Sperrzone verkleinert 31.05.2013, 10:04 Uhr

Japan baut Atomkraftwerk in der Türkei und will eigene Reaktoren hochfahren

Zwei Jahre nach der Reaktorkatastrophe in Fukushima hält der neue Regierungschef Shinzo Abe sein Versprechen und setzt wieder verstärkt auf die Atomkraft. In den vergangenen Tagen ließ Abe einen Teil der Sperrzone freigeben. Geplant ist das Wiederanfahren von vier Reaktoren. Und Japan will verstärkt Reaktoren exportieren.

Trotz der anhaltenden Stimmung gegen die Atomkraft setzt der neue japanische Premier Abe auf die Atomenergie und will vier Reaktoren wieder anfahren lassen. Teile der Sperrzone rund um Fukushima hat Abe aufheben lassen. Zudem setzt Abe verstärkt auf den Export japanischer Atomtechnik und hat gerade einen Liefervertrag mit der Türkei unterzeichnet.

Trotz der anhaltenden Stimmung gegen die Atomkraft setzt der neue japanische Premier Abe auf die Atomenergie und will vier Reaktoren wieder anfahren lassen. Teile der Sperrzone rund um Fukushima hat Abe aufheben lassen. Zudem setzt Abe verstärkt auf den Export japanischer Atomtechnik und hat gerade einen Liefervertrag mit der Türkei unterzeichnet.

Foto: dpa Bildfunk

Nach der Erdbeben- und Tsunami-Katastrophe in Fukushima hat es die einst so stolze japanische Kernenergiewirtschaft extrem schwer. Im eigenen Land ist erstmals der Widerstand gegen die Stromerzeugung aus Kernenergie so stark, dass die Mehrzahl der japanischen Kernkraftwerke nach wie vor still liegt. Mehr als zwei Jahre nach Fukushima werden die allermeisten japanischen Kernenergieanlagen noch immer auf bisher unterschätzte technische Risiken und entsprechende Abwehrmöglichkeiten hin untersucht.

Doch Regierungschef Abe will das Rad zurückdrehen und die Atomenergie wiederbeleben. So ließ er gerade die Gemeinde Futaba in der Sperrzone rund um Fukushima wieder freigeben. Allerdings ist dort die radioaktive Strahlung immer noch so hoch ist, dass man dort nicht leben kann. „Freigeben“ bedeutet bei Abe, dass die früher 7000 Einwohner für kurze Besuche in der Stadt aufhalten dürfen und ihre Habe an ihre neuen Wohnorte holen können.

Teile der Sperrzone Fukushima freigegeben

In den Nachbardörfern von Futaba sollen die Menschen sogar wieder dauerhaft leben. Die dortigen Häuser wurden mit Hochdruckgeräten gereinigt, die obere Erdschicht abgetragen. Und dennoch ist die Strahlung noch so hoch, dass vor allem Kinder dort nicht leben sollten. Dennoch appelliert die Regierung an die Menschen, in ihre  Dörfer zurück zu kehren.

Normalität signalisiert Abe aber auch in Sachen Atomkraft. So sollen vier Reaktoren wieder ans Netz gehen. Im Juli werden die Details für die bevorstehende Sicherheitsüberprüfung veröffentlich. Aber die Ziel ist klar: Japan will zeigen, dass man selbst eine Atomkatastrophe managen kann.

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Japan will verstärkt Atomtechnik exportieren

Dahinter stecken auch ganz handfeste, wirtschaftliche Interessen. Denn Japan will seine Atomtechnik verstärkt exportieren. Japan betreibt seine Reaktoren immerhin auf einer von starken Erdbeben geschüttelten Insel und will genau mit diesem Argument seine Exporte ankurbeln. Mit Erfolg: Jetzt hat die Türkei, die ebenfalls große tektonisch aktive Gebiete umfasst, ein japanisches Atomkraftwerk bestellt.

Premierminister Abe reiste Anfang Mai persönlich nach Ankara, um den Coup zu besiegeln. Mit seinem türkischen Amtskollegen Tayyip Erdogan unterzeichnete Abe ein Abkommen zum Bau einer Kernkraftwerksanlage in der Türkei. Die Entscheidung für das von Japan geleitete Anbieter-Konsortium hat Erdogan gegenüber Nikkei, der größten japanischen Wirtschaftszeitung, ausdrücklich mit der technischen Erfahrung der japanischen Ingenieure mit der Kernenergie begründet. Wörtlich sagte Erdogan: “Sie haben das Know-how selbst für den Umgang mit Erdbeben.“

Türkischer Reaktor für 20 Milliarden US-Dollar

Das auf mindestens 20 Milliarden US-Dollar veranschlagte Projekt hat aber nicht nur technische und wirtschaftliche Bedeutung. Für die Türkei unterstreicht die Entscheidung zugunsten Japans als Konsortialführer die eigene Unabhängigkeit, gerade weil Russland das erste Kernkraftwerk des Landes gebaut haben und die volle Finanzierung für ein weiteres Kraftwerk angeboten hat.

Aber ihren eigenen Plänen zufolge übernimmt die türkische Regierung selbst 50 Prozent an dem 4500 Megawatt (MW) großen Kraftwerks-Projekt in Sinop am Schwarzen Meer. Japans Mitsubishi Heavy Industries ist mit 30 Prozent der zweitgrößte Konsortialpartner, gefolgt von der französischen GDF Suez mit 20 Prozent. Welche weiteren französischen und japanischen Unternehmen an dem Kernkraftwerk in der Türkei beteiligt werden, steht noch nicht fest. Im Gespräch sind vor allem die französische Areva und die japanische Toshiba Westinghouse

Großbritannien plant acht neue Atomkraftwerke

Mit Sicherheit werden die japanischen Kernenergie-Unternehmen nach dem Erfolg in der Türkei ihre Verkaufsanstrengungen in Europa verstärken. Die nächste große Bauentscheidung steht für Großbritannien an. Dort sollen in den nächsten Jahren insgesamt acht Kernkraftwerke zum Ersatz stillzulegender alter Anlagen gebaut werden. Die französische Industrie verfügt für vier Kernkraftwerke schon über eine Baugenehmigung. Um die anderen vier Anlagen bemühen sich derzeit die chinesische und die japanische Kernkraftindustrie.

Ein Beitrag von:

  • Axel Mörer-Funk

    Axel Mörer-Funk ist Gesellschafter der Medienagentur S-Press in Bonn. Nach einem Volontariat beim Bonner Generalanzeiger und dem Besuch der Journalistenschule Hamburg arbeitete er u.a. als freier Journalist für dpa, Bunte und Wirtschaftswoche.

  • Peter Odrich

    Peter Odrich studierte Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Verkehrsbetriebe. Nach 28 Jahren als Wirtschaftsredakteur einer deutschen überregionalen Tageszeitung mit langer Tätigkeit in Ostasien kehrte er ins heimatliche Grossbritannien zurück. Seitdem berichtet er freiberuflich für Zeitungen und Technische Informationsdienste in verschiedenen Ländern. Dabei stehen Verkehrsthemen, Metalle und ostasiatische Themen im Vordergrund.

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