Fünf europäische Städte gewinnen aus Abfall hochwertiges Methangas
Haushaltsmüll ist kein Abfall, sondern birgt durchaus noch Werte. Das demonstrieren fünf europäische Städte im Gemeinschaftsprojekt Urban Biogas. Sie erzeugen aus Müll Biogas, das dann zu Biomethan aufbereitet ins Erdgasnetz eingespeist wird.
Mit Müll nicht nur Geld verdienen, sondern gleichzeitig auch noch das Klima entlasten: Das sind die wichtigsten Effekte dieses Modellprojektes, das die Gasproduktion aus Müll in der Realität erproben will. „Die Biogasproduktion aus Abfällen hat das Potenzial, zur Erreichung der europäischen Ziele hinsichtlich erneuerbarer Energien und Abfallreduktion beizutragen“, sagt Ingenieur Uwe Hoffstede, Gruppenleiter Biogasanlagentechnologie am Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES) in Kassel.
Biogas wird als Biomethan ins Erdgasverteilnetz eingespeist
Im Programm „Abfall zu Biomethan“, das von der Organisation Urban Biogas gefördert wird, geht es darum, das aus Abfall gewonnene Gas auf die Qualitätsstufe Biomethan zu heben, das hochwertige Gas ins kommunale Netz einzuspeisen und die Nutzung des Biomethans als Treibstoff zu erproben. Fünf mittelgroße Städte in Europa haben sich seit Mai 2011 an den Arbeiten beteiligt: Abrantes in Portugal, Rzeszow in Polen, Graz in Österreich, Valmiera in Lettland und Zagreb in Kroatien. Besonders spannend an dem Projekt: Die Voraussetzungen der Städte sind völlig unterschiedlich. Das beginnt bei der Einstellung der Menschen zum Trennen von Müll und endet mit den technischen Voraussetzungen.
Beteiligte Städte haben schon viel erreicht
In Rzeszow zum Beispiel ist die Biogas-Erzeugung mittlerweile weit fortgeschritten. Polen zählt sechs landwirtschaftliche Biogas-Werke, 78 Werke, die aus Deponien Biogas gewinnen, und jeweils 73 Anlagen für die Erzeugung von Biogas aus Klärschlamm und industriellen Abfällen. Allerdings wird bisher kein Biomethan gewonnen und auch kein Hausmüll zu Biogas verarbeitet.
Auch im österreichischen Graz sind die Voraussetzungen gut. Die Region verfügt gegenwärtig über 344 Biogas-Anlagen. Der größte Teil des Haushaltsmülls der Steiermark wird derzeit zu Kompost und Düngemitteln aufgearbeitet. Aus dem verbleibenden Müll wird in 15 Anlagen Biogas gewonnen. Aus den jährlich anfallenden 88.000 Tonnen organischer Abfälle aus der gesamten Steiermark ließen sich etwa 20 Millionen Kubikmeter Biogas gewinnen, wird derzeit geschätzt.
Umweltbewusstsein der Bürger in Valmiera ist ausbaufähig
Die lettische Stadt Valmiera mit ihren rund 27.000 Einwohnern verfügt zwar über ein modernes Müllmanagement. Dennoch werden immer noch 80 Prozent des Hausmülls auf Deponien gebracht. Der Rest wird teils recycelt, teils kompostiert und teils auch zwischengelagert. Dass hier bisher nicht mehr getan wird, erklärt Valmiera im wesentlichen mit den niedrigen Einkommen und dem geringen Umweltbewusstsein vieler Bürger. Außerdem fehlt es an den gesetzlichen und administrativen Grundlagen. Vorgesehen sind aber doch Biogas-Anlagen, aus denen im wesentlichen Kraftfahrzeug-Treibstoff gewonnen werden soll.
Mit 800.000 Einwohnern ist Zagreb die größte der an dem Urban-Biogas-Projekt beteiligten Städte. Jährlich fallen rund 350.000 Tonnen Hausmüll an, von denen der größte Teil in Deponien gebracht wird. Derzeit wird eine Biogas-Anlage geplant, die jährlich 20.000 Tonnen Hausmüll verarbeiten soll. In einer zweiten Ausbaustufe soll die Kapazität auf 60.000 Tonnen ausgeweitet werden.
Im portugiesischen Abrantes werden organische Abfälle der 39.325 Einwohner bisher nicht gesondert gesammelt. Bislang werden lediglich Papier und Pappe, Flaschen und Metall sowie Packmaterial für das Recycling gesondert eingesammelt. Der gesamte übrige Hausmüll wird teils verbrannt, teils auf Deponien gebracht. Die Notwendigkeit eines modernen Müll-Managements wird anerkannt. Eine besondere Herausforderung ist dabei die große Hitze im Sommer. Von einer nennenswerten Biogas-Erzeugung kann in Abrantes noch nicht gesprochen werden.
Anteil der Bioabfälle auf Deponien soll um 35 Prozent sinken
Ziel aller Städte ist es, die Ablagerung biologisch abbaubarer Abfälle auf Deponien in den nächsten fünf bis zehn Jahren um 35 Prozent zu reduzieren. Das schont nicht nur den knappen Deponieraum, zugleich entsteht bei den Städten bei steigenden Gaspreisen eine immer wertvollere Energiequelle. Die bislang niedrigen Gaspreise sind auch der Grund dafür, dass die Erzeugung von Biogas aus Nassabfällen noch kaum verbreitet ist.
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