Erste Solarzelle weltweit aus Getränkeverpackungen entwickelt
19 Partner aus Forschung, Universitäten und Industrie haben sich im Rahmen eines EU-Projektes zusammengefunden. Sie erforschen gemeinsam Innovationen aus Recyclingmaterialien. Nun ist ihnen die erste organische Solarzelle gelungen. Das Recyclingmaterial stammt von Getränkekartons.
Wiederverwertbare Getränkekartons liefern recyceltes Polypropylen (rPP). Das konnten Forschende nun erstmals dafür einsetzen, eine Solarzelle zu fertigen. Sie stammt zur Hälfte aus dem recycelten Material. Der andere Teil besteht aus neuem Polypropylen (vPP). Beides gemischt ergibt die Basis für die weltweit erste organische Solarzelle. Die Partner des EU-Projektes FlexFunktion2Sustain haben sie entwickelt und Ende Juni auf der Conference on Industrial Technologies IndTech 2022 in Grenoble vorgestellt. Federführend bei der Entwicklung waren das Fraunhofer Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung (IVV) und das IPC Centre Technique Industriel de la Plasturgie et des Composites.
Solarzellen: Aluminiumfolie ermöglicht flexible Verschaltung
Die Projektpartner haben es sich zum Ziel gesetzt, kleine und mittlere Unternehmen, Start-ups und die Industrie mit innovativen Konzepten und Ideen zu unterstützen. Im Mittelpunkt stehen dabei Produkte auf Basis von nanofunktionalisierten Kunststoff- und Papieroberflächen und -membranen. Das notwendige Material soll vor allem durch das Recycling von Kunststoffen entstehen. Auch bereits recyceltes Material für Verpackungen soll zum Einsatz kommen. Denn das Ziel lautet: mehr Umweltschutz und weniger Plastikmüll. Ein Ansatz dabei ist, Verbund- und Mehrschichtmaterialien, die nicht rezyklierbar oder abbaubar sind, zu ersetzen. Stattdessen sollen neue Polymerzusammensetzungen auf biologischer Basis, oder die biologisch abbaubar sind, innovative Lösungen ermöglichen.
Organische Solarzelle: Die Hälfte stammt aus Recyclingmaterial
Für die erste organische Solarzelle setzten die Forschenden eine Mischung ein: rPP und vPP. Daraus stellten sie eine Substratfolie für gedruckte Elektronik her. Deren Anteil recycelter Materialien lag bei 50%. Dafür beschichteten Forschende des Fraunhofer Instituts für Organische Elektronik, Elektronenstrahl- und Plasmatechnik eine transparente Elektrode aus Indium-Zinn-Oxid (ITO) mit einem speziellen Verfahren, der Rolle-zu-Rolle(R2R)-Vakuumbeschichtung. Ebenfalls zum Einsatz kam ein besonderes Prinzip der Schichterzeugung, das Magnetron-Sputtern. Dadurch konnten eigens angepasste Prozess- und Wickelparameter aufgetragen werden. Das Ergebnis beeindruckte die Forschenden: Der Schichtwiderstand unterschied sich nicht von anderen Foliensubstraten, die ausschließlich aus neuem Polypropylen bestehen. Der Anteil des recycelten Materials wirkt sich demnach nicht negativ aus.
Die letzten Produktionsschritte der organischen Solarzelle übernahm der Partner Organic Electronics Technologies P.C. (OET) aus Griechenland. Dort erfolgte noch eine R2R-Schlitzdüsen-Beschichtung, danach eine Verkapselung, damit anschließend das organische Material bedruckt werden konnte. Die Tests ergaben einen Wirkungsgrad von 1% der Solarzelle. „Dieser reicht bereits aus, um eine breite Palette von intelligenten Einwegverpackungen mit ausreichend elektrischer Energie zu versorgen. Derzeit können organische Solarzellen auf handelsüblichen Substraten einen Wirkungsgrad von über 8% erreichen. Durch die Verbesserung des gesamten Herstellungsprozesses, einschließlich Folienextrusion, Schichtdesign, Druck und Verkapselung, kann der Wirkungsgrad von organischen Solarzellen, die auf recycelten, zu 50% aus rPP bestehendem Material gedruckt werden, noch um mehr als 5% gesteigert werden“, erklärt Vasileios Kyriazopoulos, Projektleiter bei OET.
Erste organische Solarzelle: Weitere Verbesserungen geplant
Die Forschenden sind sich einig: Sie haben einen ersten großen Schritt gemacht, um die Entwicklung umweltfreundlicherer Produkte und flexible Elektronik voranzutreiben. Ihre Idee könne der Grundstein sein für neue Produkte wie smarte Verpackungen, interaktive Zeitschriften oder neue Consumer Geräte. Denn eine flexible Elektronik wie die organische Solarzelle auf recyceltem Material ermögliche es, dass innovative Produkte umweltfreundlicher mit Strom versorgt würden. Die Projektpartner haben schon die nächsten notwendigen Schritte identifiziert: Sie möchten den sogenannten Extrusionsprozess, das formgebende Verfahren, für die recycelte Folie verbessern. Auch der OPV-Prozess könne hinsichtlich Trocknungstemperaturen und Verkapselung noch modifiziert werden.
Das FlexFunction2Sustain Konsortium besteht aus 19 Partnern, darunter Forschungseinrichtungen, Universitäten und private Unternehmen: Fraunhofer-Gesellschaft (Fraunhofer-Institute FEP, IAP und IVV), Joanneum Research Forschungsgesellschaft mbH, Aristotle University Thessaloniki, Coatema Coating Machinery GmbH, Amor Group GmbH, Geemifo Gesellschaft für Mittelstandsförderung mbH, Organic Electronics Technologies P.C., Sonnenberg Harrison Partners Sarl., BL Nanobiomed P.C., IPC Centre Technique Industriel de la Plasturgie et des Composites, International Iberian Nanotechnology Laboratory INL, Hellenic Organic and Printed Electronics Association HOPE-A, i3 Membrane GmbH, Hueck Folien GmbH, Centro Ricerche Fiat S.c.p.A., Procter & Gamble Service GmbH, MC Shared Services, S.A., Capri Sun GmbH, Amires s.r.o. Das Fraunhofer-Institut für Organische Elektronik, Elektronenstrahl- und Plasmatechnik FEP, Dresden, übernimmt dabei die Projektkoordination.
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