Künstliche Reflektoren für mehr Effizienz bei Solaranlagen
So viel herausholen aus der Energie der Sonne wie möglich: Das wollen alle, die eine PV-Anlage betreiben. Eine Studie der Universität von Ottawa zeigt, dass bei bestimmten Anlagen künstliche Bodenreflektoren den Energieertrag teils erheblich steigern können.
Bifaziale Solarmodule sind weiter auf dem Vormarsch. Laut einer Prognose des jüngsten Branchenreports International Technology Roadmap for Photovoltaic (ITRP) könnte die doppelseitigen Solarzellen in zehn Jahren einen Marktanteil von 90 Prozent erreichen. Ihr großer Vorteil: Sie absorbieren die Sonnenstrahlung nicht nur auf der Vorderseite, sondern auch auf ihrer Rückseite. Eine bis zu 30 Prozent höhere Stromausbeute ist damit drin. Eine Photovoltaik-Anlage mit diesen Modulen erzeugt zusätzlich Strom aus Strahlung, die sonst ungenutzt bleibt – etwa morgens und abends, wenn das Licht in einem flachen Winkel auf die Anlage trifft.
Auch ein sehr heller Untergrund verbessert die Stromausbeute. Je stärker dieser das Sonnenlicht reflektiert, desto größer ist das Plus. Besonders hoch ist die Bodenreflexion (fachsprachlich: Albedo) einer Schneedecke. Das dürfte ein Team von Forschenden aus der kanadischen Metropole Ottawa zu ihrem Forschungsprojekt motiviert haben. Im riesigen Kanda sind 65 Prozent des Landes mehr als die Hälfte des Jahres schneebedeckt. In der Großstadt Ottawa bleibt drei bis vier Monate im Jahr Schnee liegen. Dadurch bieten bifaziale Solarsysteme in dieser Region ein enormes Potenzial, das die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität von Ottawa bereits früher analysiert haben. In ihrem aktuellen Forschungsprojekt gingen sie der Frage nach, ob sich der hohe Energiegewinn durch reflektierenden Schnee mit künstlichen Bodenreflektoren gewinnbringend nachahmen lässt. So könnten auch schneearme Regionen von dem Effekt profitieren.
Im Feldversuch getestet: Bodenreflektoren in Solaranlage
Tatsächlich waren die Ergebnisse positiv. Das Team fanden heraus, dass flächige Reflektoren die Energieproduktion und die Effizienz deutlich verbessern können – und zwar so, dass die Anlagen wirtschaftlich rentabler werden. In ihrer Studie testeten sie Einflussfaktoren wie die Größe der reflektierenden künstlichen Bodenbedeckung und ihre Platzierung in der Solaranlage.
Im Mittelpunkt der Studie stand ein viermonatiger Feldversuch auf einem Testgelände des National Renewable Energy Laboratory (NREL) in Golden, Colorado, eines der weltweit führenden Unternehmen bei Forschung, Entwicklung und Einsatz von erneuerbaren Energien. Die Photovoltaik-Anlage mit 75 Kilowatt (kW) auf dem Testgelände erzeugt Strom mit PERC+-Modulen, die einen sogenannten Bifazialitätsfaktor von 70 Prozent aufweisen. Das bedeutet, die Rückseite der Solarmodule verfügt über 70 Prozent der Leistung der Vorderseite.
Einfluss von Größe und Platzierung der Reflektoren
Als künstliches Reflektormaterial nutzten die Forschenden langlebige, UV-beständige Geomembranen aus Polyethylen mit hoher Dichte und einem Reflexionsvermögen von 70 Prozent. Das Forschungsteam installierte die künstliche Bodenbedeckung in einem Teil an der Anlage, der andere diente mit natürlicher Bedeckung aus Gras und Erde als Referenz. Dabei variierte das Team die Größe der Bodenreflektoren und deren Positionierung. Zudem ermittelten die Forschenden mit Hilfe von Strahlungssensoren an der Rückseite der Module, wie sich die Faktoren auf die Bestrahlungsstärke auswirkten.
Im Resultat waren Bestrahlungsstärke und Energiegewinn am höchsten, wenn der Boden im Testareal zu 100 Prozent mit dem künstlichen Reflektor ausgelegt war. „Wir haben herausgefunden, dass hochreflektierende weiße Oberflächen die Solarenergieleistung steigern können“, stellt Mandy Lewis fest, die Hauptautorin der Studie. Sie betont: „Entscheidend ist, dass diese Reflektoren direkt unter den Solarmodulen und nicht zwischen den Reihen angebracht werden, um diesen Vorteil zu maximieren.“
Solarstrom-Zugewinn an weiteren Orten modelliert
Die Feldversuche fanden im Herbst und Winter 2022 statt. Um die Auswirkungen von künstlichen Reflektoren unter einer verschiedenen Betriebsbedingungen zu demonstrieren, modellierten die Forschenden ein meteorologisch typisches Jahr an ihrem Versuchsort in Colorado. Anschließend wiederholten sie die Modellierung für die Städte Seattle (Washington) und Tucson (Arizona), sodass sie eine größere Bandbreite von Breitengraden und Wetterbedingungen einbeziehen konnten. Unterm Strich kam das Team zu dem Ergebnis, dass sich der Energieertrag durch hochreflektierende Bodenbedeckung um bis zu 4,5 Prozent steigern lässt.
Mit Blick auf die Wirtschaftlichkeit errechneten die Forschenden unter anderem, dass Reflektoren mit einer um 10 Prozent geringeren Rückstrahlung (60 statt 70 Prozent Reflexionsvermögen) – zu einer relativen Verringerung des jährlichen Energiegewinns um 20 Prozent führen. Zugleich sinken jedoch die Installationskosten. Das verwendetete Material und dessen Reflexionsvermögen, so das Team, sei demnach ein wichtiger Einflussfaktor auf Systemleistung und und Rentabilität gleichermaßen.
Die kostendeckenden Installationskosten sind laut der Studie zudem stark standortabhängig: Künstliche Bodenreflektoren lohnten sich besonders an Orten mit hohen Kosten für die Stromerzeugung und eher geringer Energieausbeute. In höheren Breitengraden, wo es mehr diffuses Licht und einen geringerem Energieertrag ergebe, seien höhere Kosten für künstliche Reflektoren wirtschaftlich gerechtfertigt, schreiben die Forschenden.
Ein Beitrag von: