Gewaltige Schäden durch Erdwärmebohrungen
Geothermie ist einer der Grundpfeiler der Energiewende, sie soll massiv ausgebaut werden. Doch das Beispiel Staufen im Breisgau zeigt, dass auch diese Technik nicht ohne Risiken ist.
Seit fünf Jahren hebt sich im historischen Stadtkern von Staufen die Erde. Zuerst einen Zentimeter pro Monat, inzwischen sind es noch knapp drei Millimeter. Zahlreiche Häuser, darunter das aufwendig sanierte alte Rathaus, haben Risse, wenn nicht Spalten im Mauerwerk. Fenster zerspringen durch die Spannung. Der Gesamtschaden an mehr als 260 Gebäuden wird auf 50 Millionen Euro geschätzt. Jüngst musste das 1915 errichtete Gebäude der Schlossberg-Wäscherei abgerissen werden, das durch einen tiefen Bodenriss in zwei Teile gespalten worden war.
Grund für die Schäden sind mit größter Wahrscheinlichkeit Bohrungen für ein Erdwärmeprojekt. Sie öffneten eine Erdschicht, aus der nun seit Jahren Grundwasser in eine Gips-Schicht eindringt, die durch das Wasser förmlich aufquillt und den Boden anhebt. Staufen ist der mit Abstand spektakulärste Fall von Schäden durch tiefe Geothermie – aber bei weitem nicht der einzige.
Hohes Potenzial
An vielen Orten in Deutschland wurden durch die Bohrungen kleinere Erdbeben ausgelöst. Vor allem in süddeutschen Gemeinden kam es zu Senkungen durch abfließendes Grundwasser, teils taten sich Krater im Erdreich auf. Da der Zusammenhang mit den Bohrungen zwar sehr wahrscheinlich, aber schwierig nachzuweisen ist, laufen vielerorts langwierige Rechtsstreitigkeiten.
Für die Nutzung der so genannten tiefen Geothermie – im Gegensatz zum oberflächennahen Einsatz für Wärmepumpen – sind diese Schäden ein gewaltiges Problem. Dabei spielt die Erdwärme, die neben der Beheizung auch für Kühlung und Stromerzeugung genutzt werden kann, eine große, oft unterschätzte Rolle bei der Energiewende. Das technische Potenzial dieser Quelle schätzt der Bundesverband Geothermie allein in Deutschland auf 30 Gigawatt. Das übersteigt die Leistung der Kernkraftwerke, die bis zum Unglück von Fukushima in Deutschland am Netz waren.
Quelle ist stetig verfügbar
59 Projekte der tiefen Geothermie sind nach Angaben des Verbandes derzeit in Planung oder schon im Bau. Der große Vorteil der Erdwärme gegenüber Solar- und Windenergie ist ihre Grundlastfähigkeit, weil sie stetig verfügbar ist. Zwar ist eine wirtschaftliche Nutzung bis dato nur mit staatlicher Förderung machbar, aber bei weiterem Ausbau sollen sich die Anlagen auch selbst tragen können. Planung und Installation sind aufgrund der geringen technischen Erfahrungen noch teuer, die Betriebskosten dafür aber gering.
Eine aktuelle Studie zeigt, dass der Boom der Geothermie vor allem im Voralpenland anhält. Allein im Raum München sind derzeit 15 Wärmezentralen und Kraftwerke im Bau. Geowissenschaftler unter Leitung des Leibniz-Institutes für Angewandte Geophysik haben in der Studie versucht, die optimalen Bedingungen für die Technik zu beschreiben. Kernaussage: „Geothermische Bohrungen müssen präzise vorgeplant werden. Manchmal entscheiden nur wenige Meter zusätzlicher Tiefe oder seitlicher Abweichung darüber, ob es gelingt, ausreichende Mengen Wasser auf dem für ein Wärmenetz oder Kraftwerk benötigten Temperaturniveau zu fördern oder nicht.“
Diese wenigen Meter können eben auch darüber entscheiden, ob es „seismische Ereignisse“ gibt oder nicht. Für die Akzeptanz der tiefen Geothermie ist das entscheidend. In Bayern und Baden-Württemberg ist bereits eine Reihe von Bürgerinitiativen gegen entsprechende Projekte aktiv.
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