Leistungsfähigere Windkraftanlagen dank höherer Hybridtürme
Die Leistungsfähigkeit von Windkraftanlagen kann künftig gesteigert werden, wenn Hybridtürme noch höher als bisher gebaut werden. Wissenschaftler der TU Mittelhessen haben dafür eine neue Konstruktionstechnik entwickelt: Sie ersetzen Betonteile durch Stahlfachwerk.
Professor Jens Minnert und sein Team von der Technischen Hochschule Mittelhessen in Gießen arbeiten gemeinsam mit dem Oberhessischen Spannbetonwerk in Nidda an dem Projekt. Um höhere Hybridtürme bauen zu können, ersetzen sie die Eckelemente, die sonst aus konisch nach oben schmaler werdenden Betonteilen bestehen, durch ein Stahlfachwerk. „Es dient zur Aussteifung des Turms und zur Verbindung der Eckelemente. Zwischen den einzelnen Turmstücken wird jeweils ein horizontaler Stahlring zur Stabilisierung und Verbindung angebracht. Er erleichtert die Montage der darüber liegenden Turmsegmente erheblich, da Herstellungstoleranzen leichter ausgeglichen werden können. Außerdem leistet er einen entscheidenden Beitrag zur Stabilität des Turms“, erläutert Minnert. Auch auf die Betonfugen wirkt sich die neue Konstruktion positiv aus: Sie zeigen weniger Ermüdungserscheinungen. Minnert: „Mit der Entwicklung dieses Hybridturms wird ein weiteres Anwendungsfeld von Verbundbauteilen aus Stahl und Beton erschlossen.“ Der neue Hybridturm ist zum Patent angemeldet.
Serienmäßige kostengünstige Herstellung möglich
Mit Betonkonstruktionen aus Fertigbauteilen können sehr hohe Windkraftanlagen gebaut werden, ohne dass Transportprobleme entstehen. Vorhandene Schwachstellen wollen die hessischen Forscher reduzieren: So soll die Verbindung der Betonfertigteile untereinander verbessert sowie der Materialbedarf verringert werden. Möglich wird dies durch Stahlfachwerk. Die Stahlbetonfertigteile können mit nur einer einzigen Schalungsform serienmäßig günstig hergestellt werden. Mit der neuen Konstruktionsart lassen sich Material und Arbeit sparen, betont Minnert.
Die Wirtschaftlichkeit von Windkraftanlagen im Binnenland hängt von der Höhe der Türme ab. Der Stromertrag einer Anlage steigt um 0,8 Prozent pro Meter an. Heutige Windkraftanlagen sind hundert Meter hoch, einige sogar noch höher. Freitragende Stahlrohrtürme waren in der Vergangenheit Standard. Man kann sie allerdings nicht beliebig aufstocken. Denn auf der Straße können nur Rohre mit maximal vier Metern Durchmesser transportiert werden, was die Tragfähigkeit des gesamten Turms begrenzt. Betonkonstruktionen aus Fertigbauteilen sind eine kostengünstige Alternative. Mit ihnen lassen sich ohne Transportprobleme sehr hohe Türme bauen.
In letzter Zeit kommen vermehrt Hybridtürme zum Einsatz. Dabei wird auf einen Betonbau ein Stahlrohrturm aufgesetzt. Schwachstellen der aktuellen Modelle wie hoher Materialbedarf werden durch den Einsatz des Stahlfachwerks künftig behoben.
Nach Abschluss der Entwicklungsphase will Minnert veranlassen, dass ein Prüfamt für Baustatik eine Typenprüfung vornimmt. Danach könnten die neuen Hybridtürme an unterschiedlichen Stellen gebaut werden, ohne dass jeweils ein separates Genehmigungsverfahren durchgeführt werden müsste. Das zweijährige Forschungsvorhaben umfasst ein Gesamtvolumen von 560 000 Euro. Die hessische „Landes-Offensive zur Entwicklung Wissenschaftlich-ökonomischer Exzellenz“ (LOEWE) unterstützt das Projekt.
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