Flexible und effiziente Kraftwerke für fossile Energieträger
Im Zeitalter der erneuerbaren Energien bleiben konventionelle Kraftwerke unverzichtbar. Aber sie müssen flexibler und effizienter werden – so das Fazit einer VDI-Fachtagung in Hamburg.
Nach dem Willen der Bundesregierung soll der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung 2020 bei 35 % liegen und bis 2050 sogar auf 80 % wachsen. Konventionelle Kraftwerke bleiben aber erforderlich, um den Restbedarf zu decken sowie um die Lücken auszugleichen, wenn Windkraft oder Photovoltaik zu wenig Strom liefern.
Allein die Schwankungsbreite der Wetterprognosen kann nach Expertenansicht dazu führen, dass sich die verfügbare Kapazität in Deutschland gegenüber den Planungen in nur 1 h um bis zu 2100 MW bei der Windkraft oder rund 2500 MW aus der Photovoltaik verringern kann. Konventionelle Kraftwerke sind mit herkömmlichen Techniken aber nicht in der Lage, in so kurzer Zeit so viel Strom zur Verfügung zu stellen.
Konventionelle Kraftwerke schließen Lücken bei erneuerbaren Energien
„Wir brauchen Kraftwerke, die schnell und flexibel reagieren können“, sagte Armin Wauschkuhn, der bei EnBW die Projektentwicklung für CCS-Technologien leitet, auf der VDI-Konferenz zu „Konventionellen Kraftwerkstechnologien der nächsten Generation“ in Hamburg. Die konventionellen Stromerzeuger der „übernächsten Generationen“, so Wauschkuhn, müssten sehr effizient arbeiten denn Strom aus fossilen Brennstoffen ließe sich künftig nur noch in der Spitzenzeit kostendeckend verkaufen.
Um diesen Anforderungen zu genügen, sind entlang des gesamten Kraftwerkstrangs neue Technologien erforderlich. Eine zentrale Rolle spielen Brenner und Brennstoff, betonte Verbrennungstechnikspezialist Hellmuth Brüggemann von Alstom Power Systems. Neben einer großen Bandbreite zwischen nutzbarer Minimal- und Volllast müssten künftige Kraftwerke „einen hohen Verbrennungswirkungsgrad bei geringen Emissionen aufweisen“.
Die Stellschrauben sieht Brüggemann vor allem in der Steuerung der Luftzufuhr sowie in der Justierung und dem kombinierten Einsatz unterschiedlich abgestufter Kohlemühlen. Dadurch ließe sich bei Steinkohlekraftwerken die für den reibungslosen Betrieb erforderliche Mindestauslastung von 40 % der Kessellast auf 25 % reduzieren. Denkbar sei auch der Einsatz von Kohle mit geringerem Brennwert. Um aus der Minimallast schnell auf Volllast zu kommen, müssten die Kohlekraftwerke so umgebaut werden, dass sie Biomasse, etwa Holzschnitzel, als Zusatzbrennstoff nutzen können.
Braunkohleverstromung: Mehrere kleine Kraftwerke statt eines großen
Für die Braunkohleverstromung empfiehlt Jens Heynemann vom Kraftwerksbüro bei Vattenfall Europe den Bau kleinerer Kraftwerksblöcke. Er favorisiert den Einsatz von 500-MW-Brennern, an die zwei Dampferzeuger angeschlossen werden. Diese Einheiten könnten dauerhaft bei einer sehr geringen Auslastung arbeiten ihr Verbrauch während der Gesamtlaufzeit sei dann signifikant geringer, als wenn sie zwischen jedem Einsatz ganz heruntergefahren und anschließend wieder neu gestartet werden.
Im Bereich der Gasturbinenkraftwerke hat der US-Hersteller GE mit der Flex Efficiency 50 Combined Cycle Plant eine Anlage auf den Markt gebracht, die den neuen Erfordernissen gerecht werden soll. GE optimierte den bewährten Turbinentyp 9FB, so dass er schneller gestartet werden kann und schon während der Startphase ein ausgewogenes Verbrauch/Leistungsverhältnis erreicht.
Der Hersteller griff dabei auf seine Erfahrungen mit Flugzeugantrieben zurück und rüstete die Turbine so auf, dass sie mit einer deutlich höheren Betriebstemperatur gefahren werden kann. Eine angepasste elektronische Steuerung soll zudem das Zusammenspiel mit der angegliederten Dampfturbine verbessern, die je nach Strombedarf hinzugeschaltet werden kann. Bislang handelt es sich bei GEs Flex Efficiency um ein Konzept, das 2011 entwickelt wurde und in Kürze am neuen Teststandort von GE in Greenville in South Carolina erprobt werden soll.
Auch die Dampfturbinen selbst lassen sich an die neuen Erfordernisse anpassen. Siemens zeigte einen Ansatz, der es ermöglicht, Turbinen mit einer Strangleistung von 700 MW bis 1200 MW überwiegend in Teillast zu fahren.
Bereits Stand der Technik ist ein „Bypass“ für mehrstufige Hochdruck- Dampfturbinen. Frischdampf wird dabei auch über eine zusätzliche Leitung hinter den ersten drei bis fünf Turbinenstufen eingeleitet – die Turbine kann bei gleichem Frischdampfdruck mehr Massenstrom aufnehmen und damit flexibler eingesetzt werden.
Im Normalbetrieb ist die „Schluckfähigkeit“ solcher Turbinen auf eine Teillast von 80 % ausgelegt wird der „Bypass“ geöffnet, kann die Last durch den erhöhten Massenstrom auf 90 % erhöht werden. Weitere zehn Prozentpunkte ließen sich gewinnen, wenn Teile des Speisewassers an den Hochdruck-Vorwärmern vorbeigeführt werden – das „spart“ Frischdampf, der stattdessen zusätzlich in die Turbine eingespeist werden kann. Diese Techniken wurden von Siemens unter anderem bei den jüngsten Kraftwerksprojekten in Yuhuan und Waigaoqioa in China eingesetzt.
Konventionelle Kraftwerke für die deutsche Energiewende nötig
Für die deutsche Energiewende sind diese technischen Entwicklungen nötig. Die europäischen Nachbarn werden wohl nachziehen, lautete die Überzeugung auf der Hamburger Tagung: Die internationale Klimapolitik ließe erwarten, dass erneuerbare Energien weltweit Vorrang bekommen.
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