Hitze 11.07.2023, 11:38 Uhr

Klimaanlagen vs. Klimaschutz: Sind wir eiskalte Egoisten?

Die steigende Nachfrage nach Klimaanlagen für den privaten Gebrauch kann als egoistischer Akt betrachtet werden. Schließlich führt sie zu einer individuellen Komfortsteigerung, aber gleichzeitig haben Klimaanlagen negative Auswirkungen auf das Klima.

Klimaanlage

Klimaanlagen: Egoismus im Hitzechaos?

Foto: PantherMedia / VadimVasenin

Die zunehmende Hitze im Sommer kann deprimierend sein, insbesondere für Menschen, die damit schlecht umgehen können. Müdigkeit, Antriebslosigkeit und Kopfschwere können auftreten. Besonders ältere Menschen und solche mit gesundheitlichen Problemen haben es noch schwerer. Gemäß wissenschaftlichen Erkenntnissen stellen heiße Tage und Tropennächte eine bedeutende Gefahr für die Gesundheit dar.

Hohe Temperaturen belasten den Körper erheblich und können zu Konzentrationsstörungen am Tag und Schlafproblemen in der Nacht führen, wenn der Körper überhitzt ist. In solchen Situationen fällt es schwer, den Sommer zu genießen, es sei denn, man befindet sich am Meer und hat jederzeit Zugang zum kühlen Wasser. Nicht zuletzt gibt es gute Gründe dafür, dass der Unterricht für Schüler bei extremen Hitzebedingungen ausfällt.

Es scheint, dass wir, wenn es um das Heizen geht, oft über Heizungsregelungen, Wärmepumpen und ähnliche Methoden sprechen, aber wenn es um das Abkühlen geht, beschränken wir uns oft auf „Lüften“ und „viel Trinken“. Es liegt scheinbar nahe, über die Installation einer Klimaanlage nachzudenken, wenn die Temperaturen hoch sind. Die weltweiten Verkaufszahlen steigen und die Anzahl der installierten Geräte könnte sich verdreifachen. Jedoch tragen Klimaanlagen selbst zur Verschlechterung des Klimas bei.

Klimaanlagen gegen Klima

In der Regel besteht eine Raumklimaanlage aus einem Außengerät, das sich vor oder an der Seite des Gebäudes befindet, sowie einem oder mehreren Innengeräten, die an der Wand im Raum angebracht sind und die gekühlte Luft verteilen. Diese Art von Geräten wird als Split-Anlagen bezeichnet und erfreut sich weltweit großer Beliebtheit.

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Allerdings tragen diese Klimaanlagen auf zwei Arten zur Klimaschädigung bei. Zum einen durch ihren Stromverbrauch und zum anderen durch die Verwendung klimaschädlicher Kältemittel. Die Fachwelt hat dafür sogar eine spezielle Maßeinheit eingeführt, den TEWI (Total Equivalent Warming Impact).

Mobile Klimaanlagen für die Wohnung?

Viele Menschen beschäftigen sich angesichts steigender Temperaturen mit Fragen wie: Wie funktioniert eine Klimaanlage? Welche Arten gibt es? Viele suchen nach alternativen Lösungen und setzen unter anderem auf mobile Klimaanlagen. Aber sind sie umweltfreundlicher als herkömmliche Anlagen?

Eine mobile Klimaanlage ist ein transportables Klimagerät, das dazu dient, die Temperatur und Luftfeuchtigkeit in einem Raum zu regulieren. Sie wird häufig in Wohnungen, Büros, Schlafzimmern oder kleinen Räumen eingesetzt, in denen keine feste Klimaanlage installiert ist oder temporäre Kühlung benötigt wird.

Im Gegensatz zu fest installierten Klimaanlagen kann eine mobile Klimaanlage einfach transportiert und in verschiedenen Räumen verwendet werden. Sie besteht aus einer Einheit, die das Kühlsystem, den Lüfter und das Abluftsystem enthält. Eine mobile Klimaanlage zieht die warme Raumluft an, kühlt sie mithilfe eines Kältemittels ab und bläst die gekühlte Luft wieder in den Raum. Gleichzeitig wird überschüssige Feuchtigkeit aus der Luft entfernt und entweder in einem Auffangbehälter gesammelt oder über einen Schlauch nach außen abgeführt.

Mobile Klimaanlagen benötigen elektrische Energie, um zu funktionieren, und ihr Betrieb führt zu einem erhöhten Stromverbrauch. Dieser gesteigerte Energiebedarf kann zu verstärkter Nutzung fossiler Brennstoffe führen, was wiederum zu erhöhten CO₂-Emissionen und somit zum Klimawandel beiträgt. Darüber hinaus enthalten die meisten mobilen Klimaanlagen Kältemittel, die Treibhausgase enthalten können. Bei Freisetzung dieser Kältemittel tragen sie zur globalen Erwärmung bei. Einige Kältemittel, wie bestimmte Fluorkohlenwasserstoffe (FKW), weisen ein sehr hohes Treibhauspotenzial auf. Also auch mobile Klimaanlagen sind alles andere als umweltfreundlich.

Klimaanlagen als Luxus oder Notwendigkeit?

Klimaanlagen sind in Deutschland nicht weit verbreitet. Noch nicht. Die meisten Menschen sind sich schon bewusst, dass sie viel Strom verbrauchen und als umweltschädlich angesehen werden. Doch in einigen Alltagssituationen gehört eine Klimaanlage einfach dazu. In einigen Ländern sind sie hingegen gang und gäbe.

Auch hierzulande sind wir in einigen Situationen an die Klimaanlagen angewiesen. Z.B. in Verkehrsmitteln. Wenn in einem Zug die Klimaanlage ausfällt, kann dies dazu führen, dass der gesamte Zug gar nicht mehr weiterfahren darf. Wenn der Zug ohne Klimaanlage doch weiterfährt, sind die Fahrgäste empört, da es schlicht und einfach als unzumutbar empfunden wird.

Ähnlich verhält es sich, wenn man in ein Auto einsteigt – die stickige Hitze im Innenraum ist einfach unerträglich. Daher öffnet man zunächst Fenster, schaltet die Klimaanlage ein und fährt los.

Ein weiteres Beispiel kommt aus dem Arbeitsleben. Viele freuen sich, wenn sie an heißen Tagen im klimatisierten Büro arbeiten können. In den meisten Bürogebäuden gibt es Klimaanlagen und sie sind kaum aus dem Berufsalltag wegzudenken. Schließlich möchten die Arbeitgeber sicherstellen, dass ihre Mitarbeiter leistungsfähig bleiben. Unter bestimmten Umständen kann Arbeitnehmern im Büro sogar hitzefrei gewährt werden, wenn die Raumtemperatur mehr als 35 Grad Celsius beträgt. Allerdings hat der Arbeitgeber zunächst einmal die Verpflichtung, Maßnahmen zum Arbeitsschutz zu ergreifen.

Diese Beispiele verdeutlichen, dass auch in Deutschland Menschen stärker auf Klimaanlagen angewiesen sind und sie gerne nutzen, als oft angenommen wird. Nur zu Hause verzichten viele darauf. Doch auch dieser Trend scheint sich zu ändern.

Wachstum im Verkauf von Klimageräten

Laut einer Umfrage des Vergleichsportals Verivox, über die die dpa berichtet, gaben 13 Prozent der befragten Personen in Deutschland an, eine Klimaanlage zur Kühlung ihrer Wohnung oder ihres Hauses zu besitzen. Die Mehrheit von 87 Prozent hingegen besitzt keine solche Anlage. Jedoch planen 16 Prozent der Befragten den Kauf einer Klimaanlage in naher Zukunft.

Als Hauptgrund für den Verzicht auf eine Klimaanlage wurde laut der Umfrage angegeben, dass das Raumklima auch ohne eine solche Anlage als ausreichend empfunden wird. Dies gaben 42 Prozent der Befragten an. Darüber hinaus finden 41 Prozent die Anschaffungs- und Betriebskosten der Klimaanlagen zu hoch und halten ihre Wohnung beispielsweise mit Ventilatoren bereits kühl. Die Umweltbelastung durch Klimaanlagen spielt hingegen nur für 21 Prozent der Befragten eine Rolle.

Die Branche erwartet jedoch in den kommenden Jahren ein Wachstum im Verkauf von Klimageräten. Laut Frank Ernst, dem Geschäftsführer des Fachverbandes Gebäude-Klima, können Raumklimageräte nicht nur im Sommer zur Kühlung der Wohnung eingesetzt werden, sondern auch im Winter zum Heizen. Daher können diese Geräte auch herkömmliche Heizsysteme ersetzen.

Bis zu 92 Prozent der Bevölkerung in Deutschland an Klimaanlagen angewiesen?

Wie die Berliner Zeitung unter Berufung auf eine im Juli 2022 veröffentlichte Studie der renommierten Harvard University berichtet, haben Wissenschaftler zwei Szenarien im Zusammenhang mit der globalen Erwärmung und dem damit einhergehenden Bedarf an Klimaanlagen untersucht. Dabei wurden die Auswirkungen sowohl eines Szenarios mit stark ansteigenden Treibhausgasemissionen im Vergleich zum heutigen Durchschnitt als auch eines Szenarios mit reduzierten, aber nicht vollständig eliminierten Emissionen betrachtet.

Die Forscher kamen zu dem Schluss, dass im Szenario mit steigenden Emissionen „bis zu 92 Prozent der Bevölkerung in Deutschland bei extremen Hitzewellen auf Klimaanlagen angewiesen wären“. Diese Zahl ist bemerkenswert, insbesondere wenn man sie mit den 13 Prozent der Befragten vergleicht, die in Deutschland angaben, bereits eine Klimaanlage zu besitzen. Mit anderen Worten: Es besteht dringender Handlungsbedarf. Nun stellt sich die berechtigte Frage: Wie kann der Klimaschutz im Zusammenhang mit dem Einsatz von Klimaanlagen in Einklang gebracht werden?

Auf der Suche nach alternativer Kühlung

Experten im Bereich der Gebäudekühlung suchen bereits nach Alternativen zur herkömmlichen Split-Anlage. Eine mögliche Option ist die wassergestützte Verdunstungskühlung. Diese Methode ist jedoch nur in Regionen geeignet, in denen keine hohe Luftfeuchtigkeit herrscht. Passive Kühlungstechniken zielen darauf ab, die natürliche Kühlung von Gebäuden zu optimieren, indem sie Maßnahmen wie eine effektive Isolierung, die Nutzung natürlicher Belüftung durch Fenster und Lüftungsöffnungen, die Ausrichtung des Gebäudes für Schattennutzung und den Einsatz von wärmeabsorbierenden oder reflektierenden Materialien berücksichtigen.

Diese Ansätze ermöglichen es, die Abhängigkeit von mechanischen Kühlsystemen wie Klimaanlagen zu verringern oder sogar zu vermeiden. Passive Kühlungstechniken bieten nachhaltige Lösungen, um den Energieverbrauch und die Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Durch eine sorgfältige Planung und Umsetzung dieser Strategien kann das Raumklima angenehm gehalten werden, ohne auf energieintensive Kühlsysteme angewiesen zu sein.

Im Spannungsfeld zwischen Komfort und Klimaschutz

Klimaanlagen bieten zweifellos einen gewissen Komfort und können Menschen dabei helfen, in heißen und schwülen Umgebungen angenehmer zu leben. Doch wird man automatisch als Egoist eingestuft, wenn man sich eine Klimaanlage anschafft?

Nun stehen zwei grundlegende Fragen im Raum: Sich abzukühlen und auf die eigene Gesundheit zu achten oder der Hitze widerstehen und den Klimaschutz priorisieren? Es bedarf zweifellos neuer technischer Ansätze, die diese Fragen intelligent lösen können, sodass Menschen gar nicht vor dieser Entscheidung stehen müssen. Bis dahin bleibt es jedem Einzelnen überlassen, welche Seite der Waagschale er wählt: eine Klimaanlage für mehr Komfort und die eigene Gesundheit oder den Klimaschutz.

Ein Beitrag von:

  • Alexandra Ilina

    Redakteurin beim VDI-Verlag. Nach einem Journalistik-Studium an der TU-Dortmund und Volontariat ist sie seit mehreren Jahren als Social Media Managerin, Redakteurin und Buchautorin unterwegs.  Sie schreibt über Karriere und Technik.

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