Lageenergie: Ein Riesen-Felsklotz als idealer Stromspeicher
Eines der zentralsten Probleme beim Projekt Energiewende ist die Speicherung des Stroms in wind- und sonnnenreichen Stunden, um ihn bei Flaute wieder ins Netz einzuspeisen. Ein Erfinder schlägt jetzt vor, riesige bewegliche Felszylinder als Stromspeicher zu benutzen.
Der Mann hat Visionen und wurde dafür im Jahre 2011 mit dem Querdenker-Award ausgezeichnet. Die gewaltige Vision von Prof. Dr. Eduard Heindl von der Hochschule Furtwangen ist ein Schwerkraft-Stromspeicher: Ein runder Felszylinder mit einem Durchmesser von einem Kilometer, der von unten durch Wasserdruck in die Höhe gehoben wird und so den überschüssigen Strom aus dem Netz zwischenspeichert. Herrscht Flaute im Land, wird der Felszylinder abgesenkt und presst das Wasser durch eine Turbine, die dann den benötigten Strom erzeugt.
„Die Speicherkapazität steigt in der vierten Potent an, die Baukosten nur in der zweiten“
„Der entscheidende Vorteil dieses Konzeptes liegt in dem Umstand begründet, dass mit zunehmendem Durchmesser die Speicherkapazität in der vierten Potenz ansteigt, während die Baukosten nur in etwa der zweiten Potenz zunehmen“, erklärt der Erfinder, der als Geschäftsführender Gesellschafter der Heindl Energy GmbH mit Sitz in Stuttgart diesen Lage-Energiespeicher zur Marktreife treiben will.
Viele Vorteile gegenüber Pumpspeicherkraftwerken
Der alerte Professor kann aber noch weitere Vorteile seiner Speichertechnologie benennen: Seinen Berechnungen nach liegen die Kosten pro Kilowattstunde Speicherkapazität bei einem Radius des Felszylinders von 500 Meter um den Faktor 50 unterhalb vergleichbarer Pumpspeicherkraftwerke. Zudem beträgt der Wasserbedarf nur etwa ein Viertel gegenüber dem eines Pumpspeicherkraftwerks, da das Wasser beim Lage-Energiespeicher nur als Hydraulikmedium dient.
Auch wenn einem ein Felsklotz von einem Kilometer Durchmesser als gigantisch erscheinen mag, ist der Flächenverbrauch verglichen mit dem bei einem Pumpspeicherkraftwerk benötigten Oberen See fast zu vernachlässigen.
Verwendete Technologie ist altbekannt und Stand der Technik
Dazu gesellt sich ein weiterer Vorteil: Alle für ein solches Speicherkonzept notwendigen Technologien sind bekannt und Stand der Technik. Sie werden zum Beispiel im Bergbau, bei Staudämmen, in Steinbrüchen und im Tunnelbau, sowie bei Pumpspeicherkraftwerken eingesetzt. Rein technisch erfordert der Bau eines solchen Schwerkraft-Stromspeichers das Freilegen der riesigen zylinderförmigen Felsmasse aus der Umgebung.
Dazu wird zunächst ein Schacht abgeteuft und ein Rundtunnel in mehreren hundert Metern Tiefe ausgebrochen. Davon ausgehend wird die Bodenplatte ähnlich wie im Steinkohlebergbau abgetrennt, damit der Felszylinder beweglich wird.
Der Zylinder aus Fels wiegt mehrere Milliarden Tonnen
An der Decke und am Boden werden danach Abdichtfolien, sogenannte Geomembrane, verlegt. Etwas oberhalb des Zylinderschwerpunktes wird ein Dichtungsring eingebaut, der das eingepresste Wasser im Speicherfall zurückhält. Der Dichtungsring läuft gegen eine Metallfläche, die an der Außenwand angebracht ist. Alle Flächen, die mit dem eingepressten Wasser in Berührung kommen, werden mit den Geomembranen abgedichtet. Arbeiten finden nur an der Außenfläche des Zylinders, statt, dadurch verhalten sich die Baukosten proportional zur Außenfläche. Die eigentliche Zylindermasse von bis zu mehreren Milliarden Tonnen wird bei den Bauarbeiten nicht bewegt.
Speicher müssen eine Windflaute von einer Woche packen
Die gesamte Kapazität von Pumpspeicherkraftwerken in Deutschland beträgt 40 Gigawattstunden. Das reicht aus, um den Strombedarf im Land für eine halbe Stunde zu decken. Verschiedene wissenschaftliche Szenarien haben errechnet, wie groß der Speicherbedarf in Deutschland nach Umstieg auf die Erneuerbaren ist. Weitgehend Einigkeit herrscht in der Auffassung, dass die hinterlegte Speicherkapazität etwa für sieben Tage reichen sollte, um auch eine ausgedehnte Windflaute ohne Probleme abfedern zu können.
Würde man den Strom für diese sieben Tage in deutschen Pumpspeicherkraftwerken bereithalten, müssten dazu laut Prof. Heindl rund 1.200 Quadratkilometer Fläche in deutschen Mittelgebirgen belegt werden. Diese Fläche ist so groß wie der gesamte Südschwarzwald und dürfte bei aller Liebe der Deutschen zur Energiewende weder politisch noch finanzielle zu stemmen sein.
Das Fraunhofer-Institut für Windenergie & Energiesystemtechnik IWES in Kassel kommt bei einer Modellierung der zukünftigen Erzeugungsbedingungen unter der Annahme der Wetterdaten der Jahre 2006 bis 2009 auf einen Speicherbedarf von sogar mindestens 16 Tagen.
Investment pro Kilowattstunde von einem Euro
Der innovative Erfinder macht eine recht einfache Rechnung auf, die für seine Vision von Schwerkraft-Stromspeichern spricht. Die Baukosten für den reinen Speicher, also ohne Turbinen und ohne Infrastruktur, gibt er bei einem zu bewegenden Felszylinder von einem Kilometer Durchmesser mit rund zwei Milliarden Euro an. Da dieser Riesenfelskorken aber bis zu 2000 Gigawattstunden Strom aufnehmen kann, befinden man sich beim Investment für die Speicherkosten im Bereich von etwa einem Euro pro Kilowattstunde.
Noch bis zum 20. November 2013 kann ein Modell des Lage-Energiespeichers auf der Internationalen Konferenz und Ausstellung zur Speicherung Erneuerbarer Energie (IRES 2013) im Congress-Center in Berlin bestaunt werden.
Ein Beitrag von: