Kann Künstliche Intelligenz das Stromnetz der Zukunft gestalten?
Im Projekt „Data4Grid“ der Deutschen Energie-Agentur „dena“ wurde erforscht, welches Potenzial der Einsatz von KI und Datenanalyse in Stromverteilnetzen hat. Man hat neue Chancen und Herausforderungen identifiziert und analysiert, die sich aus der Integration dieser Technologien in das Stromnetz ergeben könnten. Es gibt aber auch einige Hürden zu bewältigen.
Die Netzbetreiber haben mit der zunehmenden Digitalisierung und Dezentralisierung des Stromnetzes immer mehr Herausforderungen, die sie meistern müssen. Schließlich führt der Ausbau der erneuerbaren Energien zu einem zunehmend dezentralen Energiesystem. Und das erfordert mehr Koordination. Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) könnte eine Lösung dafür sein, die steigenden Komplexität auf allen Ebenen im Stromnetz zu beherrschen.
So wird z.B. im Projekt „Data4Grid“ der Deutschen Energie-Agentur erforscht, wie man in Stromverteilnetzen KI einsetzen und wie man dadurch die Daten analysieren kann. Im Projekt wurde untersucht, wie groß das Potenzial der Nutzung von Datenanalyse und Künstlicher Intelligenz im Stromverteilnetz ist. Die Forschenden wollten herausfinden, welche Chancen und Herausforderungen sich bei der Integration dieser Technologien in das Stromnetz ergeben. Noch wichtiger war es in Erfahrung zu bringen, welche möglichen Auswirkungen auf die kritische Infrastruktur so ein Einsatz haben könnte.
Im Data4Grid des Future Energy Lab der „dena“ haben Verteilnetzbetreiber mit Start-ups zusammengearbeitet. Ihr Ziel: konkrete Anwendungsfälle für Datenanalysen und KI im Stromnetz in der Praxis voranzubringen.
Kann KI das Stromnetz revolutionieren?
Es wurde dabei festgestellt, dass die KI einen effizienteren und zuverlässigeren Betrieb ermöglicht und „das Potenzial besitzt, das Stromnetz zu revolutionieren“. So kann z.B. das Management dezentraler Energieressourcen wie Solar- und Windparks optimiert und die Widerstandsfähigkeit des Stromnetzes gegen Störungen und Ausfälle verbessert werden. Außerdem sei sie für das Gelingen der Transformation zu einer nachhaltigen Energieversorgung notwendig.
„Das Einsatzfeld von KI in der Energiebranche – und damit auch im Netzgeschäft – ist sehr breit und bietet zahlreiche Chancen. Insbesondere die Anwendungsfelder Prognose sowie Betriebs- und auch Bestandsoptimierung können einen wichtigen Beitrag zur integrierten Energiewende insgesamt leisten. Anwendungen sind hier nicht nur bereits relativ weit entwickelt, sondern haben gleichzeitig ein hohes ökonomisches Potenzial. Nun gilt es, diese Potenziale für die Energiewende und die Stromnetze zu heben“, heißt es im Abschlussbericht „Datenanalysen und künstliche Intelligenz im Stromverteilnetz“.
KI und die kritische Infrastruktur
Das Projekt beinhaltete zwei Teile: einen praktischen und einen wissenschaftlichen Projektteil.
Im praktischen Teil haben die Forschenden Anwendungsfälle für Datenanalysen und KI für Stromverteilnetzbetreiber identifiziert und Challenges definiert. In diesem Projekt wurden anwendbare Konzepte für drei zentrale Herausforderungen entwickelt: die Steigerung der Netztransparenz, die Prognose zur Entwicklung der Elektromobilität und verbesserte Verbrauchsprognosen.
Im wissenschaftlichen Teil ging es darum, ein Gutachten zu erarbeiten. Dabei mussten folgende Fragen geklärt werden:
- was ist beim Einsatz von Datenanalysen und KI im Stromnetz als kritischer Infrastruktur zu beachten?
- wie kann KI sicher eingesetzt werden?
- wie kann die Datenlage bei Netzbetreibern verbessert werden?
Es mussten alle potenziellen Vorteile und Risiken, die mit dem Einsatz von KI im Stromnetz verbunden sind, festgestellt und analysiert werden.
„Insgesamt bieten das Data4Grid-Projekt und der dazugehörige Abschlussbericht wertvolle Einblicke in das Potenzial von KI im Stromnetz sowie in die mit ihrem Einsatz verbundenen Vorteile und Risiken. Die Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit eines umfassenden Ansatzes für die Integration von KI in das Stromnetz, einschließlich eines gründlichen Verständnisses der rechtlichen Rahmenbedingungen und der Bedeutung von Datenmanagement und -sicherheit“, stellt Dr. Sebastian Wende-von Berg vom Fraunhofer IEE (Das Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik) abschließend fest.
Selbstheilungsfunktion bei Stromausfällen
Eigentlich ist die Idee, KI in der Energiewirtschaft einzusetzen, nicht neu. So haben z.B. vor einigen Monaten die Medien von einem chinesischen KI-System berichtet, es soll dafür sorgen, dass Stromausfälle statt mehrerer Stunden nur noch einige wenige Sekunden dauern. Man sprach von der sogenannten „Selbstheilungsfunktion“, die kein menschliches Eingreifen für solche Fälle voraussetzte.
Das ist nur ein Beispiel für einen möglichen Einsatz von KI, was zeigt, dass die Anwendungsfelder von künstlicher Intelligenz in der Energiewirtschaft sehr vielfältig sein können.
„Sie lassen sich in die Cluster Allgemeine Entscheidungsgrundlagen, Instandhaltung und Sicherheit sowie Vertriebs- und Verbraucherservice einteilen. Dahinter verbergen sich unter anderem Prognosen, Betriebs- und Bestandsoptimierung, Planungsoptimierung, Predictive Maintenance und Sicherheitsmaßnahmen,“ steht im Abschlussbericht. Damit bietet die KI zahlreiche Chancen.
Anwendungsfelder von künstlicher Intelligenz in der Energiewirtschaft
So lassen sie sich laut Bericht in folgende Bereiche unterscheiden: Netzbetrieb (Prognose und Echtzeitbestimmung des Netzzustands, Steigerung der Genauigkeit von Einspeiseprognosen, Erzeugung von Lastzeitreihen für unterschiedliche Verbrauchertypen, Agentenbasierte Betriebsführung), Netzplanung und -entwicklung (Genauere Gleichzeitigkeitsberechnungen für auslegungsrelevante Lastfälle, Optimierte Positionierung öffentlicher E-Ladestationen, Prüfung von Netzanschlussbegehren, Erstellung von Szenarioanalysen für die Nutzung neuer Lasten), Asset Management und Projektierung (Monitoring und optimierte Wartung von Freileitungen für sicheren Freileitungsbetrieb, Analyse zur Prognose und Frühwarnung von Störungen in Umspannwerken), Organisation und Koordination der Akteure (Erkennung von Datenmanipulationen und Cyberangriffen zur Gewährleistung der IKT-Sicherheit, Unterstützung bei netzdienlicher Steuerung von flexiblen Lasten).
Hürden und Risiken bei dem KI-Einsatz
Allerdings muss man noch viele Hürden überwinden, um eine flächendeckende Einführung von datengetriebenen Anwendungen zu ermöglichen. „Als signifikanteste Hürden sind hier mögliche Konsequenzen bei Fehlern oder Abbrüchen in den datengetriebenen Prozessen beim Einsatz in kritischen Infrastrukturen, die Erfassung, Haltung und Verarbeitung der Daten sowie die regelkonforme Verwendung der Daten und Beschreibung neuer Prozesse genannt“, heißt es im Gutachten. Es wurde aber festgehalten, dass „der Einsatz von Anwendungen mit künstlicher Intelligenz zu keinem signifikant gesteigerten Risiko bei dessen Einsatz in kritischen Prozessen, bzw. Prozessen in kritischen Umfeldern führen muss“.
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