Gazprom baut weitere Gasleitungen für Nord-Stream in der Ostsee
Der russische Energiekonzern Gazprom will die Nord-Stream-Gasleitungen in der Ostsee mit zwei weiteren Strängen ausbauen. Für die Versorgung Westeuropas scheinen sie eher überflüssig zu sein. Ein rein politisches Manöver? Dagegen spricht die Beteiligung des größten deutschen Versorgers E.On.
Mitten in der politischen Eiszeit zwischen Russland und der EU sorgt die Ankündigung von Gazprom für Erstaunen, die Kapazitäten für Gaslieferungen durch die Ostsee deutlich zu erhöhen. Zwei weitere Stränge der Nord-Stream-Pipeline sollen gebaut werden, kündigte der russische Konzern an. Man könnte das für ein folgenloses Manöver halten, wenn nicht unter anderem Shell und auch E.On bei dem Projekt mitspielten. Zwar haben die Unternehmen jetzt in Sankt Petersburg nicht mehr als eine Absichtserklärung unterzeichnet, aber die bloßen Beteiligungen des niederländisch-britischen Konzerns und des größten deutschen Energieversorgers machen doch hellhörig.
Nord Stream 2: Gas als Waffe? Warum das Projekt neuen Streit bringen wird
E.On-Vorstandsmitglied Klaus Schäfer sagte bei der Unterzeichnung des Memorandums in Sankt Petersburg, die bisher schon bestehenden zwei Nord-Stream-Leitungen durch die Ostsee hätten bewiesen, dass der Transport von Gas auf diesem Wege wirtschaftlich, technisch und ökologisch sinnvoll sei. Nach der Vereinbarung sollen nun weitere Kapazitäten von 55 Milliarden cbm pro Jahr entstehen.
Gazprom will Marktanteil in Europa erhöhen
Die Frage ist nur, ob zusätzliche Kapazitäten überhaupt notwendig sind. Die Süddeutsche Zeitung jedenfalls berichtet unter Berufung auf inoffizielle Angaben, dass schon die bestehenden Leitungen nur zu drei Vierteln ausgelastet seien. Klar ist, dass Gazprom seinen Anteil auf dem europäischen Markt weiter erhöhen will – der nach aktuellen Angaben des Unternehmens schon bei 30 % liegt. Die EU dagegen will ihre Abhängigkeit von russischem Gas eigentlich reduzieren, schon um Präsident Wladimir Putin ein Druckmittel im Ukraine-Streit zu nehmen.
Gazprom-Chef Alexej Miller dagegen sieht das Projekt als einen wichtigen Beitrag zur Sicherheit der Energieversorgung in Europa und spricht davon, dass dies unter neuen Verträgen erreicht werden solle. Wer will, kann hinter diesem Hinweis eine zarte Erinnerung an die Drohung Russlands im Ukraine-Konflikt sehen, die Gaspreise für die EU-Staaten deutlich zu erhöhen.
Alternativen zu russischem Gas
Zu technischen Details oder auch zum genauen Zeitplan machen die beteiligten Unternehmen keine Angaben. Zugleich verfolgt Russland weiterhin das Ziel, eine südeuropäische Pipeline zu bauen, die vor allem durch türkisches Gebiet führen und die Ukraine als Transitland umgehen soll. Die EU bekämpft dieses Projekt, weil es die Position der Ukraine gegenüber Russland weiter schwächen könnte.
Die EU-Regierungen und gerade Deutschland dürften auch die Ostsee-Pläne kritisch sehen. Energieexperten gehen ohnehin davon aus, dass der Bedarf an Erdgas aus Russland in Zukunft eher sinken wird. Zum einen sind die USA als einer der größten Verbraucher der Welt durch Fracking weitgehend unabhängig von Importen geworden, sodass andere Lieferanten freie Kapazitäten haben. Zum anderen steigt die Stromproduktion aus Erneuerbaren Energien so massiv an, dass ein nicht unwesentlicher Teil des Bedarfs aus überschüssigem Strom gedeckt werden könnte, der über Power-to-gas-Technologie Ersatzressourcen wie Wasserstoff und Methan erzeugt.
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