Jedes dritte Atommüllfass in Brunsbüttel ist stark beschädigt
Die Zahl der defekten Fässer mit strahlendem Atommüll im stillgelegten Atomkraftwerk Brunsbüttel steigt immer weiter an. Jedes dritte bisher untersuchte Fass weist inzwischen starke Schäden auf.
Die Kellerdecke im stillgelegten Atomkraftwerk Brunsbüttel in Schleswig-Holstein ist 110 Zentimeter dick und das ist auch gut so. Denn darunter lagern in sechs sogenannten Kavernen insgesamt 631 Fässer mit schwach- und mittelradioaktiven Abfällen. Diese Fässer werden derzeit von der Betreiberfirma Vattenfall inspiziert. Die verheerende Zwischenbilanz: Von den bisher untersuchten 335 Fässern sind 102 stark beschädigt. Damit sind unter anderem lose Deckel, der Austritt des Fassinhaltes und wanddurchdringende Korrosion gemeint.
Schadensquote steigt von 22 auf 30 Prozent in nur zwei Wochen
Im Laufe der Inspektion hat sich dort im hohen Norden eine erschreckende Dynamik entwickelt. Ende September hatte Vattenfall 251 der Atommüll-Fässer untersucht. 55 davon wurden als kaputt eingestuft. Die Schadensquote ist damit von knapp 22 Prozent Ende September auf 30 Prozent Anfang Oktober in die Höhe geschnellt.
Von den 84 zuletzt inspizierten Fässern waren 47 stark beschädigt. Das entspricht einer Schadensquote von 56 Prozent. Heute, am 10. Oktober, beginnt Vattenfall mit einer Spezialkamera mit der Inspektion der 75 Fässer in der Kaverne 3. Zwei Wochen gibt sich Vattenfall dafür. Auch hier ist Schlimmes zu befürchten. Denn die ersten Einlagerungen in dieser Kaverne begannen vor 35 Jahren – im Jahre 1979.
Vorgelegtes Bergungskonzept ist bereits Makulatur
„Die Abfälle stammen aus der Abwasseraufbereitung bzw. aus den Prozesskreisläufen des Kernkraftwerkes“, schreibt Vattenfall in einer aktuellen Pressemitteilung. „Dazu gehören Filterharze ebenso wie Verdampferkonzentrate. Filterharze dienen dazu, das Wasser in den Prozesskreisläufen so rein wie möglich zu halten. Verdampferkonzentrate sind getrocknete Rückstände aus der Abwasseraufbereitung.“
Ende September hat Vattenfall der Atomaufsichtsbehörde in Kiel einen ersten Entwurf für ein Bergungskonzept vorgelegt. Dieses Konzept ist schon jetzt Makulatur und muss erweitert werden. Der Grund sind die jetzt bei der Inspektion festgestellten starken Schäden an den Fässern, insbesondere der Fund eines deformierten Fasses sowie ausgetretener Fassinhalt in der Kaverne 2. „Beides lässt sich mit den bislang entwickelten Greifvorrichtungen nicht bergen“, erläutert die Atomaufsicht.
Inspektion soll bis zum Jahresende abgeschlossen sein
Nach den Planungen der Atomaufsicht soll Vattenfall die Inspektion aller 635 Fässer bis zum Jahresende abgeschlossen haben und danach so schnell wie möglich mit der Bergung beginnen. „Das soll verhindern, dass sich der Zustand der Fässer weiter verschlechtert“, schreibt die Atomaufsicht. Vattenfall betont in seiner Pressemitteilung: „Die Kavernen sind sicher, weder für das Personal noch für die Bevölkerung besteht Gefahr.“
Lufttrocknungsanlage installiert
In Kaverne 2 hat Vattenfall aufgrund der erhöhten Luftfeuchtigkeit eine Lufttrocknungsanlage installiert. Kaverne 1 wird jetzt auch mit einer solchen Anlage ausgestattet. Die Kavernen waren konzeptionell nicht für eine längerfristige Aufbewahrung vorgesehen. Denn der Plan sah vor, die Fässer im Schacht Konrad bei Salzgitter als bundesweites Endlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle einzulagern.
Doch dort klemmt es gewaltig: Der Schacht Konrad sollte ursprünglich Mitte bis Ende der 90er Jahre fertiggestellt werden. Inzwischen rechnet das Bundesumweltministerium mit einer Inbetriebnahme dieses Endlagers im Jahr 2022.
Bis die rostigen Fässer ihre letzte Reise nach Salzgitter antreten, werden sie zunächst in bereits bestehende Transportbereitstellungshallen gelagert. Dann kommen sie in ein neu zu errichtendes Zwischenlager für schwach- bis mittelradioaktive Abfälle, das im Zuge des beantragten Rückbaus des Kernkraftwerks entstehen soll.
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