KKW-Rückbau: „Sehr gute Aussichten“
Stiege Deutschland schneller aus der Kernkraft aus als bisher gedacht, würde es auch Gewinner geben. Zum Beispiel die Spezialisten, die alte Reaktoren demontieren. Die Branche traf sich letzte Woche in Dresden zum 10. Symposium „Konditionierung radioaktiver Betriebs- und Stilllegungsabfälle (Kontec)“.
Sollten die Kernkraftwerke in Deutschland, die aufgrund der Reaktorunfälle im japanischen Fukushima abgeschaltet wurden, dauerhaft vom Netz getrennt bleiben oder gar der komplette Ausstieg aus der friedlichen Nutzung der Kernenergie erfolgen, sieht die Branche erwartungsvoll großen Aufträgen entgegen. Dementsprechend positiv war die Stimmung auf dem 10. Symposium „Konditionierung radioaktiver Betriebs- und Stilllegungsabfälle (Kontec)“ in Dresden.
Friedrich-Wilhelm Bach, Direktor des Instituts für Werkstoffkunde der Leibniz Universität Hannover, betonte ausdrücklich, dass „die Tagung frei von jedweder politischer Polemik ist. Es gibt zwar objektiv keinen Grund, fröhlich zu feiern, aber zum Gedankenaustausch in Ruhe.“
Um die erwarteten Aufgaben meistern zu können, stellen die Unternehmen der Branche schon heute überproportional viele neue Mitarbeiter ein, erläuterte Andreas Roth, Director Global Waste Management bei Westinghouse. „Die Zukunftsaussichten sind sehr gut wegen der in den bestehenden Anlagen durchgeführten lebensverlängernden Maßnahmen und Neubauten sowie durch den Rückbau von Altanlagen. Wir haben schon 50 % bis 60 % Jungingenieure.“ Aber es würden weitere gebraucht. So stellte Bach zur Sicherung des Kompetenzerhalts den neuen Studentencampus zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses vor.
Das deutsche Atomgesetz (AtG) verpflichtet die Betreiber von Kernkraftwerken zur sicheren Entsorgung von abgebrannten Brennelementen, radioaktiven Betriebsabfällen und nicht dekontaminierbaren Materialien, die aus Betrieb und Rückbau eines Kernkraftwerks resultieren.
Ebenso sind die Betreiber sonstiger kerntechnischer Einrichtungen zur sicheren Entsorgung des nuklearen Abfalls verpflichtet. „Dazu sind feste sowie flüssige radioaktive Abfälle zu behandeln“, erläuterte Holger Bröskamp, Sprecher der Geschäftsführung der GNS Gesellschaft für Nuklear-Service mbH, Essen. „Durch geeignete Konditionierungsverfahren muss deren Zwischen- und Endlagerfähigkeit bis zur Einlagerung zum Beispiel im Endlager ,Schacht Konrad‘ sichergestellt werden.“
Die Branche bewegt sich also innerhalb eng gefasster Vorgaben. In Dresden wurden daher viele Innovationen im Detail vorgestellt. Dazu gehören Konstruktionsverbesserungen und Anwendungserweiterungen, generell neue Verfahren wurden jedoch keine vorgestellt.
Ein Teil der anfallenden radioaktiven Reststoffe kann wieder verwendet werden. So wird z. B. bei der Herstellung von GNS-Abschirmbehältern des Typs Mosaik kontaminierter Stahlschrott als Zusatz für das Gussmaterial bei der Siempelkamp-Gießerei verwendet, was einen sinnvollen Beitrag zur Verringerung der Abfallmengen darstellt.
Hermann-Josef Meiswinkel vom Bundesministerium für Bildung und Forschung stellte in Dresden auch den zehnten Statusbericht „Stilllegung und Rückbau kerntechnischer Anlagen“ vor. Diese sogenannte Stilllegungsbroschüre wurde von der Brenk Systemplanung (BS) GmbH, Aachen, erarbeitet. Sie liegt jetzt auch in Englisch vor und berücksichtigt die neuesten Entwicklungen hinsichtlich der Endlagerung, so BS-Autor Stefan Thierfeldt.
„In Deutschland wurden bereits mehrere kerntechnische Anlagen stillgelegt und zum Teil vollständig beseitigt“, hob Meiswinkel hervor. „Deutschland verfügt daher über umfangreiches Know-how.“ Die sich auf der Kontec präsentierenden Unternehmen würden deshalb mit Sicherheit auch international gefragte Partner sein. Die Rückbauexperten arbeiten dabei oft in Unternehmen, die öffentlich finanziert sind. So sind in der Energiewerke Nord (EWN) Gruppe gleich mehrere Unternehmen zusammengefasst.
Die EWN betreiben den Rückbau der Kernkraftwerke Greifswald und Rheinsberg sowie das Zwischenlager Nord am Standort Lubmin. Die Arbeitsgemeinschaft Versuchsreaktor (AVR) baut den Kugelhaufenreaktor in Jülich zurück. Die Wiederaufarbeitungsanlage Karlsruhe Rückbau- und Entsorgungs-GmbH (WAK) kümmert sich um die nuklearen Anlagen am Standort des ehemaligen Kernforschungszentrums Karlsruhe. Die EWN-Gruppe ist wiederum zu einem Viertel an Aufgaben der mehrheitlich privaten Deutschen Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern für Abfallstoffe (DBE) beteiligt, die Endlager für radioaktive Abfälle im Auftrag des Bundesamtes für Strahlenschutz planen, errichten und betreiben soll.
ECKART PASCHE
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