Japan beginnt mit Reaktivierung des größten Kernkraftwerks der Welt
Das japanische Energieunternehmen TEPCO hat am 15. April damit begonnen, die ersten Brennelemente zum Kashiwazaki-Kariwa Kernkraftwerk zu transportieren. Das Atomkraftwerk wurde ein Jahr nach der Fukushima-Katastrophe von 2011 stillgelegt und soll nun reaktiviert werden.
Ende 2023 hatte die japanische Regierung das Betriebsverbot für das weltweit größte Atomkraftwerk aufgehoben, nachdem laut zuständiger Atomaufsichtsbehörde NRA das Sicherheitssystem der Anlage Kashiwazaki-Kariwa verbessert worden ist. Der Ball lag dann bei den Kommunen, die nun scheinbar grünes Licht gegeben haben. Am 15. April wurden die ersten Brennelemente zu Reaktor Nr.7 gebracht. Insgesamt sollen laut der Tokyo Electric Power Company (TEPCO) 872 Brennstäbe aus den Lagern der Anlage in den Reaktor eingebracht werden. Dieser Prozess wird ungefähr eineinhalb Monate dauern.
Seit 2021 wird an der Reaktivierung gearbeitet
Seit 2012 ist die Anlage mit einer Kapazität von 8,2 Gigawatt komplett abgeschaltet. Dies geschah ein Jahr nach der Katastrophe von Fukushima, als alle Kernkraftwerke abgeschaltet wurden. Im Jahr 2021 untersagte die Atomaufsichtsbehörde (NRA) dem Betreiber TEPCO die Wiederinbetriebnahme. Grund dafür waren wiederholte und schwerwiegende Verstöße gegen die Sicherheitsvorschriften zum Schutz vor Terrorismus.
TEPCO musste einräumen, dass die Sicherheitsvorkehrungen an 16 Stellen der Anlage unzureichend waren, so dass Unbefugte leicht auf das Gelände hätten gelangen können. Darüber hinaus stellten die NRA-Inspektoren fest, dass TEPCO versucht hatte, diese Mängel zu vertuschen. Nun scheint alles geregelt zu sein, zumindest hat das Energieunternehmen nun von der NRA die Erlaubnis erteilt bekommen, die Brennstäbe ins AKW einzubauen.
Weitere Hürden bis zur Inbetriebnahme
Bis zur Inbetriebnahme muss das Kraftwerk noch einige Hürden nehmen. Dazu gehören weitere Sicherheitsinspektionen und die Zustimmung des Gouverneurs der Region. Es ist jedoch nicht sicher, dass diese Hürden problemlos genommen werden können. Der Verstoß gegen die Sicherheitsvorschriften im Jahr 2021 ist noch immer im Gedächtnis.
Bereits vor diesen Ereignissen kam es im Kernkraftwerk Kashiwazaki-Kariwa immer wieder zu Regelverstößen. So wurde im Jahr 2000 der Reaktorblock 6 vorübergehend abgeschaltet, weil im Kühlkreislauf 300-fach erhöhte Jodwerte festgestellt wurden. Zwei Jahre später wurde bekannt, dass TEPCO 16 Jahre lang Sicherheitsberichte gefälscht und Inspektionen aus Kostengründen verzögert hatte. Auch in den folgenden Jahren traten immer wieder Mängel auf.
Über das Kernkraftwerk Kashiwazaki-Kariwa
Das Kraftwerk befindet sich in der japanischen Präfektur Niigata auf einem 4,2 km2 großen Gelände. Es wurde 1985 in Betrieb genommen und beherbergt den weltweit ersten fortgeschrittenen Siedewasserreaktor.
Ein Siedewasserreaktor zeichnet sich durch einen geschlossenen Wasser-Dampf-Kreislauf aus. Im Kühlkreislauf zirkuliert das Kühlmittel durch den Reaktorkern, wo die Wärme aus der Kernspaltung in den Brennelementen das Wasser auf etwa 286 Grad Celsius erhitzt. Dadurch beginnt das Wasser direkt im Reaktordruckbehälter zu sieden, der dabei unter einem Druck von etwa 70 bar steht. Das Sieden und Verdampfen des Kühlmittels im Reaktordruckbehälter ist ein charakteristisches Merkmal des Siedewasserreaktors, das ihn von anderen Reaktortypen wie dem Druckwasserreaktor unterscheidet.
Die Anlage von Kashiwazaki-Kariwa verfügt über sieben Reaktoren, von denen fünf eine Leistung von jeweils 1,1 GW haben. Die verbleibenden zwei Reaktoren können jeweils 1.365 MW erzeugen. Als die Anlage 2012 abgeschaltet wurde, hatte sie eine elektrische Gesamtleistung von 8,2 GW. Damit war sie das leistungsstärkste Kernkraftwerk der Welt.
Warum geht die Anlage wieder ans Netz?
Die geplante Wiederinbetriebnahme des Kernkraftwerks Kashiwazaki-Kariwa ist Teil der Bemühungen Japans, stillgelegte Kernreaktoren wieder in Betrieb zu nehmen, um die Energiesicherheit zu erhöhen. Damit soll auch der Kohlenstoffausstoß Japans verringert werden. Angesichts der begrenzten natürlichen Ressourcen des Landes, das rund 90 Prozent seines Energiebedarfs importiert, ist die Kernenergie eine wichtige Option, um die Selbstversorgung zu verbessern.
Ende 2022 hat Japan seine Energiepolitik überarbeitet und seine Haltung zur Kernenergie geändert. Dieser Prozess wurde teilweise durch den Anstieg der Energiekosten, wie zum Beispiel des Preises für Flüssigerdgas (LNG), beschleunigt, der die Entscheidungsträger dazu veranlasste, ihre Energiepolitik zu überdenken.
Ein Beitrag von: