Flüssigerdgas-Terminals: Ungewisse Zukunft nach dem fossilen Zeitalter
Nach den schwimmenden LNG-Terminals werden stationäre gebaut, die Jahrzehnte in Betrieb bleiben können, auch wenn das fossile Zeitalter zu Ende geht. Sie könnten auf Flüssigwasserstoff und -ammoniak umgestellt werden. Doch das muss schon beim Bau geplant werden, sagen Fraunhofer-Forscher.
Die schwimmenden und stationären Terminals für die Anlandung von flüssigem Erdgas (LNG) werden weit teurer als erwartet. Allein die schwimmenden kosten neuesten Schätzungen aus dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz 6,65 Milliarden Euro, 3,5 Milliarden mehr als anfangs angenommen. Ähnlich dürfte es bei den stationären LNG-Terminals werden. Da wäre es durchaus sinnvoll, sie nach dem Ende des fossilen Zeitalters – wenn es denn kommt – weiternutzen zu können, um grünen Wasserstoff und grünes Ammoniak zu importieren. Dass das gelingt ist keineswegs ausgemacht, hat eine Untersuchung von Forschern des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI) in Karlsruhe im Auftrag der European Climate Foundation (ECF) ergeben.
Völlig andere technische Herausforderungen
Die physikalischen Eigenschaften von flüssigem Wasserstoff und flüssigem Ammoniak erfordern bestimmte technische Herausforderungen. Zudem ist das Know-how über die Umrüstungskosten von LNG-Terminals begrenzt. Vor diesem Hintergrund beleuchtet die Studie des ISI unter dem Titel „Conversion of LNG Terminals for Liquid Hydrogen or Ammonia“ die technische Machbarkeit der Umrüstung von LNG-Terminals unter wirtschaftlichen Aspekten mittels einer Literaturrecherche, die durch ein Dutzend Interviews mit Experten aus Wissenschaft und Industrie ergänzt wurde.
Wasserstoff bereitet die größten Probleme
Ammoniak hat eine höhere Siedetemperatur als LNG. Daher sind die Anforderungen an die thermische Isolation geringer. Doch es ist hoch korrosiv und giftig. Flüssiger Wasserstoff hingegen hat einen noch niedrigeren Siedepunkt als LNG, kann Materialversprödung verursachen und benötigt auf Grund des Explosionsrisikos hohe Sicherheitsvorkehrungen. Auf all diese Risiken sollte bereits beim Bau der stationären Terminals Rücksicht genommen werden, meinen die Fraunhofer-Forscher.
Von Anfang an teurere Stähle
Ein LNG-Terminal besteht aus Lagertank, Kompressoren und Pumpen. Der Tank ist mit Abstand das teuerste Bauteil. Um hohe Neuinvestitionen zu vermeiden, sollte die Umstellung auf Ammoniak oder flüssigen Wasserstoff bereits bei der Planung der Terminals berücksichtigt werden, beispielsweise durch die Verwendung kompatibler Materialien wie spezieller Edelstähle, empfehlen die Wissenschaftler. Sie schätzen, dass sich bei der Umrüstung auf Ammoniak wertmäßig 70 Prozent der Bauteile des LNG-Terminals übernehmen lassen.
Wertmäßig die Hälfte muss ersetzt werden
Bei flüssigem Wasserstoff ist neben der Materialkompatibilität eine zusätzliche thermische Isolierung des Tanks erforderlich oder es muss eine höhere Verdampfungsrate (boil-off) berücksichtigt werden, die den Druck im Tank ansteigen ließe, wenn es keine Gegenmaßnahmen gäbe. Die wirtschaftlichen Auswirkungen sind schwieriger abzuschätzen, da es an Erfahrungen mit Infrastrukturen im industriellen Maßstab fehlt. Durch die hohen Kosten des LNG-Tanks ist jedoch davon auszugehen, dass sich etwa 50 Prozent der ursprünglich in das LNG-Terminal investierten Kosten übertragen lassen, wenn beim Bau des Tanks die Materialverträglichkeit berücksichtigt und ein höherer Boil-off in Kauf genommen wird.
Flexibler Betrieb ist nicht möglich
In einer eventuell kommenden Übergangszeit von fossilen auf saubere Importe ist es nicht möglich, flexibel von einem Energieträger zum anderen zu wechseln. Im Falle von Flüssigwasserstoff führen das Fehlen praktischer Anwendungen im großindustriellen Maßstab – es gibt nur einen einzigen Prototyp eines Importterminals in kleinerem Maßstab im japanischen Kobe – und die geringe oder fehlende Nachfrage beziehungsweise der fehlende Markt für Flüssigwasserstoff zu weiteren Unwägbarkeiten.
Wie sich das Risiko niedrig halten lässt
„Derzeit ist unklar, ob die Terminals mit ihren hohen Investitionskosten in Zukunft weiter nutzbar sind“, sagt Matia Riemer, eine der Autorinnen. „Um dieses Risiko gering zu halten, sollte bereits in der Planungsphase der LNG-Terminals ein Konzept für deren Umstellung auf andere Energieträger erstellt und bei der Material- und Standortwahl berücksichtigt werden.“ Das Zusammenbringen von Industrie, Infrastrukturentwicklern, Wissenschaft, Politik und anderen Beteiligten sei unabdingbar, um sowohl eine langfristige Festlegung auf ausschließlich fossile Importe zu vermeiden als auch die Planungssicherheit für Investoren zu verbessern, da die Anlagen über Jahrzehnte genutzt werden könnten und eine wichtige Rolle im Rahmen des Umbaus des Energiesystems hin zu einer klimaneutralen Zukunft spielten.
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