Extremwetter beeinflusst Solar- und Windenergie
Meteorologen und Klimaforscher erwarten in Zukunft eine Zunahme heftiger Wetterereignisse wie Sommergewitter und Winterstürme in Deutschland. Das hat auch Auswirkungen auf den Ausbau von Wind- und Solarenergie.
Deutschlands Sommer werden heißer. Das geht aus meteorologischen Prognosen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) hervor, die auf dem jüngsten Extremwetterkongress in dieser Woche in Hamburg vorgestellt wurden.
Demnach ist vor allem in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts mit einer Zunahme extremer Wetterereignisse und der Verschiebung der saisonalen Niederschlagsverteilung zu rechnen. Das gilt zumindest für den Fall, dass die internationalen Klimaschutzbemühungen nicht zu einer signifikanten Abnahme der weltweiten Treibhausgasemissionen führen sollten.
„Unsere Modelle weisen langfristig auf die Zunahme von Extremwerten in Deutschland hin“, sagte DWD-Vizepräsident Paul Becker auf dem Kongress. „Bis zum Ende des Jahrhunderts ist mit einem Anstieg der Häufigkeit von Winterstürmen um bis zu 50 % zu rechnen.“
Starkregen, der bisher vor allem im Sommer niedergeht, könnte künftig verstärkt im Winter vom Himmel prasseln. „Die Zahl heißer Tage im Sommer wird sich laut der Projektionen bis 2100 verdreifachen“, erklärte Becker gegenüber den VDI nachrichten. Heißer wird es vor allem im Süden der Republik, wo tropenähnliche Wetterzustände an 35 Tagen des Jahres auftreten werden. Im Norden werde es „nur“ 15 solcher Hitzetage geben.
Das bedeute aber keineswegs, dass hierzulande künftig mediterrane Verhältnisse herrschten. Meteorologe Peter Höppe von der Münchener Rückversicherung sieht vielmehr verstärkt Gewitter über Deutschlands Sommerhimmel aufziehen.
Wohngebäudeschäden durch Extremwetter werden zunehmen
„Die Wohngebäudeschäden infolge von sommerlichen Gewittern werden im Zeitraum 2011 bis 2040 im Mittel um 15 % im Vergleich zum Zeitraum 1984 und 2008 zulegen“, prognostizierte er unter Verweis auf eine Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung für die deutsche Versicherungswirtschaft.
Bis 2070 würden die Schäden im Mittel sogar um 47 % zunehmen, so Höppe. Auch diese Projektionen sehen Deutschlands Südwesten als meist gefährdete Region der Republik an. Die Annahmen gehen von einem eher mäßigen weltweiten Klimaschutzengagement und mangelnder Schadensvorbeugung aus.
Die von Höppe referierten Prognosen knüpfen nahtlos an die Entwicklung der Vergangenheit an: „Die Anzahl wetterbedingter Naturkatastrophen in Deutschland hat sich seit 1970 mehr als verdreifacht.“
International lagen die gesamtwirtschaftlichen Schäden aus Naturkatastrophen durch extreme Wetterereignisse 2011 bei 105 Mrd. €, das ist der historisch zweithöchste Wert. In Deutschland bewegten sie sich mit einer dreistelliger Millionensumme zwar deutlich unter vergangenen Höchstwerten, „doch die Anzahl der vielen kleinen Schadensereignisse hat einen neuen Rekord erreicht“, so Höppe – ein Hinweis, dass Extremwetterlagen weiter zunehmen.
Solar- und Windenergie sind anfälliger für Extremwetter-Ereignisse
Diese Erkenntnisse haben Einfluss auf die künftige Energieversorgung in Deutschland. „Der durch die Energiewende verursachte Ausbau regenerativer Energien lässt die Anfälligkeit der Stromversorgung gegenüber extremen Wetterereignissen steigen“, sagte Claudia Kemfert, Leiterin der Abteilung Energie, Klima, Umwelt vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW).
Heiße Sommer sorgen für niedrige Wasserstände der Flüsse und beeinträchtigen neben der Kühlung von Großkraftwerken auch den Transport von Brennstoffen wie Benzin und Kohle, etwa auf dem zentralen Verkehrsweg Rhein.
Auch für die Windenergie könnte die Zunahme von Stürmen, bei denen sich die Anlagen automatisch abschalten, zum Problem werden. Entsprechende Ausfälle hätten angesichts des geplanten Ausbaus auf 80 % regenerativer Energien am Strom-Mix bis 2050 erheblich größere Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit, als das derzeit der Fall wäre, warnte Frau Kemfert.
Allerdings ist laut DWD im Mittel mit einem Anstieg der Windgeschwindigkeiten von 5 % zu rechnen, was die Ausbeute der Anlagen insgesamt eher erhöhen sollte. Dieser Effekt werde vor allem im Norden Deutschlands auftreten.
Ob auch die Solarstromerzeugung wegen der erwarteten wärmeren Sommer ansteigt, ist hingegen fraglich. Denn die steigenden Temperaturen werden mit erhöhter Feuchtigkeit einhergehen, die sich als Wolken vor den Himmel schieben. Genaue Prognosen sind schwierig: „Die Wolkenbildung ist noch die große Unbekannte der Meteorologie“, sagte DWD-Mann Becker. Das ist aber ein entscheidender Faktor für die Leistungsfähigkeit der Solarstromkraftwerke.
Beim Ausbau von Solar- und Windenergie sollten Extremwetter berücksichtigt werden
DIW-Expertin Kemfert fordert, zunehmende Wetterextreme beim Umbau der Energieversorgung zu berücksichtigen: „Um die erhöhte Anfälligkeit gegen Wetterereignisse zu vermindern, brauchen wir neue Reservekraftwerke und eine stärkeren Netzausbau.“ Das seien keine neuen Ideen, sondern „Maßnahmen, die durch die Energiewende ohnehin angestoßen werden müssen.“
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