Grüner Treibstoff von Hochseeinseln
Solarstrom soll künftig verstärkt auf dem Meer produziert werden. Schon jetzt gibt es einige Anlagen auf Binnenseen. Aus den örtlich gewinnbaren Ressourcen Sonne, Wasser und Kohlendioxid lässt sich sogar Biosprit herstellen.
Ganz schön kühn, was sich Forscher und Ingenieure aus Norwegen und der Schweiz ausgedacht haben. Sie wollen schwimmende Solarinseln mitten ins Meer bauen. Das haben bisher nur wenige gewagt, japanische Ingenieure beispielsweise, allerdings in küstennahen und wohl geschützten Buchten, in denen es keine zerstörerischen Wellen geben kann. Swimsol, ein österreichisches Unternehmen, hat, ebenfalls küstennah, schwimmende Solarkraftwerke vor den Malediven stationiert, die umweltschädliche Dieselgeneratoren ablösen.
Solarinseln als Nachbarn von Offshore-Windparks
Das offene Meer ist eine ganz andere Herausforderung. Den Plan, der vorerst nur ein Gedankenspiel ist, haben sich Forscher des Paul Scherrer Instituts in Villigen, der Universitäten Zürich und Bern, der Norwegischen Universität für Forschung und Technologie in und dem Züricher Materialforschungsinstitut Empa ausgedacht. Die Inseln könnten in der Nähe von Offshore-Windparks installiert werden, sodass der erzeugte Strom durch bereits vorhandene Leitungen an Land transportiert werden könnte. Diese Möglichkeit sieht beipielsweise Harry Wirth, Bereichsleiter Photovoltaik-Module und -Kraftwerke am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme in Freiburg. Der erzeugte Strom könnte dann durch vorhandene Leitungen an Land fließen.
Das Meer liefert Wasser und Kohlendioxid
Sie ließen sich auch fernab von Küsten und Windparks stationieren, wo sie weder die Schifffahrt stören noch die Landschaft verschandeln. Dann ließe sich der Strom allerdings nicht abtransportieren. Deshalb schlägt das schweizerisch-norwegische Team eine andere Lösung vor. Auf den Inseln soll mit dort vorhandenen Ressourcen grüner Treibstoff hergestellt werden.
Die auf den Inseln montierten Solarmodule erzeugen Strom, der in einem Elektrolyseur Wasser in Wasser- und Sauerstoff spaltet. Eine weitere Anlage gewinnt Kohlendioxid aus dem Meerwasser – das Klimagas ist dort weit stärker konzentriert als in der Luft. Kohlendioxid und Wasserstoff werden schließlich in Diesel, Benzin und Kerosin beziehungsweise Methanol umgewandelt, lauter flüssige Treibstoffe, die per Tankschiff abtransportiert werden könnten.
Offene Fässer dämpfen die Bewegung
An Land gibt es bereits relativ große Anlagen, die Treibstoffe aus Wasser, Solar- und Windstrom sowie Kohlendioxid produzieren, unter anderem in Island und in Karlsruhe. Dazu müssen die Forscher kein Neuland betreten. Anders beim Bau der Inseln. Sie müssen auch raue See überstehen. Eine Idee, wie das gelingen könnte, haben Forscher der Technischen Universität Wien. Sie entwickelten Helioflat, die Fässern ohne Boden ähneln.
Die Fässer werden mit der Öffnung nach unten ins Meer gestellt. Die darin befindliche Luftsäule dämpft die Auf- und Abbewegung der Fässer. Mehrere davon bilden das Fundament für eine Leichtbaukonstruktion, auf der die Module befestigt werden. Werden viele Fässer eingesetzt, sodass eine 100 Mal 100 Meter große Insel entsteht, bewegt die Plattform sich auch bei höheren Wellen nur mäßig.
Warum muss es denn ausgerechnet das Meer sein, auf dem Solarkraftwerke oder ganze Treibstofffabriken aufgebaut werden? An Land ist zu wenig Platz. Wollte man so viel Energie erzeugen, dass weltweit alle Transporte ohne Kohlendioxid-Emissionen auskommen, benötigte man 170.000 Quadratkilometer, haben die Schweizer Forscher ausgerechnet. Die sind Wüsten zwar leicht abzutrotzen, doch der Transport des Stroms oder Treibstoffs ist aufwändig. Und Industrieländer können auf Landflächen kaum verzichten.
China hält den Leistungsrekord
Schon heute bauen viele Länder schwimmende Solarkraftwerke, um wertvolle Landflächen zu schützen, allerdings auf natürlichen und künstlichen Binnenseen. China beispielsweise hat vor 2 Jahren das mit 40 Megawatt weltweit größte schwimmende Solarkraftwerk in Betrieb genommen. Es schaukelt sanft auf einem gewaltigen See, der in einem ehemaligen Tagebau entstanden ist. Anlagen mit mehr als 10 Megawatt gibt es auch in den USA und im japanischen Inland.
In warmen Regionen haben schwimmende Solarkraftwerke auf Binnenseen 2 entscheidende Vorteile. Da sich die Solarzellen dort weniger stark aufheizen als an bodengestützten Standorten ist der Wirkungsgrad um bis zu 2 Prozentpunkte höher. Außerdem lässt die Verschattung durch die Module weniger kostbares Trinkwasser verdunsten.
Schwimmendes Solarkraftwerk für Frankreich
Europa reiht sich jetzt ebenfalls in die Schar der Betreiber schwimmender Solarkraftwerke ein. Mit 17 Megawatt wird es gleich eins der weltweit größten sein. Die Anlage entsteht auf einem Baggersee in Piolenc im Département Vaucluse. Das chinesische Unternehmen Trina Solar liefert die Module. Die Schwimmkonstruktion stammt von Ciel et Terre, einem französischen Unternehmen, das bereits mehreren Solarkraftwerken das Schwimmen ermöglicht. Die Solarmodule werden eine Fläche von 17 Hektar bedecken. Omega 1, wie die Anlage heißt, wird 13.150 Tonnen Kohlendioxid einsparen und den Stromverbrauch von fast 5000 Haushalten decken – zumindest rechnerisch.
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