Fußgänger können mit jedem Schritt Strom und Daten erzeugen
Nein, man bekommt keinen geflitscht, wenn man auf die Bodenplatten der Londoner Firma Pavegen tritt. Aber jeder Schritt auf so eine Platte erzeugt Strom. Nach 129 Prototypen haben die britischen Ingenieure ihr Produkt nun massiv verbessert. Lockmittel für Investoren: Die Bodenplatten sammeln auch Daten.
Bei der EM in Frankreich wären die Bodenplatten von Pavegen wohl gut eingesetzt. Jede Mannschaft läuft schließlich pro Spiel mehr als 100 km. Würde man die dreieckigen Platten unter dem Rasen verlegen, könnten die Spieler damit eine Menge Strom erzeugen. Gut, für die Flutlichter im Stadion würde es nicht reichen, weil bei jedem Fußabdruck nur fünf Wattsekunden entstehen – aber immerhin schafft das neue Produkt der Londoner Ingenieure um Erfinder Laurence Kemball Cook die zweihundertfache Leistung gegenüber dem allerersten Modell aus dem Jahr 2009.
Druck auf Generator erzeugt Strom
Damals hatte der junge Industriedesigner Cook rechteckige Platten entwickelt, die einen Generator in der Mitte hatten. Die Energie aus dem entstehenden Druck wird in Strom umgewandelt und in ein lokales Netz gespeist. 129 Prototypen hat das Unternehmen inzwischen nach eigenen Angaben entwickelt, jetzt kommt die dritte Generation auf den Markt.
Sie ist dreieckig und mit drei statt nur einem Generator ausgestattet. Musste der Fußgänger die Platte früher genau in der Mitte erwischen, so reicht heute auch ein Randtreffer. Außerdem hat die Firma eine besonders effiziente LED-Technik dafür entwickelt, die stolze 90 Prozent der eingesetzten Energie in Licht verwandeln soll.
Der Fußboden wird smart
Die Technik ist aber nicht nur effizienter geworden, sondern auch vielseitiger. Zu Beginn zielte Pavegen vor allem darauf ab, Gegenden mit instabiler Stromversorgung oder ganz ohne Netz zu beleuchten. Vor allem Fußballplätze in Armenvierteln Brasiliens oder Nigerias erhielten auf diese Weise ein wenig Licht. „Wir richten unseren Fokus nicht mehr nur auf kinetische Energie, sondern auf den smarten Fußboden und das Geschäft mit Daten“, sagt Cook.
Die Platten registrieren jede Bewegung und können so beispielsweise aufzeichnen, wie Kunden sich in einem Geschäft bewegen, wo sie am häufigsten abbiegen oder am längsten verweilen. Mit dieser Technik, die neben dem Fußabdruck auch die Messung der Wärmeverteilung nutzt, will Pavegen nach mehr als sechs Jahren Entwicklung nun offenbar den kommerziellen Erfolg erzielen, der bislang noch ausblieb.
Das Team des Unternehmens ist auf 40 Personen gewachsen, rund 1.500 Investoren haben mehr als zwei Millionen Euro in das Projekt gesteckt – so langsam muss es sich wohl bezahlt machen.
Mehr Sicherheit für Fußgänger
Die Firma hat zwar nach eigenen Angaben bereits mehr als 100 Projekte in aller Welt realisiert, oft aber nur temporäre wie im Zieleinlauf des Marathons in Paris. Fest installiert sind die Bodenplatten bislang neben gesponserten Fußballplätzen auf einigen Bahnhöfen, am Flughafen London-Heathrow und im berühmten Kaufhaus Harrod’s. Die Datensammlung soll nun weitere Kundenkreise erschließen. Pavegen wirbt damit, dass die Platten überall unsichtbar verlegt werden und auf das Corporate Design eines jeden Kunden angepasst werden können.
So ganz aufs kommerzielle Geschäft verlegen will sich Cook aber nicht: „Die durch Pavegen erzeugte Energie kann nicht nur für Werbekampagnen dienen, sie kann auch Sicherheit verbessern, indem Wege beim Gehen beleuchtet werden.“ Der erste Ort, an dem die neue Generation stromerzeugender Bodenplatten verlegt wird, ist aber dann doch ein Einkaufszentrum: Westfield London, das mit fast 400 Geschäften größte Shoppingcenter Europas.
Ein Beitrag von: