Holz heizt ein im Kohlekraftwerk
Holz verfeuern in Kohlekraftwerken? Um das sogenannte Co-Firing entbrennen derzeit heiße Diskussionen: Die einen sehen in Holz einen bezahlbaren, kohlendioxidneutralen Ersatz für den fossilen Energieträger Kohle, die anderen wollen die Verbrennung nur als letzte Stufe der Holznutzung.
Der Energiekonzern Vattenfall möchte, so die jüngst erklärte neue Firmenstrategie, nachhaltig werden. So wurde bereits in Berlin Holz als Zweitbrennstoff im Kleinmaßstab mit im Spandauer Kohlekraftwerk Reuter verfeuert. Eine Ausweitung für den Block Reuter C und das Heizkraftwerk Moabit ist geplant. In Vattenfalls Berliner Kohlekraftwerken sollen 5 % Holz mit verbrannt werden.
RWE baut ebenfalls entsprechende Werke. Im Neubauprojekt im niederländischen Eemshaven hat RWE beantragt, bis zu 10 % klimaneutrale Biomasse in den Kessel wandern zu lassen und so den CO2-Ausstoß des Werkes zu mindern. Neben Holzabfällen und -pellets sei geplant vor allem Reetgras und Grünschnitt mit zu verfeuern.
In Belgien und demnächst in Großbritannien wird das Co-Firing von Holz, meist Industriepellets, finanziell gefördert. Auch in Finnland, den Niederlanden und Dänemark wird fleißig Holz verstromt, um Klimaziele zu erreichen.
Die Frage ist: Ist Co-Firing wirklich nachhaltig und klimaschonend? Davon, dass das hierzulande oder irgendwo anders den Holzmarkt destabilisiere, will Hannes-Stefan Hönemann, Pressesprecher Vattenfall für den Standort Berlin, nichts wissen. „Wir bekommen bisher ungenutztes Restholz von den Berliner Bezirksgartenämtern und gewinnen welches in eigenen Kurzumtriebsplantagen auf Brachflächen und schlechten Böden. Ein Drittel kaufen wir auf dem internationalen Markt von unserem Lieferanten Buchanan, an dem wir uns auch beteiligt haben“, sagt er. Auf die Dauer könnten für Vattenfall 10 000 ha Kurzumtriebsplantagen in Brandenburg entstehen, jetzt sind es 150 ha.
Buchanan rode in Liberia abgestorbene Gummibaumplantagen, verarbeite das Holz zu Hackschnitzeln und verschiffe es an Vattenfall, so Hönemann. „Die Plantagen werden anschließend neu angelegt. So entstehen Arbeitsplätze und der Wirtschaftsprozess dort kommt nach den langen Kriegsjahren wieder ins Laufen.“ Außerdem bemühe man sich derzeit um eine Nachhaltigkeitszertifizierung.
Der Run aufs Holz beginnt erst. Denn Holz-Mitverbrennung ist nicht nur wegen seiner Kohlenstoffneutralität verlockend: Es lässt sich, wann immer nötig, verfeuern und kann so das fluktuierende Angebot regenerativer Stromerzeugung mit Wind und Sonne ausbalancieren.
Obwohl in Deutschland pro Sekunde 1,6 m3 Holz nachwachsen, werde das Angebot die Nachfrage in wenigen Jahren nicht mehr decken, prognostizierte Helmut Lamp. „Bald wird sich die Diskussion um eine zuverlässige Versorgung drehen, nicht mehr um Kohlendioxid“, sagte der Vorsitzende des Bundesverbandes Bioenergie (BBE) anlässlich des 10. Internationalen Fachkongresses Holzenergie in Augsburg. Dann schlage die Stunde des Holzes.
Allein Großbritannien werde, so Marktdaten von www.forestenergymonitor.com, im Jahr 2020 durch die Verfeuerung von Biomasse in Großkraftwerken 26,8 TWh Strom erzeugen – viel davon Importware, etwa aus Kanada.
Den Einsatz in alten Kohlekraftwerken lehnen auch Verfechter der energetischen Holznutzung wegen schlechter Effizienz ab. „Verstromt man Holz, sollte dabei unbedingt auch die Wärme genutzt werden“, sagt Heinz Kopetz vom Europäischen Biomasseverband Aebiom. „Es mit nur etwa 40 % Effizienz zu verheizen, ist nicht sinnvoll.“
Ganz ähnlich Martin Kaltschmitt, Leiter des Instituts für Umwelttechnik und Energiewirtschaft der TU Hamburg-Harburg und des Deutschen Biomasse-Forschungszentrums in Leipzig: „Wenn Holz in Kraft-Wärme-Kopplung bei Gesamtwirkungsgraden von 70 % und mehr Prozent genutzt wird, ist das vergleichsweise effizient.“ Ohnehin werde aus ökonomischen Gründen nur das Holz verbrannt, das anderweitig nicht zu gebrauchen sei.
„Wir brauchen die energetische Holznutzung – sie ist im Konzert der regenerativen Energien unverzichtbar“, glaubt Kaltschmitt. Schon heute werden global 50 EJ (1 EJ = 1018 J) bis 60 EJ an Biomasse – das heißt primär Holz – als Energieträger genutzt, vor allem in Entwicklungsländern aber oft ineffizient. Holzanbau für die Verbrennung berge Chancen für ländliche Räume und sei auch umweltverträglich, solange die gängigen Nachhaltigkeitskriterien eingehalten würden.
Corinna Hölzel, Wald-Campaignerin bei Greenpeace, sieht das anders: „Co-Firing von Holz verschärft insgesamt die Konkurrenz der Anwendungen um den Rohstoff und erhöht so den Druck auf die Ressourcen.“ Schwächere Nutzergruppen wichen dann auf Primärwald aus. Das Mengenproblem sei kaum zu lösen, selbst wenn mehr Holzplantagen zertifiziert werden.
Der BBE möchte dennoch in der nächsten Fassung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) eine ausgeweitete Förderung für das Verbrennen von Holz. Ein Bonus (s. Kasten) für die energetische Nutzung nachwachsender Rohstoffe soll auch dann gezahlt werden, wenn eine Anlage eine Mischung förderungswürdiger und nicht förderungswürdiger Stoffe verbrennt. Heute müssen alle verbrannten Stoffe auf einem Betriebsgelände den Anforderungen der einschlägigen Vorschriften genügen, um zu kassieren. „Das führt zu Holztourismus, nur weil vor Ort keines verfügbar ist“, kritisiert BBE-Chef Lamp.
Gegen dererlei wendet sich der Verband der der Holzwerkstoffindustrie. Das Verbrennen von Holz als primäre Nutzung zumindest in Kraftwerken solle grundsätzlich ausgeschlossen sein: „Holz ist zu wertvoll, um es in den Ofen zu stecken, ohne vorher etwas anderes damit anzufangen“, sagt Geschäftsführer Peter Sauerwein. Das verbrannte Holz fehle anderswo. ARIANE RÜDIGER
Ein Beitrag von: