Fernwärme: Größte Wärmepumpe der Welt heizt 100.000 Dänen ein
Ab Herbst soll die weltgrößte Wärmepumpe Fernwärme für etwa 100.000 Dänen liefern. Die Technik dafür stammt von einem deutschen Unternehmen. Da stellt sich die Frage, warum uns Dänemark in Bezug auf die Wärmewende so weit voraus ist.
Während in Deutschland die Wärmewende gerade einmal wieder etwas nach hinten geschoben wurde, schaffen unsere nördlichen Nachbarn in Dänemark Fakten. In Esbjerg entsteht gerade die größte Wärmepumpe der Welt. Gebaut mit deutscher Technik und so groß, dass damit 100.000 Menschen mit Wärme versorgt werden können. Dafür kann dann ein Kohlekraftwerk abgeschaltet werden.
Dänemark ist uns einige Schritte voraus
Verschläft Deutschland die Wärmewende? Obwohl es in den vergangenen Jahren einen enormen Anstieg an verkauften Wärmepumpen gegeben hat, besteht dennoch weiterhin erhebliches Potenzial für den Ausbau. Im Vergleich zu anderen Ländern liegt Deutschland noch weit zurück. Laut Angaben der europäischen Wärmepumpen-Vereinigung wurden bisher nur etwa sechs Wärmepumpen pro 1.000 Einwohner installiert. Lediglich im Vereinigten Königreich erfolgt der Ausbau noch langsamer. An der Spitze dieser Liste steht Finnland mit etwa 70 Wärmepumpen pro 1.000 Einwohnern.
Auch Dänemark ist uns in der Wärmewende weit voraus. Der Spiegel berichtet, dass bereits über 40 Prozent der dortigen Wärme aus grünen Quellen stammt. Innerhalb von fünf Jahren sollen überhaupt keine Erdgasheizungen mehr in Betrieb sein. Dänemark ist bereits seit Jahren Vorreiter in der Wärmewende und verfolgt dabei ein anderes Konzept. Zum Beispiel sind zwei Drittel der dänischen Haushalte an ein Fernwärmenetz angeschlossen. Zudem setzt das Land auf große grüne Projekte wie in Esbjerg.
Kohlekraftwerk wird abgeschaltet
In Esbjerg, einer Stadt an der Westküste Dänemarks, wurde die größte CO2-basierte Meerwasser-Wärmepumpe der Welt errichtet. Ab Oktober wird diese Wärmepumpe rund 100.000 Menschen in der Region mit Wärme versorgen. Das bisherige Kohlekraftwerk, das diese Aufgabe übernommen hatte, wird dann stillgelegt. Dies bedeutet, dass dank der Großwärmepumpe Tausende Haushalte gleichzeitig auf erneuerbare Wärme umgestellt werden können, ohne dass ein einziger Heizungsaustausch erforderlich ist.
„Wird Gas, Öl und Kohle über einen zentralen Wärmeproduzenten ersetzt, ist das günstiger und geht schneller“, sagt Kenneth Jørgensen, Projektmanager der Wärmepumpe in Esbjerg, gegenüber dem Spiegel. Im besten Fall würden die Verbraucher den Wechsel nur anhand sinkender Preise bemerken.
Motorentechnik „Made in Germany“
Die größte Meerwasser-Wärmepumpe der Welt wird von der Volkswagen-Tochter MAN-Energy Solutions (MAN ES) gebaut. Das Unternehmen mit Sitz in Augsburg entwickelt und produziert außerdem die Turbomaschinen, die das Herzstück der Wärmepumpe darstellen. Obwohl das Unternehmen Erfahrung in der Herstellung von Motoren und Turbomaschinen hat, ist es das erste Mal, dass MAN ES eine Wärmepumpe dieser Größe baut. Doch warum gerade in Dänemark?
„In der Praxis vollzieht sich der Fortschritt der Wärmewende in Deutschland leider noch schleppend“, betonte Uwe Lauber, Vorstandsvorsitzender von MAN ES, gegenüber der Berliner Zeitung. Großwärmepumpen seien eine ideale Technologie für eine effiziente und umweltfreundliche Wärmewende, doch bisher sei dies in Deutschland eher theoretisch.
Warum gibt es solche Projekte nicht in Deutschland?
Ein gemeinsames Projekt zwischen BASF und MAN ES zur Entwicklung einer Großwärmepumpe in Ludwigshafen wurde von Seiten BASF eingestellt. Laut Uwe Lauber konzentriert sich das Unternehmen derzeit auf konkrete Projekte in Dänemark, den USA und Neuseeland, während Deutschland bisher nicht zu den Projektländern zählt, wie er der Berliner Zeitung mitteilte. Dennoch werden Gespräche mit deutschen Stadtwerken und Fernwärmeversorgern geführt.
Bislang sind Holzpelletöfen die am weitesten verbreitete „erneuerbare“ Wärmequelle in deutschen Privathaushalten. Allerdings betont Lauber, dass diese Öfen nicht wirklich umweltfreundlich sind. Es bleibt also noch viel zu tun.
Laut Lauber ist die effizienteste Art zu heizen die Fernwärmeversorgung. Die Technologie, um dies klimaneutral zu realisieren, ist bereits vorhanden. „Jetzt müssen wir sie nur noch nutzen“, so seine Aussage. Deutschland verfügt zwar über eines der größten Fernwärmenetze in Europa und wird als Fernwärmeland angesehen, aber bisher stammen etwa nach Angaben von Lauber 80 Prozent der Wärmequellen aus fossilen Quellen.
Die Großwärmepumpe in Esbjerg leistet 70 Megawatt
Eine herkömmliche Wärmepumpe für ein Einfamilienhaus hat eine Leistung von etwa 0,015 Megawatt, vergleicht Uwe Lauber. Im Gegensatz dazu bietet die Großwärmepumpe in Esbjerg mit 70 Megawatt mehr als das 4600-fache an Leistung. Insgesamt soll das neue Fernwärmekraftwerk zukünftig rund 235 Gigawattstunden (GWh) Wärme für etwa 100.000 Einwohner produzieren. Gleichzeitig lassen sich rund 60.000 Tonnen CO₂ pro Jahr einsparen.
Ein innovatives Hauptmerkmal dieser Wärmepumpe besteht in der Verwendung von toxikologisch unbedenklichem CO₂ als Kältemittel. Laut Lauber war dies für den Fernwärmenetzversorger DIN von entscheidender Bedeutung, da die Wärmequelle der Wärmepumpe das ungeschützte dänische Wattenmeer ist. Durch diese Wahl sind die Auswirkungen auf die Umwelt im Falle eines unwahrscheinlichen Lecks minimal.
Die Energie zapft die Wärmpumpe aus dem Meer. Jede Sekunde werden 4.000 Liter Wasser aus dem Hafenbecken in die Anlage gepumpt, wo ihnen zwei bis drei Grad Wärme entzogen werden. An anderer Stelle wird das abgekühlte Wasser zurückgeleitet und durch die natürlichen Gezeiten abtransportiert, während wärmeres Wasser nachströmt. Dadurch wird sichergestellt, dass die Anlage ökologisch verträglich ist. Schließlich ist das Wattenmeer als UNESCO-Weltnaturerbe streng geschützt.
Dänen verstehen den Streit in Deutschland nicht
In Esbjerg kann man den deutschen Streit um die Wärmewende nicht nachvollziehen. In Dänemark ist es bereits seit 2013 untersagt, neue Öl- und Gasheizungen einzubauen. „Wir reden nicht, wir handeln einfach“, sagt Bürgermeister Rasmussen gegenüber dem Spiegel. „Und wir handeln schnell.“ Vor einem halben Jahr bot die Stadt den Einwohnern per Brief an, sie bei Bedarf und technischer Machbarkeit an das Fernwärmenetz anzuschließen.
Auch in Deutschland wird der Ausbau und die grüne Transformation der Fernwärme angestrebt. Die Bundesregierung plant ein Gesetz, das bis 2030 einen Anteil von 50 Prozent erneuerbaren Energien in der Fernwärme vorsieht. Zusätzlich sollen die Kommunen verpflichtet werden, verbindliche Ausbaupläne zu erstellen, um schnell Klarheit darüber zu schaffen, wo Eigentümer mit einer Anschlussmöglichkeit rechnen können und wo sie sich privat um ihre Heizungsumstellung kümmern müssen. Damit soll ein beschleunigter Fortschritt in Richtung grüner Fernwärme gewährleistet werden.
Ein Beitrag von: