Großprojekt in Niedersachsen 30.10.2018, 12:26 Uhr

Gigantische Power-to-Gas-Anlage verwandelt Überschussstrom in Wasserstoff

Statt ganze Windparks abzuschalten, wenn sie zu viel Strom produzieren, soll die Energie künftig gasförmig gespeichert werden. Bei Bedarf kann sie wieder in Strom oder auch in Treibstoffe umgewandelt werden. Jetzt soll die weltweit größte Anlage dieser Art in Niedersachsen gebaut werden.

Solarpaneelen vor Windrädern vor blauem Himmel

Foto: Panthermedia.net/Ben6

Ohne flüssige und gasförmige Kraft- und Brennstoffe ist die Energiewende nicht zu schaffen, sagt das Londoner Beraterunternehmen Frontier Economics, das gerade den Fahrplan zu einem globalen Power-to-X-Markt vorstellte. Also bleibt es bei hohen Kohlendioxid-Emissionen? Die Experten sagen nein. PtX heißt das Zauberwort, Power-to-X. Das „X“ kann ein „G“ für gasförmige Treibstoffe sein oder ein „L“ für liquid, also flüssige Treibstoffe. Diese werden aus Solar- und Windstrom sowie Kohlendioxid hergestellt. Was Power-to-X genau ist, erklären wir unten noch einmal ausführlicher.

Zwei Standorte in Niedersachsen in der engeren Wahl

Der deutsche Stromnetzbetreiber Tennet sowie die Pipelinebetreiber Thyssengas und das auch in Deutschland vertretene niederländische Unternehmen Gasunie scheinen der gleichen Meinung zu sein. Sie haben ein ehrgeiziges Projekt namens „Element eins“ angeschoben. Dahinter verbirgt sich eine Power-to-Gas-Anlage in bisher ungeahnter Größe. Sie soll im Endausbau eine Leistung von 100 Megawatt haben, mehr als alle Anlagen dieser Art in der Welt. In Endausbau wird sie pro Stunde 20.000 Kubikmeter Wasserstoff liefern. Als mögliche Standorte gelten die Tennet-Umspannwerke Diele im ostfriesisch-holländischen Grenzgebiet und Conneforde im niedersächsischen Ammerland, in denen vor allem Offshore-Windstrom aus der Nordsee gesammelt und weiterverteilt wird. Die Investitionskosten liegen im niedrigen dreistelligen Millionen-Euro-Bereich.

Stufe eins der Power-to-Gas-Anlage soll 2022 in Betrieb gehen

Immer dann, wenn mehr Windstrom erzeugt als benötigt wird, sollen Elektrolyseure Wasser in Sauer- und Wasserstoff aufspalten. Bisher wird Strom, der gerade nicht benötigt wird, weit unter Wert ins Ausland verramscht oder ganze Windparks vorübergehend stillgelegt. Allein von 2015 bis 2017 wurden in Deutschland Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung von 937 Megawatt zeitweise vom Netz genommen.

2022 soll der erste Elektrolyseur des Power-to-Gas-Projekts „Element eins“ in Betrieb gehen. Der anfangs produzierte Wasserstoff wird in das Erdgasnetz eingespeist. Ein Teil des Wasserstoffs wird in Druckflaschen gefüllt, die per Lkw zu industriellen Abnehmern transportiert werden, beispielsweise zu Raffinerien, die das leichte Gas in großen Mengen zur Entschwefelung benötigen.

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Bis zum Jahr 2028 sollen nach und nach die übrigen Elektrolyseure in Betrieb genommen werden. Wie der gewonnene Wasserstoff verwendet wird, hängt davon ab, wie sich der Markt entwickelt. Sollte es einen Boom bei Elektroautos geben, die ihren Strom aus Brennstoffzellen beziehen, ist eine weitere Veredelung nicht nötig. Wasserstoff ist die ideale Energiequelle für die Brennstoffzelle. Passend dazu stellte Mercedes 2018 einen Transporter mit Wasserstoffantrieb vor – noch bevor der E-Laster 2019 auf dem Markt kommen wird.

Biogasanlagen können mehr Methan produzieren

Denkbare Abnehmer sind auch Biogasanlagen. Diese können den Methananteil im Biogas auf bis zu 100% anheben, wenn in den Fermenter Wasserstoff eingeblasen wird. Heute liegt der Anteil bei rund 55%. Der Rest ist Kohlendioxid.

Dieser Rest könnte allerdings auch zur Herstellung von flüssigen Kraftstoffen wie Diesel, Kerosin und Benzin genutzt werden. Dazu wird er gemeinsam mit Wasserstoff in einen Reaktor geleitet. Ein Katalysator sorgt dafür, dass die beiden Gase miteinander reagieren. Das Endprodukt ist Methan, das nahezu identisch ist mit Erdgas, beim Verbrennen jedoch nur so viel Kohlendioxid freisetzt wie zuvor bei der Herstellung verbraucht wurde.

Großbatterie im Untergrund

Das Projekt Element eins soll auch die direkte Lagerung in unterirdischen Kavernen evaluieren. Das sind Hohlräume in gasdichtem Gestein oder Salz, die heute genutzt werden, um Erdgas sowie Ölprodukte zu lagern. Genauso gut könnten sie künftig Wasserstoff aufnehmen und speichern, bis Bedarf besteht und er verbraucht wird. Die Kaverne würde so zur unterirdischen Pufferbatterie.

 

Weitere Artikel zu Power-to-X:

Power-to-Gas – Schlüsseltechnologie für die Energiewende. Ingo Stadler vom Institut für Elektrische Energietechnik (IET) der TH Köln berichtet über das Verfahren und die technischen Weiterentwicklungen der letzten Jahre.

Das Öko-Institut erteile Power-to-Gas-Technologien 2014 noch eine klare Absage.

 

Was ist Power-to-X?

Power-to-X gilt vielen Experten als Schlüssel der Energiewende. Gemeint ist die Umwandlung von überschüssigem Strom in Wasserstoff oder Methan, in Flüssigtreib- und Brennstoffe oder gar in Heiz- und Prozesswärme für die Industrie. Immer noch besser als die Windstromerzeugung zu drosseln, wenn eine kräftige Brise weht.

Power-to-Gas ist das einfachste Verfahren. In einem Elektrolyseur wird Wasser in Wasser- und Sauerstoff aufgespalten. Der Wasserstoff lässt sich in Brennstoffzellen direkt nutzen. Eigentliches Ziel ist es jedoch, die riesigen Speichermöglichkeiten des Erdgasnetzes einschließlich der unterirdischen Lagerstätten zu nutzen. Dazu muss der Wasserstoff in Methan umgewandelt werden, denn der Anteil des leichten Gases darf 2% nicht übersteigen Bei der Reaktion von Wasserstoff und Kohlendioxid entsteht Methan, das mit Erdgas fast identisch ist und deshalb in unbegrenzten Mengen ins Netz eingespeist werden darf.

Bei einer anderen Prozessführung entsteht Synthesegas, eine Mischung aus Wasserstoff und Kohlenmonoxid. Daraus lassen sich flüssige Treib- und Brennstoffe wie Benzin, Diesel und Kerosin herstellen. Außerdem ist Synthesegas ein Rohstoff, den die chemische Industrie in großen Mengen benötigt. Bisher wird es aus Erdgas gewonnen. Die Umwandlung von Überschussstrom in Wärme ist vor allem für Betreiber von Solarzellen auf dem Dach interessant. Statt den Strom, der im eigenen Haus gerade nicht benötigt wird, ins Netz einzuspeisen, was nur eine magere Vergütung bringt, spart die Umwandlung in Wärme Erdgas, bzw. Heizöl.

Als Kohlendioxid-Lieferanten kommen neben Biogasanlagen auch Kohlekraftwerke in Betracht, was deren Wirkungsgrad allerdings um bis zu zehn Prozentpunkte reduziert. Sinnvoller ist die direkte Gewinnung des Klimagases aus der Luft. Eine entsprechende Technik hat das Schweizer Jungunternehmen Climeworks entwickelt. In Hinwil 30 Kilometer östlich von Zürich läuft die erste Anlage, die pro Jahr rund 900 Tonnen Kohlendioxid aus der Luft entfernt.

Climeworks-Anlage im schweizerischen Hinwil.

Climeworks-Anlage im schweizerischen Hinwil.

Quelle: Climeworks/Julia Dunlop

Nicht nur Chemiker und Physiker sind im PtX-Bereich tätig, sondern auch Biotechniker. Electrochaea aus Planegg bei München lässt Archaeen für sich arbeiten. Diese Mikroorganismen ernähren sich von Kohlendioxid und Wasserstoff und scheiden reines Methan aus. Die erste Großanlage dieser Art entsteht in Ungarn. Mit einer Leistungsaufnahme von zehn Megawatt liegt sie jedoch deutlich unter Element eins.

Ein Beitrag von:

  • Wolfgang Kempkens

    Wolfgang Kempkens studierte an der RWTH Aachen Elektrotechnik und schloss mit dem Diplom ab. Er arbeitete bei einer Tageszeitung und einem Magazin, ehe er sich als freier Journalist etablierte. Er beschäftigt sich vor allem mit Umwelt-, Energie- und Technikthemen.

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