Hochspannungsnetze können durch neue Messtechnik mehr Strom aufnehmen
Die Mengen an Wind- und Solarstrom, die derzeit eingespeist werden dürfen, sind begrenzt, um die Hochspannungsnetze zu schützen. Die könnten jedoch mehr Strom verkraften, wenn die Auswirkungen der Einspeisungen genau bekannt werden. Ein neues Messgerät liefert jetzt die benötigten Informationen und könnte die knappen Netzkapazitäten erhöhen.
Große Windparks und Solarkraftwerke speisen gewaltige Mengen an Energie ins Netz. Das geschieht nicht kontinuierlich wie bei Kohle-, Gas- und Kernkraftwerken. Manchmal steigt die Strommenge schlagartig an. Genauso schnell kann die Einspeisung versiegen, wenn Wolken die Sonne bedecken oder der Wind nachlässt.
Für das empfindliche Hochspannungsnetz sind das echte Herausforderungen. Die wechselnden Strommengen, die ins Netz fließen, bringen es aus dem Gleichgewicht. Die Frequenz, die in Europa bei exakt 50 Hertz liegen soll, wird verfälscht, und in ihrem Gefolge die Impedanz der Strom führenden Hochspannngsseile. Die Impedanz, auch Scheinwiderstand genannt, ist ein Maß für dieses Ungleichgewicht.
Bisher ist es unmöglich, diesen Wert kontinuierlich zu messen, um eine verlässliche Entscheidungsgrundlage zu haben, wie viel schwankende Stromeinspeisungen dem Netz zugemutet werden dürfen, ohne dass es zusammenbricht. Deshalb akzeptieren die Netzbetreiber gerade mal so hohe Einspeisungen, dass sie auf der sicheren Seite sind. Wenn die Strommenge zu hoch ist, werden ganze Windparks und Solarkraftwerke abgeschaltet.
Tiefer Blick ins Hochspannungsnetz
Dabei würde das Netz viel mehr verkraften. Bisher weiß jedoch niemand, wie viel mehr. Das wollen Elektrotechniker der Helmut-Schmidt-Universität in Hamburg ändern, die von der Bundeswehr betrieben wird. Sie entwickeln eine Messeinrichtung, mit der sich die Impedanz eines Netzes messen lässt. Das Gerät wird in einem Container untergebracht, sodass es immer dort angeschlossen werden kann, wo Probleme vermutet werden. Ein Forscherteam um Detlef Schulz, Professor für Elektrische Energiesysteme, hat bereits ein solches Gerät für 20000-Volt-Netze entwickelt. Jetzt gehen sie die nächste Spannungsklasse an, Netze mit 110000 Volt, die oft die erste Station für Windstrom sind.
„Wir schauen in die Netze hinein und sehen uns an, wie sich Einspeisungen und Verbrauch, aber auch die Netzeigenschaften über einen bestimmten Zeitraum entwickeln“, erklärt Schulz. „Dadurch lässt sich der bisweilen umstrittene Netzausbau genauer planen und auf das unbedingt notwendige Maß reduzieren.“
Auch der Einsatz von Stromspeichern wird optimiert
Impedanzmessungen optimieren auch den Einsatz von Speichern, die überschüssigen Strom gewissermaßen zwischenlagern. Industriepartner sind der Schweizer Elektronikspezialist Astrol und der Stromversorger Vattenfall Europe. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) finanziert das Projekt mit 2,5 Millionen Euro.
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