Windenergieforschung 29.10.2020, 07:00 Uhr

Geheimnis auf der Spur: Forscher erschaffen erstmals einen Sturm

Einem Forscherteam an der Universität Oldenburg ist es gelungen, sich dem Geheimnis anzunähern, das Sturmböen so unberechenbar macht. Sie konnten das physikalische Rätsel, das dahinter steckt, zwar nicht lösen, aber sie haben es, vereinfacht gesagt, erstmals kopiert.

Professor vor Rotoren

Joachim Peinke hat mit den vier Rotoren des Windkanals innovative Experimente durchgeführt.

Foto: Mohssen Assanimoghaddam/Universität Oldenburg

Es gibt wenige Phänomene, die so unberechenbar sind wie Wind. Denn selbst ein starker Sturm fegt nicht gleichmäßig über die Landschaft hinweg. In ihm wüten Böen, die viel zerstören können. Es ist jedoch nicht möglich, vorherzusagen, wie und wo sie Schäden verursachen. Das lässt sich gut an einem Wald ablesen, in dem zahlreiche Bäume entwurzelt sind – der Wind schlägt regelrechte Schneisen in den Wald, die aber meist schmal sind. Die Bäume links und rechts davon bleiben unbehelligt. Einem Forscherteam der Universität Oldenburg und der französischen Université de Lyon ist es jetzt erstmals gelungen, solche Sturmböen im Windkanal künstlich zu erschaffen. Damit haben sie eine wichtige Grundlage geschaffen, um Windkraftanlagen oder Gebäude besser auf die Kräfte der Natur abstimmen zu können.

Sturmböen sind unberechenbar

Windböen sind in der Sprache der Physiker nichts anderes als lokale Turbulenzen. Es ist bekannt, dass sie aus großräumigen atmosphärischen Strömungen entstehen, doch die genauen Mechanismen sind nicht klar. Den Forschern ist es aber zumindest gelungen, quasi ein Stück aus dem Sturm herauszutrennen. „Unsere experimentelle Entdeckung macht unseren Windkanal zum Vorbild für eine neue Generation solcher Anlagen, in denen zum Beispiel die Auswirkungen von Turbulenzen auf Windenergieanlagen realistisch erforscht werden können“, sagt Joachim Peinke, der als Physiker am Zentrum für Windenergieforschung (ForWind) an der Universität Oldenburg arbeitet.

Zukunft Windenergie

Zum Hintergrund: Das Geheimnis für das Ausmaß von Turbulenzen verbirgt sich in der sogenannten Reynolds-Zahl. Diese physikalische Größe beschreibt das Verhältnis von Bewegungsenergie und bremsenden Reibungskräften, die in einem Medium herrschen. Das lässt sich folgendermaßen herunterbrechen: Je größer diese Reynolds-Zahl ist, desto turbulenter ist eine Strömung. Eigenartigerweise treten Extremereignisse wie plötzliche Sturmböen umso häufiger auf, je kleiner die Größenskala ist, auf der man die Turbulenz betrachtet. Praktisch heißt das, dass in einem starken Sturm Böen stärker auf eine Fliege einwirken als beispielsweise auf ein Flugzeug. Dafür haben selbst die klügsten Köpfe der Welt noch keine Erklärung gefunden. Die physikalischen Gleichungen, die Strömungen von Flüssigkeiten und Gasen beschreiben, sind für den Fall der Turbulenz bislang ungelöst. Dieses Rätsel ist eines der berühmten Millennium-Probleme der Mathematik – das Clay Mathematics Institute in den USA hat für die Lösung dieser Aufgaben jeweils eine Million Dollar als Preis ausgesetzt.

Stellenangebote im Bereich Energie & Umwelt

Energie & Umwelt Jobs
Harz Guss Zorge GmbH-Firmenlogo
Energie- und Umweltmanager (w/m/d) Harz Guss Zorge GmbH
BG ETEM-Firmenlogo
Ingenieur/in (m/w/d) als Referent/in für die Branche Feinmechanik BG ETEM
Profil Institut für Stoffwechselforschung GmbH-Firmenlogo
Head Site Management (w/m/d) Profil Institut für Stoffwechselforschung GmbH
Stadtwerke Bayreuth Holding GmbH-Firmenlogo
Referent Kommunale Wärmeplanung (m/w/d) Stadtwerke Bayreuth Holding GmbH
Bayreuth Zum Job 
Hochschule Angewandte Wissenschaften München-Firmenlogo
Wissenschaftliche Mitarbeiterin oder Wissenschaftlicher Mitarbeiter zum Thema "Wärmepumpe für die Brennwertnutzung in Biomasseheizsystemen" (m/w/d) Hochschule Angewandte Wissenschaften München
München Zum Job 
SCORE GmbH-Firmenlogo
Projektingenieur (m/w/d) SCORE GmbH
Stadtwerke Essen AG-Firmenlogo
Projektmanager (gn) Geschäftsfeldentwicklung, EDL Stadtwerke Essen AG
Die Autobahn GmbH des Bundes-Firmenlogo
Abfallexperte (w/m/d) im Bereich Planung und Bau Die Autobahn GmbH des Bundes
Stadtwerke Essen AG-Firmenlogo
Ingenieur (gn) für Wärmepumpenanlagen und Stadtwärmenetze Stadtwerke Essen AG
Energie und Wasser Potsdam GmbH-Firmenlogo
Energy-Analyst (m/w/d) Energie und Wasser Potsdam GmbH
Potsdam Zum Job 
Energieversorgung Halle Netz GmbH über Jacobi consulting GmbH-Firmenlogo
Leiter Netzbetrieb Gas (m/w/d) Energieversorgung Halle Netz GmbH über Jacobi consulting GmbH
Bayerisches Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr-Firmenlogo
Traineeprogramm - Bachelor Fachrichtung Maschinenbau / Energie- und Gebäudetechnik (m/w/d) Bayerisches Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr
bayernweit Zum Job 
Bayerisches Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr-Firmenlogo
Traineeprogramm - Bachelor Fachrichtung Maschinenbau / Energie- und Gebäudetechnik (m/w/d) Bayerisches Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr
Stadtwerke München GmbH-Firmenlogo
Vertragsmanager*in Großprojekte Mobilität (m/w/d) Stadtwerke München GmbH
München Zum Job 
GELSENWASSER AG-Firmenlogo
Ingenieur*in Trinkwasser GELSENWASSER AG
Gelsenkirchen Zum Job 
Stadtwerke Esslingen am Neckar GmbH & Co. KG-Firmenlogo
Fachkraft für Nah- und Fernwärme-Hausanschlüsse (m/w/d) Stadtwerke Esslingen am Neckar GmbH & Co. KG
Esslingen am Neckar Zum Job 
Stadtwerke Lübeck Gruppe-Firmenlogo
Referent:in Asset Management Technik - Schwerpunkt Anlageneinsatzplanung Stadtwerke Lübeck Gruppe
Lübeck Zum Job 
Landeshauptstadt Düsseldorf-Firmenlogo
Leitung des städtischen Krematoriums für das Garten-, Friedhofs- und Forstamt Landeshauptstadt Düsseldorf
Düsseldorf Zum Job 
THOST Projektmanagement GmbH-Firmenlogo
Wirtschaftsjurist*in / Ingenieur*in (m/w/d) für Contract & Claimsmanagement in Projektender Energiewende THOST Projektmanagement GmbH
Stuttgart, Mannheim Zum Job 
Netzgesellschaft Potsdam GmbH-Firmenlogo
Ingenieur (m/w/d) Strategische Netzplanung - Gas / Wärme / H2 Netzgesellschaft Potsdam GmbH
Potsdam Zum Job 

Auf den können die Oldenburger Forscher allerdings nicht hoffen, denn sie haben sich bei ihren Sturmböen nicht vornehmlich mit der Theorie der Entstehung beschäftigt, sondern sie haben versucht, die Reynolds-Zahl zu beeinflussen. Das ist ihnen tatsächlich gelungen. Bei Experimenten im Windkanal haben sie diese mathematische Größe um den Faktor hundert erhöht. In dieser Größenordnung werden annähernd die Verhältnisse wie in einem echten Sturm erreicht.

Kleine Turbulenzen entstehen von selbst

Praktisch liefen die Versuche folgendermaßen ab: Der Windkanal in Oldenburg ist 30 Meter lang. Die Luftströmungen werden von vier Rotoren erzeugt und erreichen eine Geschwindigkeit von bis zu 150 Kilometern pro Stunde. Das entspräche in etwas einem Hurrikan der Kategorie 1. Für ein realistisches Szenario benötigen die Forscher jedoch Böen, also Verwirbelungen. Dafür setzten sie ein aktives Gitter ein. Diese Konstruktion misst drei mal drei Meter und besteht aus knapp tausend kleinen, rautenförmigen Aluminiumflügeln. Die Plättchen lassen sich steuern und und in zwei Richtungen drehen. Das Ganze wurde am Anfang des Windkanals befestigt. Auf diese Weise konnten die Forscher Teile der Windkanaldüse kurz versperren und wieder öffnen. So kam es zu Verwirbelungen.

Künstliche Intelligenz verbessert Wettervorhersagen

Wichtig war dabei, dass die Forscher das Gitter chaotisch bewegten. Das Gleiche galt für das Gebläse. Es ergänzte die winzigen Verwirbelungen um eine größere Bewegung in Längsrichtung des Windkanals. „Die eigentliche Entdeckung liegt darin, dass die Windkanalströmung diese beiden Komponenten zu einer perfekten, realistischen Sturmturbulenz fortsetzt“, erläutert Co-Autor der Studie Michael Hölling. Die Sturmturbulenzen konnten die Wissenschaftler zehn bis 20 Meter hinter dem Gitter messen. Gleichzeitig stellten sie fest, dass kleinskalige Turbulenzen von selbst auftraten. Diese Erkenntnisse wollen sie nutzen, um ein System zu entwickeln, das unter anderem für die Windenergieforschung sehr hilfreich sein könnte: Die kleinskaligen Turbulenzen wollen sie auf verkleinerte Modelle einwirken lassen. Dann hätten sie ein realistisches Sturm-Szenario im Miniaturformat.

Windkraft zum Weiterlesen:

Ein Beitrag von:

  • Nicole Lücke

    Nicole Lücke macht Wissenschaftsjournalismus für Forschungszentren und Hochschulen, berichtet von medizinischen Fachkongressen und betreut Kundenmagazine für Energieversorger. Sie ist Gesellschafterin von Content Qualitäten. Ihre Themen: Energie, Technik, Nachhaltigkeit, Medizin/Medizintechnik.

Themen im Artikel

Zu unseren Newslettern anmelden

Das Wichtigste immer im Blick: Mit unseren beiden Newslettern verpassen Sie keine News mehr aus der schönen neuen Technikwelt und erhalten Karrieretipps rund um Jobsuche & Bewerbung. Sie begeistert ein Thema mehr als das andere? Dann wählen Sie einfach Ihren kostenfreien Favoriten.