Neue Erkenntnisse zu Solarenergie aus dem Weltraum gewonnen
Vor etwa einem Jahr startete der Caltec-Satellit in den Weltraum, um drei Technologien zu erproben, die notwendig sind, um die Erzeugung und Übertragung von Solarenergie aus dem All Wirklichkeit werden zu lassen – mit Erfolg. Nun sind die Tests abgeschlossen und die Forschenden haben wichtige Erkenntnisse gewonnen.
Große Weltraumkraftwerke zapfen die unendliche Energie der Sonne an, bündeln diese und übertragen sie auf die Erde. Die Idee ist keineswegs neu. Doch birgt dieses Vorhaben enorme wirtschaftliche sowie technologische Herausforderungen. Um herauszufinden, wie sich Sonnenergie aus dem All möglichst effektiv gewinnen und auf die Erde übertragen lässt, haben Forschende des California Instituts of Technology (CalTech) im Januar 2023 den Prototyp eines Satelliten mit Solarzellen, den Caltech Space Solarpower Demonstrator (SSPD-1), in den Weltraum geschickt.
Im Juni 2023 gelang es dem Forschungsteam dann erstmals, Solarstrom mithilfe von Mikrowellen auf die Erde zu übertragen – eine Premiere in diesem Bereich. Neben der Übertragung von Solarenergie dank flexibler, leichter Mikrowellensender (MAPLE-Experiment) ging es den Forschenden um das Testen einer ausfaltbaren Struktur (DOLCE-Experiment) sowie um das Testen verschiedener Photovoltaik (PV)-Zellen. Alle drei Testreihen waren erfolgreich, auch wenn längst nicht alles nach Plan verlief.
DOLCE: Solar-Kraftwerk erfolgreich entfalten
Bei dem DOLCE-Experiment (Deployable on-Orbit ultraLight Composite Experiment) ging es zunächst darum eine 1,8 mal 1,8 Meter ultraleichte, faltbare Struktur zu testen, die später einmal als Solarkraftwerk dienen soll. Die zusammengefaltete Apparatur sollte sich im Test in etwa drei bis vier Tagen entfalten, doch traten beim Entfaltungsmechanismus Probleme auf. Mithilfe der am DOLCE-Modul befestigten Kamera und eines maßstabsgetreuen Arbeitsmodells konnten die Forschenden alle Komplikationen erfolgreich beheben.
„Der Weltraumtest hat die Robustheit des Grundkonzepts bewiesen, das uns trotz zweier Anomalien einen erfolgreichen Einsatz ermöglichte“, sagt Sergio Pellegrino, Professor für Luft- und Raumfahrt und Bauingenieurwesen. „Wir haben neue Wege entwickelt, um den Auswirkungen des Eigengewichts bei ultraleichten, entfaltbaren Strukturen entgegenzuwirken.“ Die Lehren aus diesen Erfahrungen würden definitiv in den nächsten Entfaltungsmechanismus einfließen, so Pellegrino.
ALBA: Sonnenenergie im Weltraum zapfen
Ob und welche Photovoltaik-Zellen den rauen Weltraumbedingungen standhalten, sollte das ALBA- Experiment zeigen. In diesem wurden insgesamt 32 verschiedene Arten von PV-Zellen über einen Zeitraum von mehr als 240 Tagen getestet. In dieser Zeit sammelte das Team genügend Daten, um Veränderungen im Betrieb der einzelnen Zellen als Reaktion auf Weltraumwetterereignisse wie Sonneneruptionen und geomagnetische Aktivitäten zu beobachten. Sie stellten zum Beispiel enorme Schwankungen in der Leistung der Perowskit-Zellen fest, während die kostengünstigen Galliumarsenid-Zellen durchweg gute Ergebnisse erzielten.
Dabei ist es nicht so, dass es bisher keine Erfahrungen mit Solarzellen im Weltall gibt. „Solarzellen werden zum Beispiel für die Stromversorgung der Internationalen Raumstation verwendet“, sagt Harry Atwater, Professor für Angewandte Physik und Materialwissenschaften. „Um jedoch ausreichend große Arrays einsetzen zu können, um die Erde mit sinnvoller Energie zu versorgen, muss das Space Solar Power Project (SSPP) Systeme zur Übertragung von Solarenergie entwickeln, die ultraleicht, günstig, flexibel und einsatzfähig sind.“
Derzeit sind Weltraumsolarzellen etwa 100 Mal teurer als handelsübliche Solarzellen und -module. Das liegt daran, dass ihre Herstellung einen kostspieligen Schritt erfordert – das sogenannte Epitaxiewachstum, bei dem kristalline Schichten auf einem Substrat gezüchtet werden. Dem SSPP-Forschungsteam ist es jedoch gelungen, kostengünstige, nicht-epitaktische Weltraumzellen zu entwickeln, indem sie skalierbare Produktionsprozesse genutzt haben, wie sie bei der Herstellung heutiger Silizium-Solarzellen verwendet werden.
MAPLE: Solarenergie mit Mikrowellen übertragen
Im Rahmen des MAPLE-Experiments (Microwave Array for Power-transfer Low-orbit Experiment) haben die Forschenden die dritte Technologie, leichte Mikrowellensender, getestet. Nachdem im Juni erstmals (in der Wissenschaft) die drahtlose Übertragung von Strom im Weltraum funktioniert hat, wurde weiter geforscht, um potenzielle Schwächen des Systems aufzudecken und zu verstehen.
Das Team analysierte die Leistung sowohl zu Beginn als auch am Ende der Mission, während MAPLE absichtlich Belastungen ausgesetzt wurde. Dabei beobachteten die Forschenden eine Abnahme der Gesamtsendeleistung. Zurück im Labor reproduzierte die Gruppe den Leistungsabfall und führte ihn auf die Anordnung einzelner Sendeelemente sowie auf einige komplexe elektrische und thermische Wechselwirkungen im System zurück. „Die Tests im Weltraum mit SSPD-1 haben uns mehr Einblick in unsere blinden Flecken und mehr Vertrauen in unsere Fähigkeiten gegeben,“ sagt Ali Hajimiri, Professor für Elektrotechnik und Medizintechnik.
Inzwischen ist das Space Solar Power Project abgeschlossen, doch die Forschenden haben viele neue Erkenntnisse im Bereich der Solarenergie dazugewonnen. Wenn es der Wissenschaft gelingt, dieses System weiter zu optimieren und wirtschaftlich rentabel zu gestalten, würde dies einen erheblichen Fortschritt für die Verbesserung der Stromversorgung auf der Erde bedeuten.
„Solarenergie aus dem Weltraum zu kommerziellen Preisen, die die ganze Welt beleuchtet, ist noch Zukunftsmusik. Aber diese kritische Mission hat gezeigt, dass dies eine erreichbare Zukunft ist“, sagt Thomas F. Rosenbaum, Caltech-Präsident.
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