Forscher gewinnen Wasserstoff erstmals bei normalem Druck und normaler Temperatur
Noch sind es nur wenige Milliliter Wasserstoff in der Minute, die die Forscher um den Rostocker Chemiker Matthias Beller mit ihrem neuen Verfahren gewinnen. Aber der Anfang in ein neues Energiezeitalter scheint geschafft.
Manche vermuten ja, dass Peak-Oil, also der Zeitpunkt der maximalen Ölförderungsmenge, schon 2007 erreicht war. Andere geben der Menschheit noch eine Gnadenfrist und sehen Peak-Oil erst 2037 erreicht. Egal: Sicher ist, dass die Menschheit sich auf längere Sicht einen neuen Energieträger suchen muss. Und da ist Wasserstoff schon länger im Blickpunkt der weltweiten Forschergilde. Denn Wasserstoff ist sauber und universell einsetzbar. Als Energieträger zum Beispiel in Brennstoffzellen zur Gewinnung von elektrischer Energie, entsteht als Abfallprodukt lediglich Wasser. Doch seine Herstellung ist teuer und verbraucht sehr viel Energie.
Noch im sehr frühen Entwicklungsstadium
Eine Internationale Forschergruppe vom Rostocker Leibniz-Institut für Katalyse (LIKAT Rostock) hat nun gemeinsam mit Wissenschaftlern aus dem italienischen Sassari ein völlig neues Verfahren zur Gewinnung von Wasserstoff aus Methan im US-Fachblatt NATURE vorgestellt. Ihr System zur Wasserstofferzeugung arbeitet unter Normaldruck und bei Temperaturen zwischen 65 und 95 Grad Celsius. Allerdings wandelt das Rostocker
System derzeit gerade einmal 4700 Moleküle Methan pro Stunde in den gewünschten Wasserstoff um. Der Prozess ist somit wohl noch Jahre vor einer kommerziellen Nutzung entfernt. Trotzdem ist dieses Rostocker Verfahren ein erster Schritt hin zu der Vision, Wasserstoff als Benzinersatz einzusetzen. Denn dieser als Methanreforming bezeichnete Prozess läuft derzeit nur bei Temperaturen über 200 Grad Celsius und unter dem enormen Druck von 25 bar ab.Ruthenium-Komplex als Katalysator
Die Forschergruppe löste das Problem mit einem Ruthenium-Komplex als Katalysator. „Eine Umwandlung von Methanol in Wasserstoff bei moderaten Bedingungen weist die Möglichkeit auf, den Wasserstoff ganz direkt am Ort des Verbrauchts zu erzeugen“, betont der Chemiker Matthias Beller von LIKAT Rostock. Denn in der Tat ist der Umgang mit Wasserstoff bei hohen Temperaturen unter hohem Druck nicht ungefährlich. Dazu kommt: Durch die fast normalen Bedingungen lässt sich bei der Wasserstoffgewinnung enorm viel an Energie einsparen, weil eben nicht ein hoher Druck und eine hohe Temperatur erzeugt und aufrechterhalten werden müssen.
Kaum Verunreinigung mit dem Brennstoffzellengift Kohlenmonoxid
Das Rostocker Methanreforming bietet noch einen weiteren Vorteil. Der so erzeugte Wasserstoff ist beim Einsatz in einer Brennstoffzelle nahezu frei von Kohlenmonoxid, was bei den bisher vorliegenden Systemen immer wieder als Brennstoffzellengift entsteht. Mit dem Rostocker System sinkt dieser Anteil auf kaum mehr nachweisbare Anteile an Kohlenmonoxid von unter 10 parts per Million. Das ist so gering, dass der so hergestellte Wasserstoff für den Einsatz in der Brennstoffzellentechnik keinerlei Probleme mehr bereitet.
Geschlossener Kreislauf ist CO2-neutral
Matthias Beller sieht noch einen weiteren, sehr großen Vorteil der Rostocker Methanreformierung. Wenn als Ausgangssubstanz Bio-Methanol für die Wasserstofferzeugung eingesetzt wird, entsteht ein CO2-neutraler Prozess. Denn bisher krankt jede Methanreformierung daran, dass immer neben drei Molekülen Wasserstoff auch ein Molekül Kohlendioxid entsteht. Da dieses Kohlendioxid unter Einsatz von regenerativem Wasserstoff wiederum zum Methanol umgewandelt werden kann, schließt sich ein Kreis und der Prozess ist CO2-neutral.
Während die deutsch-italienischen Beziehungen derzeit als eingetrübt gelten müssen, seit SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück auf Fettnapfsuche die beiden italienischen Politiker Beppe Grillo und Silvio Berlusconi als Clowns titulierte, arbeiten die Kollegen in der Wissenschaft bestens zusammen. „Ein Paradebeispiel für eine hocheffiziente Zusammenarbeit“, lobt Beller die gelungene Kooperation mit den Forschern aus dem italienischen Sassari. Geht doch!
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