Kohlekraftwerke sollen nach ihrer Stilllegung zu Carnot-Batterien werden
Überschüssiger Strom könnte Speicher aus flüssigem Metall erhitzen. Diese Energie lässt sich nutzen, um Engpässe bei der Energieversorgung zu überbrücken. Selbst Erdgas lässt sich mit der Flüssigmetall-Technik emissionsfrei nutzen.
Wenn der Wind heftig weht, aber kaum jemand Strom verbrauchen will, entsteht ein Problem: Er muss zu Niedrigstpreisen verramscht oder ganze Windparks müssen vorübergehend stillgelegt werden. Man könnte den Strom auch speichern, doch Batterien sind absolut unwirtschaftlich. Eine weitere Maßnahme wäre, den Strom in Wärme umzuwandeln, die später genutzt werden kann – um Strom zu erzeugen, wenn Bedarf besteht. Tatsächlich wird das schon gemacht, etwa in solarthermischen Kraftwerken in Spanien und den USA. Gewaltige Flüssigsalzspeicher dienen als Puffer.
Nadine ist der Stromspeicher der Zukunft
Siemens hat gemeinsam mit Forschern der TU Hamburg-Harburg eine andere Lösung entwickelt. Überschüssiger Strom wird dabei in heiße Luft verwandelt, die einen riesigen Haufen Natursteine erhitzt. Forscher am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), an der TU Stuttgart und am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickeln jetzt Hochtemperaturspeicher, die extrem gut isoliert sind. Hohe Temperaturen sorgen für einen hohen Wirkungsgrad bei der Rückverstromung.
Das Konzept hört auf den Namen Nadine, was für „Nationaler Demonstrator für Isentrope Energiespeicher“ steht. Es sieht vor, flexible und nahezu verlustfreie Energiespeicher zu entwickeln, sogenannte isentrope Speicher. Als isentrop wird ein Prozess bezeichnet, der in einem abgeschlossenen System stattfindet, bei dem es zu keinem Wärme- oder Materieaustausch mit der Umgebung kommt. Geplant sind zwei Versuchsanlagen.
Flüssiges Metall als Speichermedium
In Stuttgart entsteht ein Labor für die Energiespeicherung bei Temperaturen von weniger als 700 Grad Celsius. Karlsruhe errichtet eine Versuchsanlage für Temperaturen von teilweise weit über 600 Grad Celsius. Als Speichermedium ist flüssiges Metall vorgesehen.
„Flüssige Metalle haben hervorragende Wärmetransporteigenschaften und sind bei sehr hohen Temperaturen einsetzbar“, sagt Thomas Wetzel, Professor am Institut für Thermische Verfahrenstechnik des KIT. Karlsruhe hat viel Erfahrung mit der Erforschung flüssiger Metalle, schon aus der Zeit, als dort ein Schneller Brüter in Betrieb war, der mit flüssigem Natrium gekühlt wurde. Das Karlsruher Liquid Metal Laboratory (Kalla) befasst sich seit vielen Jahren mit den technischen Möglichkeiten, die flüssige Metalle bieten.
Künftig sollen Carnot-Batterien zum Einsatz kommen
Carnot-Batterie heißen Wärmespeicher, die genutzt werden, um wetterabhängig produzierten Solar-, Wind- und Wasserstrom für Zeiten verfügbar zu machen, in denen mehr Bedarf besteht als befriedigt werden kann. Derzeit leisten das in erster Linie Steinkohle- und Gaskraftwerke. Doch die sollen im Zuge der Energiewende nach und nach stillgelegt werden.
Die Carnot-Batterie wird mit Überschussstrom ausgeladen, der beispielsweise Wärmepumpen zur Hebung des Temperaturniveaus antreibt. Möglich ist auch das Erwärmen mit elektrisch betriebenen Heizschlangen, die in dem Behälter mit flüssigem Metall mäandern. In speziellen Wärmetauschern kann die gespeicherte Energie ausgekoppelt werden und beispielsweise einen Dampfkreislauf zur Stromerzeugung speisen. Welche Technik die effizienteste ist soll in den Nadine-Laboren erprobt werden.
Kohlekraftwerke haben die notwendige Infrastruktur
Als Standort von späteren kommerziellen Anlagen schlagen die Forscher stillgelegte Kohlekraftwerke vor. Hier gibt es die Infrastruktur zur Nutzung des Stroms als Wärmeproduzent und zur Einspeisung der später erzeugten elektrischen Energie.
Flüssigmetalle können noch auf andere Art zum Gelingen der Energiewende beitragen. Forschern des KIT sowie des Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS) in Potsdam ist es gelungen, Erdgas klimaneutral nutzbar zu machen. Es wird in einem säulenartigen Gefäß, das flüssiges Zinn mit einer Temperatur von 1.200 Grad enthält, in Wasserstoff und festen Kohlenstoff aufgespalten. Der Wasserstoff kann emissionsfrei zur Stromerzeugung oder zum Betrieb von Brennstoffzellen in Elektroautos genutzt werden. Der Kohlenstoff könnte endgelagert und damit aus der Atmosphäre dauerhaft entfernt werden. Verglichen mit der direkten Nutzung von Erdgas (Methan) müssten allerdings hohe Verluste in Kauf genommen werden.
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