Wasserstoff 14.03.2022, 15:34 Uhr

Forscher entwickeln Brennstoffzelle fürs Handy

Die Physiker Nicolas Wöhrl und Sebastian Tigges forschen an einem neuen Material, das Brennstoffzellen effizienter machen soll. Wenn die Wissenschaftler aus dem Ruhrgebiet damit Erfolg haben, könnten tragbare elektronische Geräte in Zukunft unabhängig vom Stromnetz werden.

Die Physiker Sebastian Tigges und Nicolas Wöhrl arbeiten daran, Brennstoffzellen sehr viel effizienter zu machen. Foto: Duisburg ist echt / Duisburg Kontor GmbH

Die Physiker Sebastian Tigges und Nicolas Wöhrl arbeiten daran, Brennstoffzellen sehr viel effizienter zu machen.

Foto: Duisburg ist echt / Duisburg Kontor GmbH

Das ist ja fast wie damals in der Schule. Der Physiker Nicolas Wöhrl (48) stülpt einen Plastikbecher über einen Porzellantiegel. Darauf liegen kleine Kügelchen. Schon bald knallt es – und der Becher fliegt in die Luft. „Das Knallgasexperiment“, sagt der Forscher von der Universität Duisburg-Essen, „das kennen Sie ja sicher noch aus dem Chemie-Unterricht.“

Was war passiert? Wöhrl hat Wasserstoff mit Sauerstoff in Kontakt gebracht. Dazu hatte er zunächst den Becher mit Knallgas gefüllt. Die Kügelchen, die er dann darauf gelegt hat, waren mit Platin beschichtet. Das Edelmetall wirkte als Katalysator und löste eine kontrollierte Reaktion aus zwischen dem Wasserstoff und dem Sauerstoff im Knallgas.

Smartphone mithilfe von Wasserstoff aufladen

Durch die Reaktion entstand Wärme, die die Kügelchen aufgeheizt hat. Als die Temperatur hoch genug war, hat sich das Knallgas entzündet und ist explodiert. „Diesem Prinzip folgt auch die Brennstoffzelle: Aus einer Reaktion von Wasserstoff und Sauerstoff entsteht Energie“, erklärt Wöhrl. Und so langsam dämmert dem Besucher, warum Wöhrl zur Begrüßung das Knallgasexperiment vorführt.

Experte ist sicher: „Wasserstoffauto ist in 10 Jahren Normalität“   

Stellenangebote im Bereich Energie & Umwelt

Energie & Umwelt Jobs
Landeshauptstadt Düsseldorf-Firmenlogo
Leitung des städtischen Krematoriums für das Garten-, Friedhofs- und Forstamt Landeshauptstadt Düsseldorf
Düsseldorf Zum Job 
THOST Projektmanagement GmbH-Firmenlogo
Wirtschaftsjurist*in / Ingenieur*in (m/w/d) für Contract & Claimsmanagement in Projektender Energiewende THOST Projektmanagement GmbH
Stuttgart, Mannheim Zum Job 
Elektroenergieversorgung Cottbus GmbH-Firmenlogo
Ingenieur für Energienetzbetrieb (m/w/d) Elektroenergieversorgung Cottbus GmbH
Cottbus Zum Job 
fbw | Fernwärmegesellschaft Baden-Württemberg mbH-Firmenlogo
Elektroingenieur (m/w/d) (Ingenieur für Elektrotechnik, Energie- oder Versorgungstechnik o. ä.) fbw | Fernwärmegesellschaft Baden-Württemberg mbH
Stuttgart Zum Job 
Veltum GmbH-Firmenlogo
Planungsingenieur:in für Versorgungstechnik Heizung, Lüftung, Sanitär Veltum GmbH
Waldeck Zum Job 
Stadtwerke Potsdam GmbH-Firmenlogo
Ingenieur/Techniker/Meister (m/w/d) Elektrische Energietechnik Netzausbau Strom Stadtwerke Potsdam GmbH
Potsdam Zum Job 
RX-WATERTEC GmbH-Firmenlogo
Ingenieur (m/w/d) der Fachrichtung Siedlungswasserwirtschaft RX-WATERTEC GmbH
Karlsruhe Zum Job 
naturenergie netze GmbH-Firmenlogo
Meister / Techniker - Steuerungstechnik (m/w/d) naturenergie netze GmbH
Rheinfelden, Donaueschingen Zum Job 
THOST Projektmanagement GmbH-Firmenlogo
Ingenieur*in (m/w/d) im Projektmanagement Bereich Energietechnik THOST Projektmanagement GmbH
verschiedene Standorte Zum Job 
ESWE Versorgungs AG-Firmenlogo
Asset Management & Transformationsplanung Fernwärmeversorgung (m/w/d) ESWE Versorgungs AG
Wiesbaden Zum Job 
Universität Bayreuth-Firmenlogo
W3-Professur für Technische Thermodynamik und Transportprozesse Universität Bayreuth
Bayreuth Zum Job 
Württembergische Landesbibliothek-Firmenlogo
Master bzw. Dipl.-Ing. (w/m/d) für das technische Gebäudemanagement Württembergische Landesbibliothek
Stuttgart Zum Job 
Wallfahrtsstadt Werl-Firmenlogo
Ingenieur/-in (m/w/d) mit dem Schwerpunkt "Umweltmanagement" (Dipl.-Ing. (FH) bzw. Bachelor) Wallfahrtsstadt Werl
Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung-Firmenlogo
Promovierte*r wissenschaftliche*r Mitarbeiter*in (m/w/d) einer natur- oder ingenieurwissenschaftlichen Fachrichtung Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung
Berlin-Adlershof Zum Job 
Netzgesellschaft Potsdam GmbH-Firmenlogo
Projektingenieur (m/w/d) Energietechnik - Umspannwerke/Hochspannungsfreileitung - Netzgesellschaft Potsdam GmbH
Potsdam Zum Job 
Die Autobahn GmbH des Bundes-Firmenlogo
Spezialistin oder Spezialist Faunistik (w/m/d) für den Bereich Brückenersatzneubau Die Autobahn GmbH des Bundes
Hannover Zum Job 
Stadtwerke München GmbH-Firmenlogo
Vertragsmanager*in Großprojekte Mobilität (m/w/d) Stadtwerke München GmbH
München Zum Job 
naturenergie hochrhein AG-Firmenlogo
Projektentwickler kommunale Energielösungen (m/w/d) naturenergie hochrhein AG
Rheinfelden (Baden) Zum Job 
Stadtwerke Augsburg Energie GmbH-Firmenlogo
TGA-Planer*in / Ingenieur*in / Techniker*in (m/w/d) technische Gebäudeausrüstung Stadtwerke Augsburg Energie GmbH
Augsburg Zum Job 
Berliner Stadtreinigungsbetriebe (BSR)-Firmenlogo
Abteilungsleitung Deponien und Altablagerungen (w/m/d) Berliner Stadtreinigungsbetriebe (BSR)

Weiter geht’s in ein Labor der Universität Duisburg-Essen. Ein „Vorsicht Hochspannung“-Schild warnt Besucher, hier nichts anzufassen. Schläuche und Kabel hängen von der Decke herab. Überall stehen Apparaturen. In dieser Umgebung arbeitet Sebastian Tigges (30), heute Forscher am Max-Planck-Institut für Chemische Energiekonversion in Mülheim an der Ruhr, an einem Projekt, bei dem er ein Material entwickelt, um Brennstoffzellen effizienter zu machen.

Wenn Tigges mit seiner Arbeit Erfolg hat, wäre es denkbar, Smartphones an abgelegenen Orten mit Wasserstoff zu laden. Die Brennstoffzelle wäre dann so etwas wie eine unterwegs nachfüllbare Powerbank für das Handy. „Wie cool wäre das, wenn wir irgendwann ein Smartphone in der Hand hielten, das mit auf unserem Material beruht?“, sagt Tigges, während er von seinem Fenster auf den Duisburger Campus blickt.

Nanotechnologie in der Brennstoffzelle

Tigges setzt bei seiner Arbeit auf Nanotechnologie. Sie gilt als eine der Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts. Unter dem Dach des „Center for Nanointegration Duisburg-Essen“ (CENIDE) ist an der Ruhrgebietsuniversität ein Schwerpunkt für diese Forschung entstanden. Winzige Nanopartikel finden sich heute schon in Lebensmitteln, Verpackungen, Textilien, Düngemitteln, Autozubehör, Kosmetika – und eben auch in Brennstoffzellen.

Tesla: Brief an Elon Musk hat Jahre später Folgen 

In Duisburg bündelt sich das Know-how von mehr als 70 Arbeitsgruppen. Chemiker, Physiker, Ingenieure, Biologen und Mediziner arbeiten zusammen. Ihr Ziel: „nachhaltige Lösungen für die großen gesellschaftlichen Herausforderungen in den Bereichen Energie, Informationstechnologie und Gesundheit“ zu finden, wie es auf der Webseite des CENIDE heißt.

Teil dieses Forschungsnetzwerks ist auch das moderne Forschungsgebäude „NanoEnergieTechnikZentrum“ (NETZ). Dort befindet sich auch das Labor, in dem Sebastian Tigges und Nicolas Wöhrl ihre Arbeit an dem Nanowerkstoff begonnen haben. Und ihre Arbeit ist ein gutes Beispiel dafür, was sich die Forscher an der Universität Duisburg-Essen so alles ausdenken.

„Wir Physiker denken gerne in Problemen“

Initiiert hat das Projekt, das Tigges nun mehr als drei Jahren beschäftigt, der Physiker Nicolas Wöhrl. „Wir Physiker denken gerne in Problemen“, erklärt der Mann mit den langen Haaren, die er zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden hat: „Unsere Gesellschaft hat einen großen Energiehunger, den wir nachhaltig etwa mit Solar oder Wind decken können – aber eben auch mit Brennstoffzellen.“

Wöhrl ist nicht nur in Wissenschaftskreisen bekannt. Auch viele Menschen, die nichts mit der Welt der Forschung zu tun haben, kennen den Mann. Seit Mai 2013 betreibt er zusammen mit seinem Kollegen Reinhard Remfort den Podcast „Methodisch inkorrekt!“. Jede Folge wird von mehr als 80.000 Menschen gehört. Hinzu kommen regelmäßige Auftritte bei Fernsehformaten wie „1, 2 oder 3“, „Galileo“, im WDR-Rundfunk oder im Livestream-Kanal von Rocket Beans TV. Und auch bei populärwissenschaftlichen Vorträgen und Science-Slams ist Wöhrl zu sehen.

Endlich eine Lösung für Wasserstoffspeicherung gefunden

Doch zurück ins Labor. Zurück zum Material, an dem Tigges und Wöhrl forschen, um Brennstoffzellen effizienter zu machen. Und zurück zum Knallgasexperiment, bei dem Energie aus Wasserstoff und Sauerstoff entsteht. „Hier ist die Frage, wie wir diese Reaktion sehr effizient machen können“, erklärt Wöhrl. Platin ist selten und kostet viel, außerdem findet die chemische Reaktion nur bei den Atomen an der Oberfläche statt. Hier kommen in Tigges’ und Wöhrls Forschung die winzig kleinen Nanopartikel zum Einsatz. „Viel Oberfläche, wenig Material“, ist der Ansatz, wie der Physiker erklärt. Diese Idee sei auch nicht neu, schon heute finden sich Nanopartikel in Brennstoffzellen. Dabei gibt es aber mehrere Probleme.

Platin-Partikel auf der Brennstoffzelle

Erstens sei es „sehr zeitaufwendig und teuer“ die Nanopartikel herzustellen und anschließend auf ein Grundmaterial wie Kohlenstoff aufzutragen. Dies geschehe in mehreren komplizierten Arbeitsschritten. „Da war unser erster Gedanke, dass wir das in einem Schritt machen wollten“, sagt Sebastian Tigges. „Wir wollten nur auf einen Knopf drücken und hinten fällt am Ende das Material mit den Platin-Partikeln heraus.“

Das zweite Problem: Heutzutage streut die Industrie die Nanopartikel „wie Puderzucker“ über das Kohlenstoff-Gerüst. „Schlecht ist dabei, dass die Nanopartikel so nicht wirklich gut haften“, sagt Wöhrl. Das führt zu einer begrenzten Lebensdauer der Brennstoffzelle. Mit der Zeit gehen Platin-Partikel verloren, die Brennstoffzelle verliert an Effizienz. „Was wäre also, wenn wir die Nanopartikel besser verankern?“, fragten sich die Forscher. Dabei kam den Physikern ihre erste Idee zugute. Da sie das Kohlenstoff-Gerüst nur in einem Produktionsschritt herstellen, ragen die Platin-Partikel etwas aus dem Gerüst heraus und sind verankert im Kohlenstoff.

Das Werkzeug, das die beiden Forscher dafür nutzen, ist ein Plasma-Reaktor. An ihm zeigen sie, wie ihre Idee in der Praxis funktioniert. Sebastian Tigges klettert in seinem weißen Laborkittel einen Tritt hoch, drückt Schalter, dreht Ventile, kontrolliert Anzeigen. „Wollen wir jetzt zünden?“, fragt er. Nicolas Wöhrl nickt und Tigges startet mit einem Knopfdruck den Prozess.

Gasgemisch im Plasma-Reaktor

Es zischt. Ein Argon-Gasgemisch strömt in den mehr als 300 Grad heißen Plasma-Reaktor. In dem Gas ist alles enthalten – unter anderem Kohlenstoff und Platin. „Das ist sozusagen unser Kuchenteig“, sagt Wöhrl, „den wir in den Ofen geben“. Als „Backform“ dient Silizium, auf der nun die Kohlenstoff-Platin-Struktur entsteht. Und wie bei einem Kuchen geht der Teig in der Kammer auf. Langsam entsteht die Nanostruktur. Sie ähnelt einer zerklüfteten Canyon-Landschaft aus schwarzem Gestein.

Wie ihr Material aussieht, wissen die beiden Physiker nur, weil sie es unter dem Rasterelektronenmikroskop untersucht haben. Mit bloßem Auge ist nichts zu sehen. Die Wände der Kohlenstoffstruktur von Wöhrl und Tigges ragen gerade mal fünf bis zehn Nanometer hoch. Ein Nanometer ist ein Milliardstel eines Meters. Zum Vergleich: Ein menschliches Haar ist etwa 10.000 mal dicker.

Der Plasma-Reaktor. Foto: Duisburg ist echt / Duisburg Kontor GmbH

Der Plasma-Reaktor.

Foto: Duisburg ist echt / Duisburg Kontor GmbH

So simpel wie ein Ofen funktioniert der Plasma-Reaktor im Duisburger Labor aber doch nicht. Im Inneren herrschen extreme Bedingungen. Die Temperatur erinnert dabei noch am ehesten an ein herkömmliches Küchengerät. „Wir müssen vor allem die richtige Umgebung schaffen“, betont Tigges den Fokus ihrer Arbeit.

Der vierte Aggregatszustand

Mit 10 Pascal ist der Druck in der Kammer zum Beispiel circa 10.000 mal niedriger als normal. Das Gasgemisch enthält daher 10.000 mal weniger Moleküle als die Atmosphäre, die wir atmen. Magneten erzeugen elektrische Felder, die das Gas ionisieren und in ein Plasma verwandeln. Nicolas Wöhrl spricht in diesem Zusammenhang von einem „vierten Aggregatszustand“. Fest, flüssig, gasförmig und plasmatisch.

Wer durch ein rundes Bullauge in das Innere der kleinen Kammer blickt, erkennt einen weißlichen Schimmer. Das Zusammenspiel der vielen Gase, die ionisiert werden und miteinander reagieren, sorgt für dieses Leuchten.

Heute hat Sebastian Tigges zwar nur einen Knopf gedrückt. Aber bis zu diesem Moment war es ein langer Weg. Rund 125 Versuche waren nötig, um herauszufinden, wie der Prozess optimal abläuft. Jeder Durchlauf dauerte mehrere Tage. Dann mussten die Forscher nachjustieren, um Schritt für Schritt dem Ziel näher zu kommen. „Das nennen wir ganz lieblos Optimierungsarbeit“, sagt Tigges und lacht. „Als Wissenschaftler muss man auch mal Glück haben“, sagt Wöhrl. „Es hat schnell gut funktioniert.“

Teil des größten Projekts für regenerative Wasserstoffproduktion

Ihre Entdeckung haben die Forscher zum Patent angemeldet. Die Arbeit ist mittlerweile so weit fortgeschritten, dass der Ansatz auch in vielen anderen Bereichen zum Einsatz kommen könnte. Brennstoffzellen könnten so wesentlich effizienter werden und zum Beispiel eben dazu dienen, portable elektronische Geräte wie Smartphones mit Strom zu versorgen – vom Stromnetz wäre man dann beim Aufladen nicht mehr abhängig. Die Erfahrung, welche Wöhrl und Tigges in Ihrer bisherigen Forschung sammeln konnten, verhalf ihnen nun Teil von H2Giga zu werden. Dem zurzeit größten deutschen Leitprojekt für regenerative Wasserstoffproduktion.

Mehr lesen zum Thema Wasserstoff:

Ein Beitrag von:

  • Tobias Appelt

Zu unseren Newslettern anmelden

Das Wichtigste immer im Blick: Mit unseren beiden Newslettern verpassen Sie keine News mehr aus der schönen neuen Technikwelt und erhalten Karrieretipps rund um Jobsuche & Bewerbung. Sie begeistert ein Thema mehr als das andere? Dann wählen Sie einfach Ihren kostenfreien Favoriten.