Fokus Wärmespeichertechnologien 04.03.2025, 10:26 Uhr

Ingenieur baut Wärmespeicher für zu Hause – mit Sand

Das Bonner Engineeringunternehmen BME Technik GmbH bietet einen selbst entwickelten Sandspeicher als Wärmepuffer für ältere Bestandsbauten. Ein Unternehmensbesuch.

Firmengründer Frank Becker, Firmengründer von Becker M&E, vor einem Stapel mit Modulen für den Sandwärmespeicher.
Foto: Matilda Jordanova-Duda

Firmengründer Frank Becker, Firmengründer von Becker M&E, vor einem Stapel mit Modulen für den Sandwärmespeicher.

Foto: Matilda Jordanova-Duda

Das Material gibt es wortwörtlich „wie Sand am Meer“. Es ist billig, umweltfreundlich, hält ewig und kann bis 1000 °C erhitzt werden. Alles in allem als Speichermedium für Wärme nahezu unschlagbar. Frank Becker, Maschinenbauingenieur und Unternehmer aus Bonn, hat ein Verfahren entwickelt, um Ökostrom in Wärme umzuwandeln und die Energie für längere Zeit zu speichern – in Sand.

Gedacht ist das System als hybride Heizung für ältere Wohnhäuser in Kombination mit einer Photovoltaikanlage mit mindestens 5 kW Nennleistung. Becker entwickelte den Sandthermospeicher von 2019 bis 2023 und hat bereits mehrere Einheiten verkauft. Für die Entwicklung und Konstruktion gründete er die Ingenieurgesellschaft Becker M&E, um die Produktion und den Vertrieb kümmert sich die neue BME Technik GmbH. Der Unternehmer baut in seinem Kerngeschäft „Test Equipment & Engineering“ seit 1992 Prüfanlagen und andere Sondermaschinen für Autohersteller in Europa und den USA. Mit den neuartigen Heiz- und Speichersystemen will er sich ein zweites Standbein schaffen und seinen Kindern eines Tages ein ökologisch vertretbares und zukunftsfähiges Geschäft überlassen.

Sandspeicher besteht Auswahltest mit Thermoskanne

Becker begann seine Sandwärmespeicher mit einer Thermoskanne: Er stellte das Edelstahlgefäß in einen Eimer, wahlweise gefüllt mit Salz, Tongranulat und Sand. Dann schaute er, was am besten den Kaffee heiß hielt. Die Wahl fiel auf den Sand: günstig, regional verfügbar, nicht korrosiv und ein schlechter Wärmeleiter.

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Der Speicher besteht in der Basisausführung aus vier Stahlzylindern. Sie sind in einem kompakten Kubus untergebracht, der mit einer dicken Dämmschicht aus Holzwolle-Platten ausgekleidet und mit Quarzsand aufgefüllt ist. Die Zylinder enthalten je 100 l einer Flüssigkeit, die Becker H12 genannt hat. „12“ steht für die Anzahl der Anläufe, die nötig waren, um die richtige Mischung zu finden. Die Zusammensetzung ist Betriebsgeheimnis: Ein Hersteller macht sie exklusiv für ihn.

Ein großer Würfel Sandspeicher reicht für ein Haus

„Die Flüssigkeit ist in der Lage, Energie schnell aufzunehmen und weiterzuleiten“, sagt der Erfinder. Die Spezialflüssigkeit sei biologisch abbaubar, enthalte keine Salze, Laugen und Säuren und verdampfe erst ab 180 °C. Strömungsheizungen erhitzen H12 bis maximal 160 °C. Der Sand isoliert die Behälter. Bei langer Lagerung nimmt er auch eine große Menge thermischer Energie auf und gibt sie wieder an die Spezialflüssigkeit ab.

Blick in den Sandwärmespeicher des Bonner Engineering-Spezialisten Becker M&E. Zu sehen ist das Basismodul „Uno“. Foto: Matilda Jordanova-Duda

Blick in den Sandwärmespeicher des Bonner Engineering-Spezialisten Becker M&E. Zu sehen ist das Basismodul „Uno“.

Foto: Matilda Jordanova-Duda

Der Würfel wird im oder am Haus installiert und durch eine Leitung mit der vorhandenen Öl-, Gas- oder Pelletheizung verbunden. Ein Wärmetauscher leitet die Wärme der H12 an einen Wasserspeicher im Heizsystem des Hauses. Das System ist modular aufgebaut. Es können weitere Zylinder hinzugefügt oder eine größere Box mit mehr Sand gewählt werden. Die Basiseinheit mit vier Behältern heißt „Uno“ und ist für ein Reihenhaus dimensioniert. Die bisher größte Variante, Quatro, besteht aus 16 Zylindern. Sie kann auch mehrere Wohnungen oder Reihenhäuser versorgen.

Pro Tag verliert der Sandspeicher 1,2 °C

Die Strömungsheizungen arbeiten idealerweise mit Photovoltaikstrom vom eigenen Dach oder anderen regenerativen Energiequellen. Ein Kunde, die Atzelgifter Mühle im Westerwald, nutze die Wasserkraft, um ein Hotel zu beheizen, erzählt der Ingenieur. Notfalls tue es Ökostrom aus der Steckdose. Wirtschaftlich ist das bei den heutigen Gas- und Ölpreisen nicht unbedingt. Mit einem dynamischen Stromtarif sieht die Sache eventuell anders aus. Eine Steuerung lädt den Speicher auf und schaltet an besonders kalten, dunklen Tagen automatisch die fossile Heizung zu. Eine Stunde Sonnenlicht bzw. ein Energieeintrag von 5 kWh reicht nach Beckers Angaben, um die Temperatur von 400 l H12 um 20 °C zu erhöhen und den täglichen Wärmeverlust ganz oder fast auszugleichen.

Wenn die primäre Wärme im Haus nicht benötigt wird, wie es im Sommer oft der Fall ist, geht sie von den Stahlbehältern in den Sand über. Das träge Speichermedium heizt sich langsam auf und kühlt ebenfalls langsam ab. Wenn der kleinste Uno-Speicher voll aufgeladen ist und eine homogene Temperatur von 160 °C in H12 und dem Sand erreicht hat, sind laut Becker darin rund 100 kWh Energie gespeichert. Pro Tag gingen durchschnittlich 1,2 °C verloren. Die sommerliche Wärme lässt sich zwar nicht monatelang konservieren, aber sonniges Wetter kann auch im Winter den Speicher nachladen.

Sandspeicher vor allem für ältere Häuser entworfen

Sein eigenes Haus aus den 1980er-Jahren stattet der Ingenieur mit einem Quatro mit 650 kWh Wärmekapazität aus. Das Gebäude entspricht dem KfW-70-Standard, hat viel Wohnfläche, eine Ölheizung und das Dach voller Solarpaneele. Becker plant, mit seinem System den Grundbedarf zu decken und die Ölheizung nur für Spitzenlasten anzuwerfen. Sie soll voraussichtlich an 30 Tagen im Jahr laufen und ca. 250 l Öl verbrauchen, ungefähr ein Zehntel des Bisherigen.

Der Maschinenbauingenieur, Verfahrenstechniker und Kältemaschinen-Experte sieht sich selbst nicht als Erfinder, sondern als „Topanwender“, der bekannte Dinge geschickt kombiniere. Der Sandspeicher soll zwei wichtige Probleme lösen. Erstens: Einfamilienhäuser bis Baujahr 1994 bräuchten in der Regel eine aufwendige Sanierung, um eine Wärmepumpe effizient einzusetzen. In Deutschland gibt es Millionen solcher Bestandsbauten. „Für die Oldies ist unsere Lösung perfekt: 80 °C als Vorlauftemperatur schafft die spielend.“ Zweitens: Wohin mit dem überschüssigen Solarstrom, wenn die Einspeisevergütungen immer weiter sinken?

Sandspeicher: Die Nachfrage ist hoch, die Produktion ausgelastet

Das System erfülle die GEG-Anforderung, mindestens 65 % der Heizenergie regenerativ und klimaneutral bereitzustellen. Kunden können daher staatliche Förderungen in Anspruch nehmen, versichert Becker. Ein Uno kostet 11.500 € plus Mehrwertsteuer. Zusätzlich muss ein Heizungstechniker ihn an der bestehenden Heizung anbinden und einen Wasserspeicher installieren.

Der Unternehmer beschäftigt sechs Ingenieure und Techniker und betreut zwei Studierende renommierter technischer Universitäten, die Abschlussarbeiten über seinen Thermospeicher schreiben. Für den Ausbau der Produktion braucht er mehr Fachkräfte, zumal er keine Arbeitsprozesse auslagern will. „Ich bin es leid, von Lieferanten abhängig zu sein, außerdem wollen wir die Qualität beibehalten. Das Interesse ist so hoch, dass wir kaum noch nachkommen.“ Dennoch findet er die Zeit, einen weiteren Speicher zu entwickeln, der heiße Luft etwa aus industrieller Abwärme in Strom umwandeln soll.

Ein Beitrag von:

  • Matilda Jordanova-Duda

    Matilda Jordanova-Duda ist freie Autorin für Print, Radio und Onlinemedien. Ihre Themenschwerpunkte sind Existenzgründung und Mittelstand, Energiewende und Industrie 4.0. sowie Bildung und Migration.

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