Neue Festkörperbatterie 27.02.2019, 07:08 Uhr

Hohe Energiedichte – Polymer ermöglicht Anode aus reinem Lithium

Wissenschaftler des Forschungszentrums Jülich und der Universität Münster haben eine Festkörperbatterie entwickelt, die sehr leicht und langlebig ist. Bei Labortests hat sie kaum an Kapazität verloren.

Foto der neuen Batterie im Laborstadium

Die Feststoffbatterie funktioniert mit einer Anode aus Lithium, die durch Polymerfolie von den Elektrolyten abgegrenzt wird. Noch befindet sie sich im Teststadium.

Foto: Forschungszentrum Jülich / T. Schlößer

Feststoffbatterien wird großes Potenzial zugesprochen. Denn Festkörperakkus können theoretisch mehr Energie speichern als Lithium-Ionen-Batterien, obwohl sie weniger wiegen. Gleichzeitig gelten sie als sicherer, weil sie keine Flüssigkeit enthalten, die auslaufen oder sich entzünden könnte. Stabile Festkörperbatterien könnten dementsprechend beispielsweise die Elektromobilität einen großen Schritt voranbringen. Auch für Nischenanwendungen in der Medizin- und Raumfahrttechnik gelten sie als Hoffnungsträger. Die höchsten Energiedichten ließen sich dabei mit Lithium erreichen. Das Metall reagiert jedoch sehr stark, was seinen Einsatz als Anode bisher verhindert hat. Ein Team aus Wissenschaftlern am Forschungszentrum Jülich und der Universität Münster hat dafür jetzt eine Lösung gefunden – Polymerschichten grenzen das Lithium vom keramischen Elektrolyten der Batterie ab.

Polymerfolie verhindert Dendritenbildung der Lithium-Anode

Mit Lithium können hohe Energiedichten erreicht werden, weswegen es in der Batterieforschung sehr beliebt ist. Als problematisch gilt jedoch seine hohe Reaktivität: Reines Lithium zeigt die Tendenz, beim Laden Auswüchse auszubilden, die als Dendriten bezeichnet werden. Diese Dendriten können die Zelle kurzschließen oder sie mechanisch zerstören. Für Lithium-Ionen-Akkus wird das Lithium daher in einem Speichermedium eingelagert, meist Graphit. Das wiederum erhöht das Gewicht der Batterie um ein Vielfaches.

Die Forscher haben für den Festkörperakku stattdessen eine Polymerfolie zwischen Anode und Elektrolyt eingezogen. „Das Polymer funktioniert wie eine Schutzschicht, die die Verwendung einer Lithium-Anode überhaupt erst möglich macht“, erklärt Hermann Tempel vom Jülicher Institut für Energie- und Klimaforschung. „Sie verhindert, dass der keramische Elektrolyt in direkten Kontakt mit dem metallischen Lithium an der Anode kommt. So werden schädliche Prozesse wie die Dendritenbildung und chemische Veränderungen des keramischen Elektrolyten unterbunden, die die Funktion der Batterie beeinträchtigen.“

Festkörperakku braucht kein schweres Gehäuse

Erste Tests im Labor sind nach Aussage der Wissenschaftler sehr erfolgreich verlaufen. Sie führten mehr als 500 Lade- und Entladezyklen durch, ohne dass die Leistung der Feststoffbatterie wesentlich nachließ. Bezogen auf beide Elektroden erreichte sie eine Energiedichte von 460 Wattstunden pro Kilogramm. Außerdem bringt die Bauweise zusätzliche Vorteile mit sich. Vor allem sind Festkörperakkus nicht so temperaturempfindlich wie herkömmliche Lithium-Ionen-Batterien mit Flüssigelektrolyt. Auf Vorrichtungen für das Temperaturmanagement, wie sie unter anderem in Elektroautos zu finden sind, kann also verzichtet werden. Das spart wiederum Gewicht ein und würde die Energiebilanz der Fahrzeuge verbessern.

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Ein weiterer Faktor, der das Gewicht reduziert, ist die Herstellungsweise der Akkus: Die Polymerschicht wird flüssig aufgetragen, sodass sie tief in den porösen keramischen Elektrolyten eindringen kann. Das verbessert den Kontakt zwischen dem festen Elektrolyt und der festen Elektrode. Daher können die Wissenschaftler auf ein stabiles Gehäuse verzichten, das die Komponenten mechanisch zusammenpresst und dadurch eine gute Verbindung sicherstellt.

Vor einem Praxiseinsatz sind weitere Forschungen notwendig

„Das Besondere an der Zelle ist, dass sie trotz der moderat leitenden Polymere funktioniert; in mancher Hinsicht sogar besser als ohne“, fügt Hans-Dieter Wiemhöfer vom Helmholtz-Institut Münster hinzu. Er hat das spezielle Polymer entwickelt, das zu der Klasse der Polyphosphazene zählt. Er koordiniert auch das Verbundprojekt MEET-HiEnD II, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird, um die Entwicklung von Batterien mit hoher Energiedichte voranzutreiben. Die neue Festkörperbatterie ist daraus hervorgegangen.

Reif für die Praxis ist die neue Festkörperbatterie allerdings noch lange nicht. Denn die Polymerschichten stellen auch eine Barriere für den Stromfluss dar, was sich nachteilig auf die Performance des Akkus auswirkt. Außerdem verlängert das Konzept die Ladezeit der Batterie. Derzeit liegt sie bei zwei Stunden. Gleichzeitig ist es für den Betrieb notwendig, die Zelle auf einer Mindesttemperatur von 50 Grad Celsius zu halten, damit der hybride Elektrolyt für Ladungsträger durchlässig bleibt. „Für niedrigpreisige Anwendungen ist das Herstellungsverfahren bis jetzt auch noch zu aufwändig. Die funktionierende Zelle zeigt aber, dass es der Hybridelektrolyt ermöglicht, typische Probleme an den Grenzflächen von Festkörperbatterien zu umgehen“, erklärt Rüdiger-A. Eichel, Institutsleiter am Forschungszentrum Jülich. Er glaubt, dass der Festkörperakku zudem schon jetzt interessant sein könnte für Nischenanwendungen, bei denen Kosten eine untergeordnete Rolle spielen.

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Ein Beitrag von:

  • Thomas Kresser

    Thomas Kresser macht Wissenschafts- und Medizinjournalismus für Publikumsmedien, Fachverlage, Forschungszentren, Universitäten und Kliniken. Er ist geschäftsführender Gesellschafter von ContentQualitäten und Geschäftsführer von DasKrebsportal.de. Seine Themen: Wissenschaft, Technik, Medizin/Medizintechnik und Gesundheit.

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