommerzielle Betrieb frühestens 2027 möglich sein. In einer zweiten Ausbaustufe könnte die Kapazität später weiter erhöht werden.
„Die Entwicklung unseres Wasserstoffspeichers in Gronau-Epe ist nur ein erster Schritt, dem viele weitere folgen müssen“, erklärte Sopna Sury, RWE-Wasserstoff-Vorständin, auf dpa-Anfrage. „Eine Rund-um-die-Uhr-Belieferung industrieller Abnehmer mit grünem Wasserstoff ist nur mit ausreichend großen Speicherkapazitäten möglich.“
Welche Kapazität ist erforderlich?
Bestehende Gasspeicher können für die Lagerung von etwa 32 Terawattstunden Wasserstoff umgewandelt und genutzt werden. Jedoch ist zur Speicherung ausreichender Energiemengen für die Erreichung der Treibhausgasneutralität der Aufbau zusätzlicher Wasserstoffspeicher mit einer Kapazität von bis zu 41 Terawattstunden erforderlich.
Anhand von den Langfristszenarien des Bundeswirtschaftsministeriums braucht man zur Umsetzung der Energiewende im Zieljahr 2045 Wasserstoffspeicher mit einer Kapazität von 72-74 Terawattstunden. „Unsere Studien haben ergeben, dass aus dem heutigen Bestand an Gasspeichern eine Wasserstoffspeicherkapazität in Höhe von 32 Terawattstunden bereitgestellt werden kann“, kommentierte Ines-Geschäftsführer Bleschke. „Zur Herstellung dieser Kapazität wäre die Umstellung eines Großteils der heutigen Gasspeicher notwendig.“
Doch das reiche noch nicht. Man bräuchte mehr als einer Verdoppelung der heute für Wasserstoff nutzbaren Speicherpotenziale. Dabei wies Bleschke darauf hin, dass in Deutschland bislang kein einziger kommerzieller Wasserstoffspeicher im Betrieb sei.
„Für die Entwicklung umfangreicher neuer Projekte im Bereich Wasserstoff wird also die komplette Wertschöpfungskette in weiten Teilen neu aufgebaut werden müssen.“
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